Veröffentlicht inDigital Life

Retro-Serie #ThrowbackThursday: MySpace ist nicht totzukriegen

In unseren Throwback Thursdays wird es retro. Diesmal widmen wir uns dem einst bedeutendsten sozialen Netzwerk der Welt. Man glaubt es kaum: MySpace gibt es noch immer.

MySpace auf dem Blackberry
MySpace ging 2010 noch mobil. Foto: imago

Digitale Trends und Technologien sind sehr schnelllebig. Beweis gefällig? Vor noch nicht einmal zehn Jahren war das soziale Netzwerk MySpace die meistfrequentierte Website in den USA, heute blicken wir in einem Retro-Artikel auf diese Zeit zurück.

Kaum ein Unternehmen verdeutlicht anschaulicher, wie Internet-Hypes explodieren und dann wieder schlagartig zusammenkrachen können. Am Zenit seiner Popularität im Jahr 2008 hatte MySpace rund 76 Millionen Nutzer, 2017 ist man verwundert, wenn man bei der Recherche feststellt, dass es die Seite noch immer gibt.

Marketing-Pioniere

Gegründet wurde MySpace im Jahr 2003 von Chris DeWolfe und Tom Anderson. Soziale Netzwerke galten damals (zurecht) als das nächste große „Ding“ im Internet. Diese Auffassung teilte das Gründerteam von MySpace und bediente sich beim Aufbau ihres eignen Netzwerks ausgiebig beim damaligen Platzhirsch Friendster.

Der Aufstieg von MySpace zeugt vom Marketinggeschick von DeWolfe und Anderson. Sie reisten durch amerikanische Städte und nahmen Fotos in angesagten Nachtklubs auf, um mit den freizügigen Bildern für das Portal zu werben. Anderson war zudem in der Musikszene gut vernetzt und versuchte Künstler und Bands dazu zu bewegen einen MySpace-Account zu erstellen. Auf die Bands folgten die Fans. Heute nennt man das „Influencer Marketing“.

Mit diesem Prinzip hatte MySpace überwältigenden Erfolg. Die Influencer auf MySpace waren in erster Linie Musiker, deren neuesten Alben und Musikvideo man über MySpace gratis abspielen konnte. Das brachte irres Wachstum: bis zu 230.000 neue Mitglieder pro Tag!

Die Künstler profitierten von einer kostenlosen PR-Plattform, über die sie direkt mit ihren Fans in Kontakt treten konnten. Den Nutzern ließ MySpace bei der Gestaltung ihrer Seiten freie Hand. Für Kreative war das soziale Netzwerk eine große Spielwiese, auf der sie sich voll austoben konnten.

Wie gewonnen, so zerronnen

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In den ersten zwei Jahren ihres Bestehens wuchs die Community rasant, 2008 zählte man 76 Millionen Nutzer. In diesen Jahren war MySpace auch die meistfrequentierte Seite in den USA. Große Medienunternehmen wurden auf den neuen Shooting Star des Silicon Valley aufmerksam.

Im Wettstreit mit Viacom setzte sich schließlich der australische Medien-Mogul Rupert Murdoch durch. Für 580 Millionen US-Dollar kaufte seine News Corporation, zu der unter anderem auch das Hollywood-Studio 20th Century Fox, das US-Fernsehnetzwerk Fox und der britische Bezahlsender Sky gehören, das junge Unternehmen.

Warum scheiterte MySpace?

Der Erfolgslauf von MySpace nahm dann ein ebenso jähes Ende. Zum Teil mag das daran liegen, dass das vergleichsweise kleine, innovative Unternehmen mit den internen Strukturen der News Corporation zu kämpfen hatte, der maßgebliche Grund für die anschließende Talfahrt ist aber das Erstarken von Facebook. Im Laufe des Jahres 2008, am Gipfel seines Erfolgs, wurde MySpace von seinem größten Konkurrenten überholt.

Wie MySpace einst Friendster ablöste, übertrumpfte Facebook schließlich das ältere Netzwerk, sowohl was Nutzerzahlen, als auch was Traffic anging. MySpace hielt sich noch einige Jahre als Konkurrent zu Facebook, aber spätestens als Rupert Murdoch das soziale Netzwerk 2011 schließlich um 35 Millionen US-Dollar verkaufte, war alle Hoffnung auf ein Wiedererstarken vergebens.

Bis dahin hatte MySpace Schätzungen zufolge einige Milliarden verloren, für die News Corporation keine existenzbedrohenden, aber durchaus schmerzhafte Verluste. Trotz der großen Medienexpertise konnte kein Modell gefunden werden, um das Geschäftsmodell des sozialen Netzwerks nachhaltig zu monetarisieren. Durch die meisten Versuche dieser Art, wurden nur immer mehr Nutzer vergrault.

Facebook machte es besser, schlichter und unaufgeregter. Die Seite überzeugte durch schlankes Design und die Verwendung von Klarnamen statt Pseudonymen. Weniger Möglichkeiten den eigenen Auftritt zu gestalten führte zu mehr Übersichtlichkeit – was Künstler in ihrer Kreativität einschränkte, kam beim Durchschnittsnutzer sehr gut an.

Zudem verzichtete Facebook auf nervigen Spam und aufdringliche Werbung. Während MySpace versuchte, die Umsatzvorgaben der Konzernleitung mit der Brechstange zu erreichen, setzte Facebook auf zurückhaltende, aber personalisierte Werbung. Mit Facebook setzte sich auch das Native Advertising durch.

Der freie Fall ist gestoppt

Zwischenzeitlich verlor MySpace bis zu zehn Millionen Nutzer pro Monat und das trotz Investitionen in Millionenhöhe. Dieser Trend konnte auch nach dem Verkauf der Seite nicht umgekehrt werden. Nach einigen Relaunches konnte sich MySpace aber immerhin mit einem neuen Geschäftsmodell und einer neuen Schreibweise („Myspace“) konsolidieren.

In den Jahren seit 2011 wurden Anstrengungen unternommen, die Seite noch stärker für Musik-interessiertes Publikum zu optimieren. Was als PR-Plattform für Bands begann, ist somit wieder zu seinen Wurzeln zurückgekehrt. Die große Popularität früherer Jahre kann damit freilich nicht mehr erreicht werden. Das rundumerneuerte Myspace ist ein Nischenprodukt und liegt im Alexa Ranking der meistbesuchten Websites in den USA nur mehr auf Platz 1.611.

In die Schlagzeilen schafft es Myspace nur, wenn etwas schiefgeht, wie im Sommer 2017, als ein Sicherheitsleck gigantischen Ausmaßes publik wurde. Selbst im Musik-Bereich haben andere Unternehmen Myspace schon lang überflügelt: Der schwedische Streaming-Dienst Spotify ist heute Marktführer im digitalen Musikvertrieb. Ein Übernahmeangebot von MySpace hatte Spotify vor einigen Jahren abgelehnt.

Dennoch, kaum zu glauben, aber wahr: MySpace gibt es immer noch!

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