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In dieser Schule machen Schüler 6 Wochen einen radikalen Handy-Entzug

Versteckt in Kalifornien liegt eine Schule, wie sie sich der digitalisierte Mensch wünscht. Ihre Schüler lernen nämlich Bäume zu pflanzen statt aufs Handy zu starren. Das soll zu einem „lebendigeren Leben“ führen.

Junge hört Musik und liest ein Buch.
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Die Midland School ist keine normale Elite-Schule. Sie bereitet Highschool-Schüler aufs College vor – und zwar mit teils ungewöhnlichen Methoden. Zum Beispiel müssen die angehenden Studenten zeigen, dass sie ganze sechs Wochen ohne ihr Handy auskommen können. Für diese Art Bootcamp zahlen die Eltern sogar mehr als 55.000 Dollar.

Das Handy-Bootcamp: 6 Wochen ohne Insta & Co.

Versteckt hinter einem grasbewachsenen Canyon nahe des Los Padres National Forest im Süden Kaliforniens liegt die Midland School. Es ist eine Highschool, die junge Menschen auf das College vorbereiten soll. Allerdings nicht allein mit Algebra- und Geschichtssunterricht. Die Schüler müssen sich auch um die Land- und Viehwirtschaft ihrer Bildungsanstalt kümmern. Und wer dann auch noch den sechswöchigen Handy-Entzug durchsteht, hat es geschafft – und gute Chancen auf einen Studienplatz in Harvard, Yale oder einer anderen US- Elite-Universität.

Niemand in dem Internat, vom Hausmeister bis zum Schüler, schaut in dem sechswöchigen Semester auf sein Smartphone. Sie sind schließlich damit beschäftigt sich selbst zu erhalten und nebenbei auch noch Unterricht und Hausaufgaben zu machen, um dabei etwas Großes zu lernen: dass man ein „interessanteres und lebendigeres Leben führen und ein besserer Bürger sein wird“, wenn man den Lebensstil der Midland School mitgemacht hat.

Axt, Messer und Feuerzeug statt Handy

Wie die Zeitung California Sun in einer Reportage über das Internat berichtet, sind die Schüler dazu angehalten, eine Axt, ein Messer und ein Feuerzeug mitzubringen, Handys werden am Anfang jedes Semesters konfisziert und ihren Besitzern erst am Ende wieder ausgehändigt. Währenddessen pflanzen sie Bäume, kümmern sich um das Vieh, ernten Obst und können mit ihren Farmerträgen allein die Hälfte ihres Essens selbst produzieren.

Der Sun zufolge fühlen sich viele der Midland School-Absolventen durch ihre Erfahrungen grundlegend verändert. Das Konzept hat bisher funktioniert. Doch selbst in einer Zeit, in der über die Rolle von Technologie wachsende Besorgnis herrscht, gehen die Neuanmeldungen an der Midland zurück. Das habe der Zeitung zufolge vor allem drei Ursachen:

  1. den generellen Rückgang der Anmeldungen an Privatschulen in den USA
  2. die Bedenken von Eltern, die ihre Kinder möglicherweise nicht so gerne in spärlichen Holzhütten schlafen sehen und
  3. den Handy-Entzug

Heute: Veto gegen Handy-Entzug

Was Punkt drei angeht, hat sich die Elite-Schule ein wenig fügen müssen. „13- und 14-Jährige haben ein Veto“, stellte Schulleiter Christopher Barnes gegenüber der California Sun fest. „Das war früher nicht nötig.“ Ganz abgetrennt von dem Thema Technologie sind die Schüler dann aber doch nicht. Zwar müssen sie ihr Handy abgeben, doch spielen technische Fähigkeiten auch im Handy-Bootcamp Midland School eine Rolle. Damit umgehen zu lernen zählt ebenso dazu wie der Ausbau sozialer Fähigkeiten. Wenigstens hat zum Beispiel die Bibliothek auf dem Campus Highspeed-Internet.

Eine Reihe von Schülern zeigte sich von dem Konzept überzeugt. Die Abgabe des Handys sei zwar hart gewesen, nach einiger Zeit jedoch, hätten sie sich daran gewöhnt und es sogar als befreiend empfunden. „Ich dachte, dass jeder ein Smartphone-Zombie werden würde, und ich wusste, ich auch, und ich tat es „, sagte die 16-jährige Midland-Schülerin Jade Felsher. „Das hört sich wirklich kitschig an“, fügte sie hinzu, „aber ich glaube, ich bin froh, dass ich es [das Handy, Anm. d. Red.] nicht habe.“

Smartphone-Zombies, wie sie Felsher beschreibt, werden kurz auch als „Smombies“ bezeichnet. Auf Hawaii werden sie sogar mit Geldbußen bestraft. Dabei sagt die Psychologie, dass die Angst ohne Internet zu sein, real ist. In manchen Fällen hilft da nur ein Digital Detox.

Diese Bildung hat ihren Preis

Die Midland School wurde 1932 von dem Kent School- und Harvard-Absolventen Paul Squibb gegründet. Seiner Vorstellung nach bedurfte es für die Bildung nichts weiter als einen Schüler, eines Lehrer und eine Idee.

Ob die Schüler nun wirklich froh über diese Philosophie und ihre Umsetzung sind oder nicht: Sie zahlen jedenfalls einen hohen Preis dafür. 55.300 US-Dollar ruft die Midland School auf. Immerhin zahlen nur 40 Prozent der Familien diesen Betrag wirklich, die meisten der angehenden Studenten bekommen Stipendien, das typische amerikanische Elite-Bildungssystem. Trotzdem heißt das, dass immer noch 60 Prozent der Familien den vollen Betrag zahlen.

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