Veröffentlicht inDigital Life

Chatbot Summit-Gründer Yoav Barel: „Bots werden unseren gesamten Alltag verändern“

Software-Ingenieur und Gründer des Chatbot Summit, der am Montag zum ersten Mal auch in Berlin stattfinden wird, ist sich sicher: Bots werden in den nächsten fünf Jahren 95 Prozent aller Apps ersetzen.

"Die technischen Grafikdesigner von gestern sind die Chatbot-Schreiber von heute." (Yoav Barel) Foto: Yoav Barel

Am 26. Juni findet der Chatbot Summit erstmals auch in Berlin statt. Gründer und CEO Yoav Barel bezeichnet sich selbst als Tech-Entrepreneur. Er kennt sich mit der Entwicklung und Produktion innovativer Produkte aus: In den vergangenen Jahren konnte der Software-Ingenieur aus Israel unter anderem bei Sun Microsystems und Software-Hersteller Oracle, zu dem Sun mittlerweile gehört, Erfahrungen im Mobile-Bereich sammeln.

Im September 2016 gründete er schließlich den Chatbot Summit. Das Event vernetzt Global Player der neuen Chatbot-Ökonomie. Der Fokus des Dialogs zwischen Publikum, Wissenschaftlern, Start-ups, Konzernen, Medien und anderen Experten liegt auf der Frage, was die Künstliche Intelligenz für unsere Zukunft bedeutet. Der erste Chatbot Summit fand am 22. November 2016 in Tel Aviv, Israel statt, wo sich auch der Firmensitz befindet. 1.000 Teilnehmer kamen dort zusammen, um über 60 Speakern zu lauschen.

Dieses Jahr findet der Chatbot Summit zum ersten Mal auch in Berlin statt. Ein Anlass, um mit Gründer Barel zu sprechen. Im Interview über Bots und Apps, unser Konsumverhalten und eine mögliche, große Revolution – und Rabatt-Tickets für das Event in Berlin.

futurezone: Wieso sollte man mit einem Roboter statt mit einem Menschen chatten wollen?
Yoav Barel:
Natürlich sprechen Menschen in den meisten Fällen lieber mit Menschen als mit Robotern. Wenn du mit jemandem quatschen oder seinen Rat willst, würdest du wollen, dass es jemand ist, den du persönlich kennst, wie ein Freund. Geht es jedoch um Effizienz, wie wir das beste digitale Erlebnis schaffen können, kommen Bots ins Spiel. Aus der Perspektive eines Millenials kann ein Bot Probleme für ihn innerhalb von zehn Sekunden lösen, während ein Kundenservice-Mitarbeiter, das Navigieren auf einer Website oder das Öffnen einer App länger dauert.

Ich persönlich würde es bevorzugen, meine Anfrage von einem Bot regeln zu lassen. Mein Credo: Lasst die Bots die banale Arbeit für uns machen, die kein komplexes Denken voraussetzt – das kann dazu führen, dass Menschen wieder mehr miteinander kommunizieren, wo es nötig ist. Ein Beispiel: Wenn ich meinen Job verlieren würde und mein Haus umschulden müsste, würde ich eine Hypothek mit einem realen Banker abschließen wollen. Zu der Empathie, die er mir geben könnte, kann nur ein Mensch bereithalten.

An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von YouTube, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden.

Auf LinkedIn sagen Sie, dass Sie Mitarbeiter suchen: Hat die Chatbot-Industrie bereits einen Höhepunkt erreicht?
Ja, ja, und ja! Wir stellen ein. Wir bilden aktuell ein Kernteam, das den Chatbot Summit weltweit auf das nächste Level hebt. In drei Jahren, so unser Ziel, wollen wir vier Summits pro Jahr veranstalten, jeder davon auf einem anderen Kontinent.

Wir wachsen rapide. Deshalb brauchen wir Verstärkung in fast allen Bereichen, von Sales über Business Development, Partner und Community Management bis zu Grafikdesign und Entwicklung. Kontakt aufnehmen können potenzielle Bewerber über LinkedIn oder über unsere Website. Kürzlich habe ich außerdem Sunrize gelauncht, ein Unternehmen, das anderen Unternehmen dabei helfen soll, bessere digitale Erlebnisse für ihre Kunden mithilfe von Künstlicher Intelligenz zu erschaffen. Auch für dieses Projekt suche ich noch Leute.

Kann auch ein kleines Unternehmen mit Chatbots starten?
Die Zeit ist absolut bereit dafür! Als kleines Unternehmen ist es zum Beispiel ein Anfang, einen Bot zu starten, der die wichtigsten Informationen zur Firma bereitstellt. Wer ein Jahr wartet, verpasst die Möglichkeiten, die es bereits heute gibt. Die technischen Grafikdesigner von gestern sind die Chatbot-Schreiber von heute. Schreiber sind ein essenzieller Bestandteil der Bot-Revolution, schließlich baut diese auf Konversation auf.

Kurz gesagt: Was ist so faszinierend an Chatbots?
Chatbots repräsentieren einen paradigmatischen Wandel des Kundenerlebnisses. Ein solcher Wandel geschieht nur einmal in einem Jahrzehnt. Bots werden das tägliche Leben von Konsumenten beeinflussen – sie sind der nächste Schritt, der nächste Sprung in der Entwicklung der Menschheit.

„Auch ein Bot muss lernen, und zwar von einem Menschen“

Warum sind sie trotzdem häufig noch fehlerhaft?
Chatbots versagen, weil sie versuchen zu viel zu tun. Ein Chatbot, der keine Fehler macht, kann nur einer sein, der die kleinstmögliche Gruppe von Usern oder einen sehr speziellen Use Case bearbeitet. Und auch dieser Bot muss getestet werden, um zu lernen, und zwar von einem Menschen. Das ist entscheidend. Davon ausgehend, kann man die Interaktion des Menschen mit dem Bot Stück für Stück reduzieren oder ihm andere User Cases beibringen. Dadurch entsteht eine kontinuierliche Optimierung. Anders geht es nicht.

Warum nun ein Chatbot Summit in Berlin? Gibt es dort überhaupt eine Community oder ein Publikum für Chatbots?
Wir wussten, dass der Chatbot Summit in Europa stattfinden muss. Dort ist es einfacher, Entscheidungsträger von großen Marken zusammenzubringen, die die Chatbot Revolution antreiben können. Dafür ist ein Forum nötig. Außerdem können wir auf dem Erfolg des ersten Summit in Tel Aviv aufbauen.

In der Zeit, als wir uns entschieden, mit dem Event nach Europa zu ziehen, bekam ich einen Anruf des Chefs von LivePerson EMEA, Michael Bommer. Er schlug Berlin als Austragungsort vor. Mit seiner Unterstützung und den Voraussetzungen der Stadt an sich, war die Sache klar.

In Berlin hat sich mit Alex Weidauer, Gründer und CEO von Raza, einer der größten Bot Communities der Welt, eine große Bot-Gemeinschaft herausgebildet. Aus Sicht der Marke war es schon schwieriger: Die deutsche Kultur ist mit ihren Top-Brands bereits ziemlich dicht besetzt, das war eine Herausforderung. Als wir das Team dann zusammen hatten, konnten wir diese Top-Brands als Sponsoren an Bord holen, zum Beispiel, neben LivePerson, die Deutsche Bank und Berlin Partners. Dann kamen SAP, Deloitte Germany, Amazon Deutschland, Facebook und viele weitere hinzu.

Top-Speaker zu finden war die nächste Herausforderung. Am Ende konnten wir aber Vertreter der Deutschen Post und Telekom, von Zalando, Lufthansa, ThomasCook, Vodafone, Google und vielen anderen Marken gewinnen. Und natürlich ist auch die Start-up-Community vertreten, genau wie Top-Chatbot-Experten aus der ganzen Welt. Wir hatten Glück, dass sich der Chatbot Summit innerhalb der Bot-Community schnell verbreitet hat. Allein 300 Bewerbungen um eine Rolle als Speaker erreichten uns von den führenden Chatbot-Unternehmen.

Wo sehen Sie, vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrungen mit dem Chatbot Summit, das meiste Potenzial für Chatbots in Deutschland?
Gute Frage. Ich kann für Tel Aviv und Berlin sprechen, da ich nun mit dem Event mit beiden Städten Erfahrungen gesammelt habe. Allgemein gibt es in Israel mehr Deep-Tech-Start-ups, wogegen in Berlin mehr Plattformen mit großen Marken zusammenarbeiten.

Nach den bisherigen Erfahrungen mit Deutschland und Berlin, würde ich sagen, dass die Chatbot-Community in Berlin eine der führenden Treiber der Bot-Revolution weltweit ist, sowohl bezogen auf UX/KI-Entwicklung als auch als Kollaborations-Hub.

„Ein Concierge, der den Kunden ganz genau kennt“

Was sind die interessantesten Anwendungsbeispiele für Chatbots? Wie kann der Konsument mit ihnen in seinem Alltag interagieren?
Nun, das kann alles sein! Außer im hochtechnologischen Gaming-Bereich. So wie ich den Markt sehe, werden Chatbots bereits in den nächsten fünf Jahren 95 Prozent aller Apps ersetzen. Das ist eine Kernbotschaft der Bot-Revolution. Ich selbst war ein Pionier der App-Revolution und davon überzeugt, dass Milliarden Menschen Apps täglich nutzen würden. Das ist geschehen, nur fehlt bei vielen Apps noch das neue und vor allem bessere Verbrauchererlebnis.

Bots werden sich diesbezüglich am besten entwickeln, besser auch als Apps. Sie werden die Rolle des Concierges übernehmen können – jemand, der mit der Zeit sowohl den Kunden ganz genau kennt als auch den Markt, in dem er agiert. Diese Kombination würde das ultimative Erlebnis für den Kunden schaffen. Persönliche Banker, Assistenten, Shopper – wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung, die wir noch gar nicht wirklich begreifen. Bots sind nicht nur Game-Changer für unseren digitalen Lifestyle, sondern für unseren gesamten Alltag.

Wenn immer mehr Menschen Chatbots nutzen werden, was muss getan werden, um die Bots auch zum Erfolg zu führen?
Das ist die eine Frage, die wir allen unseren Teilnehmern in einer Umfrage vor dem Chatbot Summit in Berlin gestellt haben. Während unserer Keynote werden wir die Ergebnisse veröffentlichen.

Ich denke, dass das nächste Ziel der Revolution sein wird, die Fähigkeiten von Chatbots so zu verbessern, dass sie den Kunden zuerst zuhören und mit ihnen so lange interagieren, bis sie ihre Wünsche genau treffen und umsetzen. Außerdem wollen wir sicherstellen, dass ein Austausch zwischen Kunden, Bot-Entwicklern, Experten und anderen stattfindet, der vor allem dem Kunden zugute kommt.

Wir wissen auch, dass das Konsumentenverhalten eine Herausforderung ist. Wie überzeugt man einen Kunden davon, dass er in Zukunft keine App mehr, sondern nur noch Chatbots verwenden wird? Bis Künstliche Intelligenzen intelligenter geworden sind, müsse wir Chatbots kreieren, die spezifisch auf menschliche Bedürfnisse abgestimmt sind, weil dahinter noch ein Mensch steht. Dieser menschliche Hintergrund ist interessant, weil KI-Technologie allein nicht den perfekten, menschlichen Dialog schaffen kann. Und ich bin auch nicht sicher, ob sie das jemals können wird.

Irgendwann werden Chatbots vielleicht sogar ihren eigenen Verstand haben und nutzen. Das ist aber lediglich eine langfristige Möglichkeit. Zum Start benötigen wir noch KIs, die überwacht werden. Deshalb werden Unternehmen wie LivePerson auch eine Schlüsselrolle in der Bot-Revolution einnehmen.

„Von Mega-Investments in Apps zu Mega-Investments in Chatbots“

Wie reagieren Industrie und Tech-Branche auf Chatbots?
Wir wissen auch, dass das Chatbot-Ökosystem schneller wächst als das App-Ökosystem. Das wird so weitergehen. Die größten Unternehmen der Welt investieren massiv in Bots – Akquisitionen, NLP-Technologien, Entwicklung, Clouds für Maschinelles Lernen, Messenger-Produkte, Sprachassistenten und vieles mehr. Sie tragen dazu bei, die Revolution größer und besser zu machen. Ich nenne diese Gruppe von Unternehmen MAGAF (Microsoft, Apple, Google, Amazon, Facebook). Und es gibt auch IT-Software-Konzerne wie IBM, SAP, Oracle und SalesForce, die eine große Rolle dabei spielen.

Daneben investieren auch die Top-Marken in Chatbots, aber damit stehen sie erst am Anfang. Der Trend geht von Mega-Investments in Apps zu Mega-Investments in Chatbots, und das schneller als erwartet.

Zur Zukunft der Chatbots: Werden sie dazu fähig sein, irgendwann die alltägliche Kommunikation zu ersetzen?
Zunächst steht eben die Ablösung der Apps im Vordergrund. Die Frage, ob irgendwann auch die alltägliche Kommunikation ersetzt werden wird, ist davon unabhängig, aber nichtsdestotrotz sehr wichtig.

Es geht, wie ich bereits angesprochen habe, um menschliche Bedürfnisse, die ein Bot zu befriedigen haben wird. Um den persönlichen Concierge. Das ist eine reelle Entwicklungsmöglichkeit für Chatbots.

Das heißt jedoch nicht, dass Bots die zwischenmenschliche Kommunikation ersetzen werden. Es gibt auch weiterhin einen Unterschied zwischen bestimmten Services – wie das Beispiel mit der Hypothek – und dem Gespräch mit einem guten Freund. Meiner Meinung nach bedeuten die Bewahrung von zwischenmenschlichen Interaktionen und die gleichzeitige Erleichterung unseres Alltags durch Chatbots einen Fortschritt für unsere Spezies.

Wird es weitere Chatbot Summits in Berlin geben?
Ich weiß nicht, wann wir zurück in Berlin sein werden. Aber die Anzahl der Teilnehmer, Medienpartner und dem Interesse der Industrie sowie dem Maß an Talenten und Expertise aus Berlin lassen erahnen, dass wir zurückkehren werden. Für das nächste Jahr planen wir einen dritten Chatbot Summit, diesmal wieder im Herbst in Tel Aviv und im Frühsommer in Shanghai.

Gibt es etwas, das Sie unseren Lesern noch mitgeben möchten?
Tatsächlich ja! Mit dem Code „FuturezoneBot“ erhalten die ersten 20 Leser von futurezone.de einen Rabatt von 50 Prozent auf Tickets für den Chatbot Summit Berlin.

Wer die Rabatt-Tickets für den Chatbot Summit in Berlin haben möchte, geht einfach auf die Website des Events und gibt während des Kaufprozesses den oben genannten Code ein.

Disclaimer: futurezone.de ist Medienpartner des Chatbot Summit Berlin.

Du willst mehr von uns lesen? Folge uns auf Google News.