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„Ich bin für ein Recht auf freies Internet für alle Menschen“ – futurezone im Gespräch mit der Grünen Jugend

futurezone trifft Moritz Heuberger, den Bundessprecher der Grünen Jugend. Wir sprechen mit ihm über die Arbeit einer politischen Jugendorganisation, Fake News, die Digitalisierung und die Kontrolle von Algorithmen.

Spaß mit dem Redaktionshund: Moritz Heuberger
Spaß mit dem Redaktionshund: Moritz Heuberger

Der offene Zugang zum öffentlichen Raum durch eine aktive Stadtentwicklungs-Politik, der Einsatz für Gleichberechtigung und der Umwelt- und Klimaschutz. Mit dieser Vision einer offeneren, besseren Welt wollen Die Grünen bei den Wählern punkten.

Der 26-jährige Moritz Heuberger ist seit mittlerweile acht Jahren bei der Grünen Jugend engagiert und arbeitet an der Umsetzung dieser Vision. In der Organisation ist er in diesem Alter bereits Veteran, als Bundessprecher der Grünen Jugend ist es eine seiner Aufgaben die unterschiedlichen jungen Menschen mit ihren jeweils verschiedenen Hintergründen zusammenzubringen: Sie kommen aus der feministischen oder queeren Bewegung, sind netzpolitisch engagiert oder eher an Themen wie Nachhaltigkeit interessiert.

Spaß mit dem Redaktionshund: Moritz Heuberger, Bundessprecher der Grünen Jugend, mit "Baby" auf dem Arm.
Spaß mit dem Redaktionshund: Moritz Heuberger, Bundessprecher der Grünen Jugend, mit „Baby“ auf dem Arm.
Foto: Miguel Schmid

„Alle Menschen sollten freien Zugang zum Internet haben“

Das Internet, so Heuberger, sei mittlerweile ein öffentlicher Raum, deshalb sei es wichtig, dass alle Menschen darauf zugreifen können. Das Anbieter von DSL-Anschlüssen oder Handyverträgen die Internet-Geschwindigkeit regulieren und drosseln, findet er deswegen ungerecht – vor allem den weniger bemittelten Bürgern gegenüber.

Zugleich sollte der Staat dafür sorgen, dass der Hass im Internet so bekämpft wird, wie das im öffentlichen Raum der Fall ist. Nicht private Firmen sollten mit dieser Aufgabe betraut werden, wenn es ohnehin klare Richtlinien für derartige Fälle im restlichen öffentlichen Raum gibt. Dementsprechend findet Heuberger das Gesetz gegen Hate Speech von Justizminister Heiko Maas komisch.

Medien- und Digitalkompetenz

Für einen verantwortungsvollem Umgang im Netz sei es auch von Bedeutung, jungen Menschen schon in der Schule digitale Kompetenzen beizubringen: Nicht nur Hardskills wie das Programmieren seien da gefragt, sondern vor allem ein Verständnis dafür, wie im Netz Daten erfasst und genutzt werden und welche Auswirkungen auf die eigene Privatsphäre das Agieren im Netz haben kann.

„Ich glaube nicht, dass es eine Patentantwort dafür gibt, in welchem Alter Kinder mit digitalen Geräten in Kontakt kommen sollten“, antwortet Heuberger auf die Frage, zu welchem Zeitpunkt Kinder erstmals in die digitale Welt eingeführt werden sollten. Es sollten aber genug Mittel zur Verfügung stehen, um vorhandenes Interesse zu unterstützen.

Digitalisierung: eine Frage der Umverteilung

„Ich persönlich bin froh, wenn ich zehn Stunden weniger arbeiten muss und gleich viel Geld bekomme.“ Die Digitalisierung und Automatisierung begrüßt der Bundessprecher der Grünen Jugend. Roboter würden vor allem langweilige und monotone Arbeiten übernehmen, wenn dadurch Arbeit wegfällt, sollten aber nicht nur die Unternehmer davon profitieren, um ihre Gewinne zu maximieren, sondern die Einsparungen sollten bei den Arbeitern ankommen. Das sei eine Frage der Besteuerung und der Umverteilung. So könnte man beispielsweise durch Automatisierung eine Arbeitszeitreduktion auf 30 Wochenstunden erreichen.

Mehr digitale Verwaltung

In anderen Bereichen sieht er die Anbieter in der Pflicht entsprechende digitale Angebote zu schaffen, um zu verhindern, dass Konsumenten in rechtlichen Graubereichen agieren. Als Paradebeispiel führt er den Musik-Streaming-Dienst Spotify an: „Das Problem war eigentlich, dass es keine Möglichkeit gab an größere Mengen von Musik zu kommen. Seit es Spotify gibt, ist auch das illegale Musik-Streaming zurückgegangen.“

Auch im Bereich der Verwaltung sieht der 26-Jährige Nachholbedarf. „Ich finde, dass Behördengänge grundsätzlich vereinfacht werden sollten“ – in Deutschland gebe es noch immer keine Möglichkeit sich digital zu identifizieren, um etwa polizeiliche Führungszeugnisse oder Personalausweise online zu beantragen.

Kontrolle im Netz

Mehr Initiative wünscht sich Heuberger von der Bundesregierung auch bei der Kontrolle von Algorithmen. Es sollte eine staatliche Behörde geben, die überwacht, dass Algorithmen nicht (unbeabsichtigt) auf diskriminierenden Prämissen aufbauen und vor allem, dass mit sensiblen Daten entsprechend umgegangen wird, um die Privatsphäre der Bürger zu schützen.

Von strengeren Überwachungsmaßnahmen, wie dem Bundestrojaner, dem Gesichtserkennungs-Pilotprojekt am Berliner Bahnhof Südkreuz und der Vorratsdatenspeicherung hält er hingegen wenig: „Bürgerinnenrechte sind SPD und Union egal.“ Anstatt alle Bürger unter Generalverdacht zu stellen, sollten die verfügbaren Ressourcen lieber dazu genutzt werden, polizeibekannte, potenzielle Gefährder effizient zu überwachen. Doch auch hier sieht er Grenzen, denn der Zweck heiligt nicht alle Mittel: „Selbst ein Terrorist hat eine Privatsphäre.“

„Kampfdrohnen – das ist einem Rechtsstaat nicht würdig“

Heuberger spricht sich gegen eine intensivere Nutzung von Kampf-Drohnen und Kampf-Robotern aus. Diese würden dazu führen, dass das Gefühl für Verhältnismäßigkeit und das Verantwortungsbewusstsein bei militärischen Aktionen verloren gehen.

In anderen Bereichen steht er dem Einsatz von Drohnen positiv gegenüber. In der Stadt könnten sie dazu genutzt werden, mehr Platz zu schaffen, indem etwa Lieferdrohnen die Arbeit von Lastwagen übernehmen. Dennoch sollte „der Fokus auf die Menschen gelegt werden, die sich in den Städten bewegen. Das wurde in den letzten Jahren nicht gemacht. Da wurden autogerechte Städte gebaut“, so Heuberger. Man solle nun nicht den gleichen Fehler wiederholen und Städte für Drohnen und Roboter bauen.

Netze in staatlicher Hand

Stattdessen solle man in den öffentlichen Nahverkehr und den Ausbau des Radnetzes investieren, denn „Individualverkehr ist nicht die Zukunft der Mobilität.“ Die kostenlose Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ist eine zentrale Forderung der Grünen, da so verhindert werden könne, dass Menschen vom sozialen Leben ausgeschlossen werden, weil sie sich die 3,60 Euro für ein Ticket nicht leisten können. „Mobilität ist ein Grundrecht. Vor allem in der eigenen Stadt, in der eigenen Gemeinde“, hält der Jungpolitiker fest. Da ist es auch nicht damit getan, die Anschaffung von Elektroautos zu subventionieren.

Neben dem Verkehrsnetz sollte Deutschland auch die Verantwortung für andere Netze nicht Privaten überlassen. Ob Energie, Wasser oder Internet: „Die Netze sollten in staatlicher Hand sein.“ Derzeit überlasse man privaten Unternehmen den Netzausbau in lukrativen Gegenden und stopfe als Staat dann die Löcher. Wären die Netze im öffentlichen Besitz, könnte man die Nutzungsrechte verkaufen und durch die Erlöse weitere Ausbaumaßnahmen finanzieren.

Insgesamt stellt er der Bundesregierung kein gutes Zeugnis aus: „Die Regierungsparteien haben die junge Generation aus den Augen verloren.“

Mehr rund um die Bundestagswahl findet ihr außerdem auf unserer Themenseite zur Wahl.

Klick auf die einzelnen Interviewfragen und schaue dir Moritz‘ Antworten im Video an:

— Über die Grüne Jugend —

00:05 Wer bist du?

00:17Warum bist du bei der Grünen Jugend?

01;01Was macht die Grüne Jugend bei den Grünen?

01:57 Wie sieht ein typisches Mitglied der Grünen aus?

03:25Die 3 wichtigsten Themen der Grünen?

— Digital Life / Digitaler Alltag —

06:23Sind die Grünen von Fake News betroffen?

07:54 Heiko Maas‘ „Hatespeech-Gesetz“: Dafür oder dagegen?

09:19Reicht ein Internet-Minister für Deutschland aus?

10:07 Sollte jeder Deutsche das Recht auf Internet bekommen?

— Digitalisierung —

11:28 Bildet Deutschland seine Bürger ausreichend für den digitalen Job-Markt der Zukunft aus…?

13:47 Könnten Roboter irgendwann unsere Jobs ersetzen?

16:26eCommerce: Chance oder Bedrohung?

19:13Sollte der Staat den Einsatz digitaler Geräte in Einrichtungen für Kleinkinder regulieren?

20:35 Illegale Downloads & Streaming: Wer sollte bestraft werden?

24:08 Sollten Behörden digitaler werden?

— (Elektro) Mobilität —

27:43 Drohnen in der Luft, Lieferroboter auf dem Gehweg…Könnte es bald zu viel Technik auf der Straße geben?

28:57 Hyperloop, autonomes Fahren u.v.m.: Sollte Deutschland investieren oder abwarten?

31:40 E-Auto für privat: Sollte der Staat den Kauf finanziell unterstützen?

37:00 Wie wird Deutschland schnell zu einem Elektro-Auto-Land?

39:33Der CO2-Ausstoß steigt: Was macht Deutschland falsch?

— Überwachung / Sicherheit —

42:20 Immer mehr Länder investieren in Kampfdrohnen & Kampfroboter. Was sollte Deutschland machen…?

45:34Überwachungsstaat Deutschland? Dafür oder dagegen?

48:34Bundestrojaner: Sollte der Staat unsere Chatverläufe mitlesen dürfen…?

51:33Überwachungskameras mit Gesichtserkennung: Dafür oder dagegen?

55:11Vorratsdatenspeicherung: Dafür oder dagegen?

57:08Ist Deutschland gegen groß angelegten Hacker- / Cyberangriffen gewappnet?

— Netzausbau —

59:25 Internet mit Giga-Geschwindigkeit bis 2025: Lassen wir uns zu lange Zeit?

01:00:45 Zu wenig Hotspots in den Innenstädten – Woran scheitert es?

01:03:24 Handyempfang: Bald kommt 5G & manche Orte empfangen nicht mal 3G. Sollte der Staat handeln?

01:06:25 – Deine Meinung zum Thema Digitalisierung…?

— Schlusswort —

01:10:00 Trump & Twitter: Wie nutzt eure Partei das Social Media?

01:11:58 Wo kann man sich vor der Wahl über euch informieren?

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