Veröffentlicht inDigital Life

5 Technologien, die Kunst und Kultur vermitteln

Kann Technologie dem Menschen eigentlich Kunst und Kultur näherbringen? Ja, sie kann, mal besser, mal schlechter. Ein paar Beispiele aus der Praxis.

Beim "Paint by Drone"-Projekt von Architekt und Ingenieur Carlo Ratti kann jeder mitmachen – und per Smartphone oder Tablet Drohnen steuern

Digitalisierung findet in nahezu allen Lebensbereichen statt, vor allem Autobauer, Industriekonzerne und Betreiber sozialer Plattformen geben sich in den Bereichen Internet of Things, künstliche Intelligenz und Robotik gern innovativ. Der Bereich der Kultur wurde jedoch bisher vernachlässigt. Dabei bieten auch Technologiekonzerne wie Google seit einigen Jahren kulturelle Angebote. Menschen durch Technologie mit Kultur zu verbinden, ist das erklärte Ziel. Wir haben nur ein paar Beispiele aus der Praxis gesammelt, vom Shazam für Kunstwerke bis zum Museumsführer Roboter.

Google Arts & Culture

Google macht es vor. Mit seiner Software „Google Cultural Institute“ wurde Anfang 2011 der Versuch gestartet, Allgemeinwissen aus den Bereichen Kunst, Kultur und Geschichte an den Google-User zu bringen. Es ermöglicht virtuelle Rundgänge und – per Google Street View – geführte Touren durch bedeutende internationale Museen. Ausgewählte Kunstwerke können dabei in hoher Auflösung und Detailgenauigkeit betrachtet werden. Außerdem erhält der „Besucher“ zusätzliche Informationen zu den Werken und dem Leben ihrer Künstler in Textform am Bildrand.

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Das Projekt entstand, weil Google seinen Mitarbeitern 20 Prozent ihrer Arbeitszeit für eigene Projekte freihält. Google-Manager Nelson Mattos verwirklichte es innerhalb von achtzehn Monaten. So kann van Goghs Ölgemälde „Sternennacht“ ebenso begutachtet werden wie ein Public Art-Projekt von Jeff Koons. Auch thematische Reisen durch die Kunstwelt kann der User unternehmen – von „Women in India: Unheard Stories“ bis zur „Space Exploration“, nach Belieben in virtuellen 360-Grad-Rundgängen oder mit dem Besuch von Online-Ausstellungen, die Google zur Verfügung stellt.

Zudem orientiert sich das Google Art-Projekt auch an aktuellen Ereignissen wie dem Pride Month Juni mit Kunstwerken der LGBTQ-Community oder dem National Selfie Day mit den bekanntesten Selbstporträts weiblicher Künstler. Banksy und Co. werden auf einer eigenen Seite für Street-Art-Künstler behandelt. Jüngst ist der Gemäldezyklus von den Brüdern Klimt und Franz Matsch aus dem Wiener Burgtheater in 360-Grad-Perspektive hinzugekommen.

Viele große Museen digitalisieren ihre Bestände bereits und machen sie den Besuchern zugänglich. Dennoch kann Googles Kulturprojekt wahrscheinlich mehr und vor allem die Menschen zu erreichen, die die Websites der Museen nicht direkt ansteuern würden. Google hat eine Plattform geschaffen, die gebündelt und übersichtlich gestaltet Kunst und Kultur aus aller Welt zeigt und kontextualisiert. Den Service gibt es im Übrigen auch als App für iOS und Android. Eine VR-App ist im Google Play Store außerdem verfügbar.

Die Graffiti-Drohne

Für denjenigen, der nach dem Stöbern in Googles Kunst-Datenbank auf den Street-Art-Geschmack gekommen sein sollte, empfiehlt es sich, im Herbst diesen Jahres nach Berlin oder Turin zu reisen. Der italienische Architekt und Ingenieur Carlo Ratti, der auch Professor am Massachussetts Institute of Technology (MIT) ist, zeigt dort seine eigens entwickelte Graffiti-Drohne. Sie könne präzise malen und perfekt lokalisieren, sagte Ratti in einem Interview mit dem Deutschlandfunk Kultur.

Mit verschiedenen dieser Drohnen, die mit unterschiedlichen Farben bestückt sind, will er in den Städten Graffiti-Kunstwerke schaffen. Und das Beste: Jeder kann mitmachen. Die Drohnen können nämlich ganz einfach per Smartphone oder Tablet gesteuert werden. Sie seien eine „Ausweitung der eigenen Hände“. „Sie können sich also vorstellen, dass viele Leute (…) an diesen Aktionen teilnehmen, sich die Drohnen einen Moment ausleihen, um an einem gemeinschaftlichen Kunstwerk mitzuwirken“, sagte Ratti. Eine Renaissance der Wandmalerei also, einer der ältesten kulturellen Errungenschaften der Menschheit.

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Mit seinem Team am MIT SENSEable City Lab forscht er außerdem zu der Frage, wie Daten, die wir selbst verursachen, beispielsweise unser Müll oder die Anrufe, die wir tätigen, unsere Umgebung beeinflussen. Dafür erschafft er interaktive Umgebungen selbst, die durch gestengesteuerte Sensoren entstehen. Dass wiederum seine Drohnen in falsche Hände geraten könnten, sieht der Künstler nicht als Gefahr. „Das würde ich gerne sehen, dass jemand unser System hackt und dann Ihren – sorry – schönen Mercedes vollsprüht“, so Ratti im Interview. Ein genauer Termin für das „Paint by Drone“-Projekt in Berlin und Turin steht noch nicht fest.

SMS vom MOMA und das Shazam für Kunst

Kunst on Demand gibt es seit Neuestem im Museum of Modern Art (MOMA) in San Francisco. Mit dem Projekt „Send Me SFMOMA“ können Besucher des Museums Fotos eines Kunstwerks aus der Sammlung auf ihr Smartphone erhalten. Dafür müssen sie nur eine SMS mit „send me“ und einem Schlagwort oder einem Emoji an die Nummer 572-51 schicken. Auf ein rotes Herz-Emoji folgt beispielsweise ein herzförmiges Werk des Pop-Art-Künstlers Jim Dine.

Das Projekt ist unerwartet populär: 12.000 Besucher haben das allein in den ersten vier Tagen getan. Dabei sei positive Kunst am beliebtesten, wie das Museum mitteilt. Tier-Emojis, Regenbogen und Roboter seien verschickt worden. Mit der digitalen SMS-Verbreitung wollte man das große Archiv einer breiten Öffentlichkeit auf eine „lustige, neue und sehr persönliche Art“ zugänglich machen. Allerdings reagiert der Service nicht auf konkrete Künstlernamen oder Emojis wie den Alien. Aktuell nur in den USA verfügbar, könnte das Projekt aber aufgrund der großen, positiven Resonanz bald expandieren.

Einen ganz ähnlichen Service bietet eine App namens „Magnus“. Sie möchte den Nutzern helfen, unbekannte Kunstwerke zu identifizieren (futurezone hat den Test gemacht). Im Hauptmenü werden nicht nur die teuersten Gemälde der Stadt, in der sich der User befindet, präsentiert, sondern auch Tipps für Ausstellungen in seiner Nähe. In der Suche kann das unbekannte Gemälde abfotografiert werden, das von einem Redaktionsteam dann analysiert wird.

Berlin als Stadt ist schon dabei, ebenso wie New York, Paris, London, Los Angeles und São Paulo. Weitere sollen folgen. Im Test konnte das Shazam für Kunstwerke überzeugen, wenn auch die Suchergebnisse zu weniger bekannten Kunstwerken oder Künstlern teilweise erst nach 15 Minuten vorlagen. Doch dadurch lernen Redaktionsteam und die App selbst fortwährend dazu.

Roboter als Museumsführer

Wenn Roboter schon staubsaugen, Sushi ausliefern und uns sexuell befriedigen können, taugen sie sicher auch als Museumsführer. So wie Roboter Tim, 1,50 Meter, türkisblau. Im Deutschen Technikmuseum in Berlin führte er Ende 2016 Besucher durch die Sonderausstellung „Das Netz“. Deswegen ist sein Name auch kein Zufall, sondern eine Anlehnung an den Erfinder des World Wide Web, Tim Berners-Lee.

Roboter-Tim bewegt sich selbstständig durch computergesteuerte Getriebemotoren, Sensoren und einer 3D-Kamera durch das Museum und beschreibt dem Besucher die Objekte: „Hier seht ihr eine besondere Klobrille. Sie kann viel mehr als ein gewöhnlicher WC-Sitz. Dafür sorgen die goldenen Elektroden, die in die Sitzfläche eingebaut sind“ und so weiter.

Lernen kann er aber nicht, weshalb er manchmal stört, zum Beispiel, wenn er sich in eine Gruppe Besucher hereindrängelt und dadurch ihre Führung durch seine eigene unterbricht. Laut Eva Kudraß, Kuratorin im Deutschen Technikmuseum, werden Roboter deshalb die Arbeit von Museumsführern noch nicht überflüssig machen: „Ich glaube nicht, dass Roboter auf Dauer die Menschen in Museen ersetzen werden. Natürlich können Roboter schon relativ viel, aber letztlich sind sie zu unflexibel.“

Auch andernorts kommen Roboter als Museumsführer zum Einsatz. Etwa im Van Abbemuseum in Eindhoven, Niederlande. Dort macht es allerdings eine hochauflösende Kamera Nutzern möglich, sich von zuhause aus mit dem Roboter, der keinen Namen hat, durch die Ausstellungsräume zu bewegen. Wieder nichts, was den wirklich Museumsbesuch mit Führung ersetzen könnte.

Fazit

Viele Kulturinstitutionen sind bereits dabei, ihre Bestände zu digitalisieren. Das Kulturgut soll erstens, wenn nicht physisch, dann wenigstens digital erhalten bleiben. Zweitens wird das Thema Barrierefreiheit immer wichtiger. Möglichst jeder soll also Zugang zu Kunst und Kultur haben Manche Technologie braucht vielleicht noch etwas Zeit, um zu reifen. Viele haben aber schon das Potenzial, Menschen mit Kultur zu verbinden.

Außerdem kommt immer mehr Kulturgut hinzu, das von Anfang an bewahrt bleiben soll. Nicht ohne Grund stellt deshalb beispielsweise das Museum of the Moving Image in New York neuerdings auch GIFs aus. Schließlich seien sie „Stätte kulturellen und künstlerischen Ausdrucks“.

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