Veröffentlicht inDigital Life

Frauen können schlechter netzwerken? Von wegen

Networking soll für Frauen schwieriger sein als für Männer? In ihrer Kolumne auf futurezone.de erklärt Women in Digital-Gründerin Tijen Onaran, wieso genau das nicht der Fall ist

Tijen Onaran
Tijen Onaran setzt sich für die Vernetzung und Sichtbarkeit von Frauen in der Digitalbranche ein. Foto: Anna Schwarz

Vor kurzem bin ich über den BILANZ-Text „Warum Netzwerken für Frauen so schwierig ist“ gestolpert. Dass Frauen schlechter als Männer netzwerken würden und darum Frauen, die erfolgreich netzwerken wollen, die erfolgreichen Strategien von ihren männlichen Kollegen nachahmen müssten, kann ich so einfach nicht stehen lassen. Ebenso wenig wie die steile These „Männer ,netzwerken‘ anders und besser als Frauen.“

Ich könnte kaum unterschiedlicherer Meinung sein. Allein deswegen, weil derartige Vergleiche zwischen Männern und Frauen eigentlich immer schief gehen. Frauen netzwerken nicht generell schlechter als Männer und Männer netzwerken auch nicht per se besser als Frauen. Vor allem denke ich, dass hinter dieser Diskussion ein anderes, viel wichtigeres Thema steckt: Networking verändert sich als solches grundlegend und darauf müssen wir uns alle einstellen.

  • Tijen Onaran ist Unternehmerin, Moderatorin, Speakerin und Kolumnistin. Mit startup affairs berät sie Unternehmen in der PR- und Öffentlichkeitsarbeit und engagiert sich mit ihrer Initiative Global Digital Women für die Vernetzung und Sichtbarkeit von Frauen in der Digitalbranche. Vor ihrer Selbstständigkeit war Tijen Onaran für Europa-, und Bundestagsabgeordnete, für das Bundespräsidialamt sowie für Verbände und eine Hochschule in leitenden Funktionen tätig. Wer sich mit ihr trifft, muss erst an Paul, Cocker Spaniel adeliger Herkunft, und Leo, Labrador-Mix exotischer Herkunft, vorbei.

Generation Empowerment

Ich beobachte, dass es eine neue Generation von NetzwerkerInnen gibt. Generation heißt für mich nicht, dass sie jung sind oder zur sogenannten Generation Y gehören. Vielmehr heißt es, dass sie dem alten, in die Jahre gekommenen Netzwerken, einen neuen Anstrich verleihen. Verrauchte Kneipen weichen offenen und transparenten Veranstaltungsformaten. Initiativen, Organisationen, Vereine und Verbände schaffen Räume für die Geschichten und Karrierewege dieser Frauen.

Sichtbarkeit und Empowerment werden zum Leitmotiv einer Generation, die gestalten und prägen will. Das Netzwerk ist Sparringspartner und Talentpool zugleich – all diejenigen Talente, die ich nicht habe, kann ich in meinem Netzwerk finden. Und umgekehrt: all diejenigen Talente, die meinem Gegenüber fehlen, kann ich miteinbringen. Reines Geben und Nehmen weicht dem Bestärken und Motivieren.

Ein Netzwerk lebt von Unterschieden

Im BILANZ-Text heißt es: „Warum funktionieren reine Netzwerktreffen unter Frauen nicht? Weil es keine Gemeinsamkeiten und keine anderen Gesprächsthemen als Karriere und berufliches Fortkommen zwischen den Teilnehmerinnen gibt. Das reicht als abendfüllendes Thema nicht und wird schnell langweilig.“

Wenn ich mich auf Veranstaltungen umschaue oder selbst Gastgeberin bin, erlebe ich ein anderes Bild. Eines, das nicht zwanghaft nach Gemeinsamkeiten sucht, sondern eher den Unterschied feiert. Und geht es nicht genau darum? Was habe ich erlebt, was vielleicht andere nicht erlebt haben? Was haben andere für Herausforderungen, Learnings, die ich noch nicht habe und was kann ich darauf für meinen Lebens-, oder Karriereweg mitnehmen?

Es geht meines Erachtens beim Netzwerken auch nicht darum, zwanghaft nach Themen zu suchen, die abendfüllend sind oder etwas zu „liken“, das einem nicht zusagt oder einfach gar nichts sagt. Manchmal reicht ein Austauschen über aktuelle Projekte, Small Talk oder eben das Gespräch über den nächsten Karriere-Schritt. Für mich ist eher relevant, dass die Gespräche, die ich führe, beide Seiten, inspirieren, im besten Fall motivieren und auf neue Ideen bringen.

Das Digitale wird zum Eisbrecher – für alle

Ich glaube nicht, dass wie im Text beschrieben, „Whatsapp – das neue Netzwerk-Instrument“ ist, sondern vielmehr, dass Plattformen wie Twitter, Xing oder LinkedIn im beruflichen Kontext der Eisbrecher schlechthin sein können.

Mir geht es beispielsweise oft so, dass mir spannende Menschen auf Plattformen begegnen, weil ich über deren Gedanken stolpere und Artikel lese, die mich inspirieren. Ich erhalte einen Eindruck davon, was die Person beschäftigt, womit sie sich befasst und kann zunächst überlegen was für ein Projekt auch einmal gemeinsam gestartet werden könnte.

Digital Networking ist für mich das neue Netzwerk-Instrument, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft.

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