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Vorsicht: So leicht kannst du in deinem Smart Home Opfer von Psychoterror werden

Was zunächst abwegig klingt, wird mehr und mehr zur Realität. Vor allem Partner nutzen vernetzte Geräte, um ihre Angehörigen psychisch massiv zu drangsalieren.

Eine Frau sitzt verängstigt auf dem Boden.
Der Missbrauch von sogenannten Smart-Home-Geräten kann bei Fällen psychischer Gewalt fatale Folgen haben (Symbolbild). Foto: imago/photothek

Klimaanlagen, die sich selbstständig ausschalten, digitale Türschlösser, deren Zugangscode sich täglich ändert und Türklingeln, die permanent klingeln, ohne dass jemand sie betätigt hat. Was klingt wie ein schlechter Gruselfilm, war für viele Opfer psychischer Gewalt traurige Realität.

Smart Devices für Psychoterror missbraucht

Was diese Fälle gemeinsam haben? Sie alle wären in ihrer Intensität nicht möglich gewesen, ohne die sogenannten „Smart Devices“. Diese permanent mit dem Internet verbundenen Geräte sollen den Bewohnern dieser smarten Wohnungen und Häuser das Leben eigentlich leichter machen – sie brachten in einigen Fällen jedoch sehr große Probleme mit sich.

Wie die New York Times in ihrer Online-Ausgabe berichtet, steigt nämlich die Anzahl der Fälle häuslicher Gewalt an, an denen vernetzte Geräte beteiligt sind.

Mobbing durch Überwachung und andauernde Belästigung

Ein perfides Beispiel lieferte eine Frau aus Kanada. Der Partner von Ferial Nijem nutzte Sicherheitskameras, die rund um ihr Haus installiert waren, um sie regelmäßig zu überwachen. Selbst wenn er tausende Kilometer entfernt war, überprüfte er die Aktivitäten seiner Freundin. Waren es nicht die Kameras, kontaktierte er sie via FaceTime und verlangte von ihr den Nachweis, dass sie allein war.

In der Zeit, in der beide getrennt voneinander lebten, verschaffte er sich Zugang zu den Geräten im Haus, die mit dem Internet verbunden waren, und belästigte Nijem in ihrem eigenen Haus. Dazu übernahm er beispielsweise die Musikanlage und drehte die Lautstärke mitten in der Nacht auf. Ähnlich ging er mit dem Fernseher und den Lampen vor, die er wiederholt an- und ausschaltete. Da Nijem keinen Zuang zu den Geräten hatte, konnte sie das Mobbing nicht unterbinden.

Andere bekannte Vorfälle beinhalteten unter anderem das Aussperren der Opfer aus ihrem Haus, die Übernahme von Lautsprechern und Lichtquellen und das Aufdrehen der Heizung auf über 30 Grad.

Opfer wissen sich nicht zu wehren

Das Problem an dieser perfiden Methode: Die Opfer der Cyber-Attacken wissen sich kaum zu wehren und haben oft das Gefühl, verrückt zu werden, da sie keine Kontrolle mehr über ihren eigentlich geschützten Wohnraum haben. In der Regel gingen die Angriffe dabei von dem Partner aus, der das Smart Home installiert hatte, sich also auch entsprechend gut mit der Funktionsweise des Systems auskannte. Zwar könne das Opfer die Geräte zurücksetzen und neu konfigurieren und den ungewünschten Eindringling so aussperren. Doch auch dieses Vorgehen setzt gewisse Grundkenntnisse über die smarte Technik voraus.

Sicherheitsexperten sprechen von vielen Fällen, in denen Personen einen Ex-Partner mittels Technologie mißhandelt haben. Es sei deshalb wesentlich, die eigene Smart Home-Ausstattung zu überprüfen, sobald eine Beziehung endet. „Sie würden wahrscheinlich ihr Türschloss austauschen, wenn ihr Partner auszieht. Sie sollten es deshalb ernsthaft in Erwägung ziehen, auch ihr smartes Schloss zu wechseln“, so Sicherheitsforscher Ken Munro laut BBC.

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Liste zum Umgang mit Gewalt durch Technologie soll Opfern helfen

Um den Umgang mit der Problematik zu ermöglichen, wurde kürzlich eine Auflistung verschiedener Anlaufstellen für Hilfe veröffentlicht. Sie richtet sich vornehmlich an Frauen und ist in zwei Arten von Hinweisen gegliedert:

  • Das Internet der Dinge (IoT): Geräte und Gadgets, die mit dem Internet verbunden und darüber kontrolliert werden
  • Digitale Sicherheit für Frauen und Kinder

Dem Team dahinter zufolge soll sie helfen, „Opfer von häuslicher Gewalt und Belästigung durch smarte Geräte besser zu informieren und diese, aber auch die Personen, die mit ihnen arbeiten, besser anzuleiten“. Gelistet sind unter anderem Kampagnen, die der Aufklärung dienen, Organisationen, die Beratung anbieten, aber auch Hinweise geben auf bekannte Methoden, die Angreifer ausnutzen könnten.

Hersteller können wenig tun

Ob und wie die Gerätehersteller diesem Problem entgegentreten können, scheint aktuell ungewiss, wie Engadget schreibt. Zwar könne man Nutzern ermöglichen, die vernetzten Geräte mit zwei oder mehreren Accounts zu bedienen, dieses Vorgehen würde jedoch Sicherheitslücken im System ermöglichen und den Betroffenen im Zweifel nicht helfen.

Das Smart Homes nicht immer das versprechen, was sie halten, musste auch unsere Redakteurin Katharina bei einem Feldversuch im ersten Smart Home-Showroom Europas feststellen.

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