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Im Schweizerischen Zug liegt ein Krypto-Mekka

Die Fluggesellschaft Lufthansa investiert in ein Blockchain-Start-up in Zug. In dem ehemaligen Schweizer Fischerdörfchen sitzen die Wichtigen der Kryptowährungsbranche.

Trotz Krypto-Mekka zahlen die meisten noch immer mit Schweizer Franken. Foto: futurezone

Blockchain, Bitcoin, neue Welt: Wer als Unternehmen an der vorderster Technologiefront mitspielen will, kommt am Schweizer Örtchen Zug kaum vorbei. Wie die Lufthansa. Die Airline investiert dort am 1. November in das Blockchain-Start-up Winding Tree, eine Reiseplattform, die das Online-Buchen revolutionieren will. Sie kauft dafür die Winding-Tree-Kyptowährung „Líf“, wie sie berichtete.

Das ehemalige Fischerdörfchen, 23 Kilometer südlich von Zürich idyllisch am Zugersee gelegen, ist ein heißes Pflaster für den neuen Finanzsektor. 50 bis 100 Blockchain-Start-ups gibt es dort nach Angaben des Beratungsunternehmens Validity Labs. Es sitzt ebenfalls in Zug. Seine Expertise: die Blockchain-Technologie.

Wie kann ein so verschlafen wirkendes Nest mit Kopfsteinpflaster und Kirchturmspitzen so erfolgreich in der obersten Liga der vielversprechenden Zukunftstechnologie spielen? „Wir neigen zu Schweizer Pragmatismus und nicht zu Bürokratie“, sagt Bürgermeister Dolfi Müller. „Man kann endlos regulieren und macht es damit kaputt.“ Will heißen: Wo andere Länder mit Bankenaufsicht und komplizierten Regularien und Gesetzen hantieren, lässt Zug die Zügel locker. Besonders tiefe Steuern tun ihr übriges. Im Kanton Zug, der ungefähr so groß wie die Stadt Düsseldorf ist, sind 30 000 Unternehmen ansässig. Die Steuersituation lockt Riesenfirmen wie den Rohstoffhändler Glencore, Superreiche wie viele russische Oligarchen und Promis: den finnischen Rennfahrer Kimi Räikkönen zum Beispiel.

Das schweizerische Silicon Valley: Crypto Valley

Damit auch Jungunternehmer in der lukrativen Blockchain-Branche auf die Zuger Vorzüge aufmerksam werden, hat der Kanton sich in Anlehnung an den Hightech-Standort Silicon Valley in den USA zum Crypto Valley erklärt. Unter anderem mit der schlagzeilenträchtigen Einführung von Bitcoins als Währung für die städtischen Abgaben. Der digitale Vermögensverwalter Bitcoin Suisse ist seit 2013 mit knapp 20 Mitarbeitern hier. Mit einem Handelsvolumen von bis zu 300 Millionen Schweizer Franken (258 Mio Euro) im Monat gehört Bitcoin Suisse zu einem der größten Bitcoin-Händler.

Die Stiftung Ethereum, eine offene Blockchain-Plattform für industrielle Anwendungen mit „Ether“ als Währung, kam 2014. Der 22-jährige Gründer Vitalik Buterin gilt als Wunderkind der Branche. Das Krypto-Fintech Monetas zog es 2014 vom kanadischen Vancouver nach Zug. Das Unternehmen hilft Menschen ohne Bankkonto dabei, digital zu zahlen.

Wer aber in dem malerischen Ort den Bitcoin-Hype mit bloßem Auge sucht, wird erstmal enttäuscht. „Bit… – wie bitte?“ Die Dame in der Bäckerei neben dem Bahnhof hat noch nie davon gehört. Dass städtische Abgaben bis 200 Franken (173 Euro) nun in Bitcoins gezahlt werden können? Ein Passant schüttelt verständnislos den Kopf. Tatsächlich nimmt das Angebot der Stadt, mit Bitcoins diverse Gebühren zu bezahlen, kaum einer wahr, sagt Bürgermeister Müller. Aber es hat auf jeden Fall für Aufmerksamkeit gesorgt.

Schweizer sind langsamer

„Dass zum ersten Mal eine Regierung Bitcoins annimmt, hat ein sehr starkes Zeichen gesetzt“, sagt Stephan Karpischek von Etherisc, einem Versicherungs-Start-up, das auf der Blockchain-Technologie basiert. Etherisc wurde in München gegründet, ist aber nach Zug gezogen. Dort können sich solche Firmen leicht als Stiftungen eintragen lassen. Dass das Geld darin zweckgebunden ist, weckt Vertrauen bei Investoren, die dann eher Geld locker machen, sagt Karpischek. Auch Ethereum oder der Lufthansa-Partner Winding Tree sind Stiftungen.

Ob Zug seine Position als hippes Start-up-Mekka halten kann, bezweifeln manche. „Viele Leute haben Vorurteile gegen die Schweiz. Sie denken, alles, was sie kann, ist Geld zu verstecken“, sagt Derin Cag, Bitcoin-Experte aus London. Die Finanzaufsichtsbehörde Finama wehrt sich gegen solche Vorwürfe. Sie beobachte die Unternehmen ganz genau. Ende September hat die Behörde ein Krypto-Start-up schließen lassen, das Bankgeschäfte machte – ohne dazugehörige Lizenz. Mehr als zehn weitere Unternehmen stünden unter Beobachtung, heißt es.

Die Schweizer seien langsamer als andere mit ihrer Regulierung, meint Lutz Auffenberg, Anwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei Winheller in Frankfurt: „Es ist unklar, ob das so weitergeht.“ Neben der Stadtverwaltung nimmt auch Weinhändler Albert Osmani Bitcoins an. Das beschert seinem „House of Wine“ neue Kunden, wenn auch viele zunächst aus reiner Neugier kommen. „Die Kunden wollen erstmal sehen, wie so ein Verkauf im Laden mit Bitcoins stattfindet. Aber am Ende zahlen die meisten immer noch mit Schweizer Franken.“

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