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„Gewitter im Kopf“-YouTuber will trotz Handicap Dating-Profi werden

Mit „Gewitter im Kopf“ betreiben Jan Zimmermann und Tim Lehmann einen erfolgreichen YouTube-Kanal. Im neuen Streamingformat „Gewitter im Herz“ will Jan trotz seines Tourette-Syndroms zum Dating-Profi werden. Wie sich seine Ticks auf den Dreh ausgewirkt haben, erzählt er im Interview.

Tim (l.) und Jan starten mit "Gewitter im Herz" ein neues TV-Format. Foto:

Jan Zimmermann (22) und Tim Lehmann (22) betreiben den YouTube-Kanal „Gewitter im Kopf“ (rund 2,2 Millionen Abonnenten). In den Videos erzählt Jan von seinem Leben mit dem Tourette-Syndrom, das er „Gisela“ getauft hat. Kumpel Tim unterstützt ihn dabei. Mit „Gewitter im Herz“ starten die beiden nun eine eigene Streaming-Serie (ab 28. Mai 2021 auf Joyn), in der Jan zum Dating-Profi werden möchte.

Die beiden besuchen unter anderem einen Flirt-Coach, eine Benimm-Expertin, eine Domina und lassen sich sogar von einer Liebeshexe verzaubern. „Mich hat das Treffen mit Benimm-Coach Linda Kaiser von der Deutschen-Knigge-Gesellschaft sehr beeindruckt“, erzählt Jan im Interview mit spot on news. „Wir haben zum Beispiel erfahren, welche Themen für ein Gesprächseinstieg gut sind oder welche Dinge man eher nicht ansprechen sollte. Sehr wertvoll für ein erstes Date.“ Tim nimmt aus den Dreharbeiten besonders mit, dass die beiden Freunde Menschen gegenüber offener geworden seien, die verschiedene Lebensweisen oder auch Ansichten über die Liebe hätten, erklärt er im Gespräch.

Und wie hat sich „Gisela“ auf den Dreh ausgewirkt? „Die Ticks reagieren ja immer sehr unterschiedlich, was auch mit meinem Gegenüber zu tun haben kann. Beim Knigge-Coach waren die Ticks beispielsweise sehr stark ausgeprägt“, erklärt Jan. Jedes erste Kennenlernen mit einer neuen Person sei auch unterschiedlich und „Gisela wird, ob ich es will oder nicht, immer ein Gesprächsthema sein.“ Dennoch gehe er gern auf andere zu, beginne ein Gespräch oder trete in eine Interaktion. Damit ein erstes Date mit ihm gelingen könne, sollte ein erstes Treffen ganz locker und entspannt sein, sodass sich beide Seiten wohlfühlen, sagt Jan.

Auch Tim weiß um die Offenheit seines Freundes in Kennenlernsituationen: „Jan geht immer auf neue Menschen ein und versucht Gespräche mit ihnen aufzubauen. In den zwei Jahren, in denen wir bereits YouTube machen, haben wir schon viele Menschen kennengelernt – ob das Freunde oder Partner waren, mit denen man etwas zusammen plant oder arbeitet.“

Der Erfolg von „Gewitter im Kopf“

2018 waren Tim und Jan, die sich seit 2009 und der fünften Klasse kennen, Teil einer TV-Reportage zum Thema „Tourette-Syndrom im Berufsleben“. Danach veröffentlichten sie zu dem Thema ein Q&A-Video auf YouTube. „Das haben wir an Tims Geburtstag noch im Januar 2019 aufgenommen und im Februar danach hochgeladen. Wir hätten beide niemals gedacht, dass sich das so viele Leute ansehen. Dann haben wir immer weiter gemacht“, blickt Jan zurück.

Mittlerweile sehen sich die YouTuber fast jeden Tag. „Unser Verhältnis ist enger geworden. Wir wohnen zwar noch in verschiedenen Städten, doch es fühlt sich häufig so an, als würden wir zusammenwohnen“, erzählt Jan. Mittlerweile sei YouTube der Hauptberuf der beiden. „Als wir angefangen haben, war Tim noch in der Ausbildung zum Rettungssanitäter und ich in der Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten. Das ist unglaublich, wie das im Laufe der Zeit seinen Wandel genommen hat.“

„Bei uns geht es darum, gemeinsam über Dinge zu lachen“

Ziel des Kanals sei es, die Ticks für Leute berührbar und nahbar zu machen – „Tourette zum Anfassen“, erklärt der 22-Jährige. Der humorvolle und extrem offene Umgang mit dem Tourette-Syndrom werde von konservativen Menschen oft sehr negativ aufgefasst: „Viele sagen ja, dass wir uns darüber lustig machen. Das tun wir auf keinen Fall! Das ist nicht unser Ziel und ist es nie gewesen“, betont Jan. Es gebe einen großen Unterschied zwischen zusammen lachen oder darüber lachen. „Bei uns geht es darum, gemeinsam über Dinge zu lachen.“

Viele positive Nachrichten bekommen die YouTuber laut Tim von anderen Tourette-Betroffenen oder von Freunden, Familien oder Angehörigen. „Sie schreiben und sagen uns, dass sie durch uns neuen Mut geschöpft haben, seitdem wieder in die Schule gehen können oder durch unseren Umgang mit Tourette mehr Selbstbewusstsein getankt haben.“ Auch Eltern, die bei ihren Kindern Ticks vermuten, melden sich bei den beiden. „Ich persönlich finde es toll, dass sich die Leute so viel mit dem Krankheitsbild auseinandersetzen“, freut sich Jan. „Wir sind keine Ärzte und können keine Diagnose stellen. Was wir machen können: Die Adressen von sogenannten Tourette-Ambulanzen zu verschicken, um den Leuten zu helfen, damit Ärzte schneller und effizienter eine Diagnose feststellen können.“

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