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Neues Heizungsgesetz: Merz-Regierung zögert – mit Folgen für Industrie und Verbraucher

Das Heizungsgesetz sorgt erneut für Diskussionen. Anstatt wie angekündigt bald zu kommen, steckt es weiter in der Warteschleife – und mit jeder Verzögerung steigen die Risiken für Kommunen und Verbraucher*innen.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Katherina Reiche (CDU), Bundesministerin fuer Wirtschaft und Energie, bei der 24. Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 17.09.25 in Berlin
© IMAGO / Andreas Gora / futurezone.de [M]

Der zehnte deutsche Bundeskanzler: Das ist Friedrich Merz

Die Regierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz treibt zwar Teile ihrer Energieagenda voran, doch beim zentralen Gebäudeenergiegesetz (GEG), weitgehend bekannt als „Heizungsgesetz“, herrscht weiter Stillstand. Während das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und andere Vorhaben feste Zeitpläne haben, fehlt beim GEG ein klarer Fahrplan – mit teuren Folgen für Kommunen, Haushalte und den Bundeshaushalt.

Das Heizungsgesetz steckt fest

Neben dem Heizungsgesetz liegt der Fokus der Öffentlichkeit derzeit vor allem auf dem EnWG, dessen Novelle das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) als dringend eingestuft hat. Der Bundesrat wird am 26. September seine Stellungnahme abgeben, eine Anhörung im Bundestag ist für Mitte Oktober vorgesehen, und die endgültige Verabschiedung soll im November erfolgen. Der gleiche Zeitplan gilt für das Gesetz zur Kohlendioxid (CO2)-Speicherung, für die Umsetzung der EU-Erneuerbaren-Richtlinie (EU) 2023/2413 RED III im Offshore-Bereich sowie für die Abschaffung der Gas-Speicherumlage.

Um die Strompreise stabil zu halten, plant die Bundesregierung für 2026 Zuschüsse von 6,5 Milliarden Euro zu den Übertragungsnetzentgelten. Die Abschaffung der Gas-Speicherumlage soll Verbraucher*innen um weitere drei Milliarden Euro entlasten. Außerdem wurde das Gesetz zur CO2-Speicherung bereits vom Kabinett verabschiedet – damit sollen erstmals kommerzielle Projekte zur Abscheidung und Speicherung von CO2 möglich werden.

Beim Gebäudeenergiegesetz sieht es deutlich schlechter aus. Offiziell will das Ministerium zunächst andere Wärmerechtsverordnungen überarbeiten, bevor das GEG angegangen wird. Für Kommunen bedeutet das Unsicherheit: Städte mit mehr als 100.000 Einwohner*innen müssen bis zum 30. Juni 2026 ihre Wärmepläne vorlegen, alle übrigen Gemeinden bis zum 30. Juni 2028. Ohne klare Bundesvorgaben riskieren sie, Planungen teuer nachbessern zu müssen.

Zahlreiche Kommunen arbeiten derzeit an Strategien für Milliardeninvestitionen in Netze und Gebäudesanierungen. Jede Verzögerung erhöht die Gefahr, dass diese Planungen ins Leere laufen. Auch private Haushalte und kleinere Unternehmen sind betroffen: Viele warten mit dem Austausch ihrer Heizsysteme, bis feststeht, welche Technologien und Förderungen tatsächlich gelten. Das Ergebnis: Klimaschutzmaßnahmen verzögern sich, und die Kosten für Sanierungen steigen.

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Kraftwerksstrategie und Offshore-Ausbau

Auch bei der Kraftwerksstrategie zeigt sich die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Die Koalition hatte zugesagt, bis zu 20 Gigawatt an neuen, wasserstofffähigen Gaskraftwerken anzustoßen. Bisher liegt aber kein Gesetzentwurf vor, und die ersten Ausschreibungen wurden mehrfach verschoben, weil noch mit der Europäischen Kommission über beihilferechtliche Fragen verhandelt wird. Fachleute vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft schätzen, dass die Unterstützung für das volle 20-Gigawatt-Programm zwischen 22,2 und 32,4 Milliarden Euro kosten könnte.

Beim Offshore-Ausbau droht Deutschland ebenfalls ins Hintertreffen zu geraten. Zwar gilt gesetzlich: 30 Gigawatt bis 2030, 40 bis 2035 und 70 bis 2045. Doch Mitte 2025 liegt die installierte Leistung erst bei rund 9,2 Gigawatt. Verzögerungen bei Genehmigungen und Ausschreibungen müssen dringend behoben werden, wenn die Ausbauziele erreichbar bleiben sollen.

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Die Kosten des Zögerns

„Die Erfahrungen benachbarter EU-Staaten werden berücksichtigt, die bürokratische Komplexität wird auf das notwendige Minimum reduziert“, erklärte Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche in Reaktion auf den Monitoringbericht zum Start der 21. Legislaturperiode. „Bis Ende dieses Jahres brauchen wir Klarheit über die ersten Ausschreibungen für den Zubau von neuen Gaskraftwerken.“

Die Folgen der Verzögerungen sind greifbar. Für Verbraucher*innen bringt die Abschaffung der Gas-Speicherumlage zwar kurzfristige Entlastung. Gleichzeitig aber drohen steigende Installationskosten und höhere Netzentgelte, wenn die Wärmewende ohne klare Regeln bleibt. Für Kommunen sind die Fristen 2026 und 2028 gesetzlich festgeschrieben – jede weitere Verzögerung in Berlin erhöht die Gefahr von Doppelarbeit, Fehlinvestitionen und daraus resultierend hohen Kosten. Und für den Bund summieren sich die kurzfristigen Hilfen bereits heute auf Milliardenbeträge, mit der Aussicht auf weitere Notfallmaßnahmen, falls die Reform weiter ins Stocken gerät.

Die kommenden Monate werden entscheidend sein. Im November sollen das Energiewirtschaftsgesetz, das CO2-Speicherungsgesetz, die RED-III-Umsetzung und die Abschaffung der Gas-Speicherumlage verabschiedet werden. Bis Dezember muss feststehen, ob die ersten Ausschreibungen für wasserstofffähige Gaskraftwerke endlich starten. Und bis 30. Juni 2026 müssen die ersten großen Städte ihre Wärmepläne abliefern – mit oder ohne neues Heizungsgesetz.

Quellen: Amtsblatt der Europäischen Union; Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD; „20 GW Gaskraftwerke bis 2030 – Was kostet die Erweiterung der Kraftwerksstrategie?“ (FÖS, 2025); Bundesministerium für Wirtschaft und Energie; „Energiewende. Effizient. Machen. Monitoringbericht zum Start der 21. Legislaturperiode“ (EWI, 2025)

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