Viel wird über den Nutzen oder Nicht-Nutzen von Elektrofahrzeugen diskutiert. Während ein Großteil der Manager der Automobilindustrie nicht an den Erfolg des reinen Elektroantriebs glauben, zeigen die Auto-Neuheiten 2018, dass von den großen Herstellern dann trotzdem einige E-Modelle zu erwarten sind, selbst als Sportvarianten.
Ob das Elektroauto wirklich den Nutzen für Mensch und Umwelt bringen wird, den es verspricht, ist derweil umstritten. Eine Studie der Vrije Universiteit in Belgien will belegen, dass selbst „dreckige“ Elektroautos eine bessere Ökobilanz als Diesel-Fahrzeuge haben, selbst wenn ihr Strom aus Kohlekraftwerken stammt. Eine Untersuchung des IVL Swedish Environmental Research Institute wiederum zeigt auf, dass beispielsweise ein Tesla Model S circa acht Jahre lang fahren müsste, um mit der Ökobilanz eines Autos mit Verbrennungsmotor mithalten zu können: Die schädlichen Ausstöße in der Batterie-Produktion für Elektroautos seien aktuell noch dermaßen hoch, dass selbst ein Dieselmotor nach heutigem Entwicklungsstandard darunter läge.

Kurzfristige Lösung: Abwrackprämie für Berlin
In Großstädten ist das Thema besonders relevant: Durch den hohen CO2- und NOX-Ausstoß (unten im Artikel erklären wir den Unterschied) wollen viele den öffentlichen Nahverkehr, aber auch den Taxibetrieb auf rein elektrisch umstellen. Oslo ist da ein Beispiel, obwohl es mit dem Bau von Ladestationen schon jetzt die Nachfrage nicht bedienen kann. In Berlin ist das noch nicht der Fall. Im Gegenteil: Aus Kostengründen dominieren noch immer dieselbetriebene Taxis die Straßen der deutschen Hauptstadt. Das soll sich nun ändern, jedenfalls mit einer kurzfristigen Lösung.
Das Land Berlin hat ein bis Ende Juni 2018 befristetes Förderprogramm gestartet: Bis zu fünf Millionen Euro werden in die Umstellung der Flotten auf Benzin-Hybridtaxis zur Verfügung gestellt. Wer von den Betreibern auf das Hybrid-Modell umstellt, bekommt 2.500 Euro, eine Art Abwrack- oder Umweltprämie, wie die von 2009, als die Verschrottung alter Pkw mit demselben Betrag bezuschusst worden war. Die Luftqualität Berlins soll sich dadurch verbessern.
2.000 Berliner Taxis dann teil-elektrisch
Der Plan für die Taxibetriebe geht aus den Berliner Mobilitätsgesprächen des Senats vom Januar hervor. Auf zehn Sofortmaßnahmen habe man sich geeinigt, berichtet die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Weiter heißt es, man wolle „möglichst rasch viele Dieselfahrzeuge mit hoher Kilometerleistung aus dem Verkehr ziehen“. Das beinhalte wiederum die schrittweise Umstellung der landeseigenen Fahrzeugflotten auf E-Fahrzeuge.
Das zugehörige Förderprogramm hatte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller bei einem ersten „Landes-Diesel-Gipfel“ angekündigt und Mitte Januar das Maßnahmenpaket vorgestellt. „Wir haben für die Hauptstadt eigene Lösungen vorgelegt, zu denen der Bund bisher nichts anzubieten hat“, sagte Müller. „Gemeinsam werden wir den Druck für den nächsten Dieselgipfel auf Bundesebene weiter erhöhen, damit sich auch die Bundeskanzlerin für eine saubere und zukunftsfähige Mobilität einsetzt und die Industrie endlich für entsprechende Angebote sorgt.“
Die Prämie erhält, wer ein Diesel-Taxi mit den Abgasnormen Euro 0 bis Euro V betreibt, verschrottet und durch ein Modell mit Plug-In-Hybrid Antrieb (PHEV) ersetzt. Der Antrag kann ab dem 1. März bei der Investitionsbank Berlin (IBB) gestellt werden. In Berlin beträfe die Maßnahme rund 7.000 Taxis. Dahinter stehen rund 3.000 Taxi-Betriebe, mehrere Zentralen und vier Verbände. Mobilegeeks errechnet, dass dadurch 2.000 Berliner Taxis in Zukunft teil-elektrisch gefahren werden.
Zusätzlich wird es ab dem 1. Juli 2018 ein weiteres Förderprogramm geben, das gewerbliche Flotten von Pflege- und Sozialdiensten, Handwerksbetrieben und Lieferfirmen vorsieht. Und auch der öffentliche Fuhrpark des Landes Berlin will auf emissionsarme Fahrzeuge umsteigen beziehungsweise neben den bereits 300 bestehenden Elektrofahrzeugen auch leichte Nutzfahrzeuge elektrifizieren.
Was sagt der Taxi-Betrieb?
Leszek Nadolski ist erster Vorsitzender der Innung des Berliner Taxigewerbes und findet es zu früh, um Prognosen abgeben zu können. „Wir sind natürlich auch daran interessiert, dass das Berliner Taxigewerbe ein ’sauberes‘ Gewerbe bleibt“, sagt er Im Gespräch mit futurezone. „Solange wir allerdings nicht die detaillierten Richtlinien kennen, nach denen die Förderung geschieht, können wir erstmal nichts dazu sagen“.
Die Taxiunternehmer seien beispielsweise auch nicht verpflichtet, der Innung den Zustand ihrer Autos mitzuteilen. Die gesamte Berliner Flotte sei allerdings sehr jung und daher auf einem modernen Stand. Circa zweieinhalbtausend Hybrid-Taxis sowie 600 Erdgas-Taxis seien bereits in der Hauptstadt im Einsatz. Besonders das Modell Toyota Prius, das in den Berliner Taxibetrieben verbreitet ist, sei ausgetauscht worden, sagt Nadolski. „Kann beispielsweise auch der Kollege, der seinen Prius erst kürzlich gegen ein Hybrid-Modell getauscht hat, die Förderung von 2.500 Euro in Anspruch nehmen?“ Viele Fragen zu den Anrechten der Betriebe und Fahrer seien demnach noch offen.
Warum eigentlich Berlin? CO2 und NOX-Werte
„Die Berliner Luft ist miserabel“, stellte Verkehrssenatorin Regine Günther vor dem „Diesel-Gipfel“ 2017 fest. Ein Grund dafür sind Stickoxide, gasförmige Verbindungen, die als NOX abgekürzt werden. Diese kommen in der Natur so gut wie nicht vor und sind daher vor allem vom Menschen erzeugte Produkte, die entstehen, wenn fossile Energieträger – wie Kohle, Öl oder Gas – verbrannt werden, so auch in Dieselmotoren. Zwar entsteht dadurch auch CO2, aber im Gegensatz zu den NOX ist CO2 ein natürlicher Bestandteil der Luft und nur in zu hoher Konzentration für Menschen gefährlich.
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Auch wenn CO2 bei Diskussionen über Nachrüstungen von Dieselautos eine Rolle spielt, geht es also vor allem darum, die Grenze der NOX-Werte einzuhalten beziehungsweise zu senken – mit der Hauptstadt Berlin als Vorzeigebeispiel für andere Städte in Deutschland. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz veröffentlicht nicht nur die täglich gemessenen Werte zur Luftqualität Berlins, sondern bewertet diese auch und gibt den Einwohnern Tipps.
Sinn und Zweck der Prämie
Ob das neue Hybrid-Förderprogramm des Senats, das wie die Abwrackprämie 2009 als eine Art Retter verkauft wird, Berlins hohe NOX-Werte bedeutend senken kann, ist noch nicht abzusehen. Man könnte einerseits kritisieren, dass dadurch nur ein Wirtschaftszweig in der Hauptstadt gefördert würde, der des Taxigewerbes eben.
Andererseits wird leicht vergessen, dass bereits seit mehr als anderthalb Jahren auch eine Kaufprämie für Elektroautos, der sogenannte Umweltbonus, quasi im Regal liegt. Auch Privatpersonen könnten also praktisch umrüsten. Nur für lediglich zehn Prozent der Fördersumme jedoch sind bisher Anträge eingegangen, wie die Welt unter Berufung auf Zahlen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) berichtet. Bedeutend sauberer wird es dadurch erst einmal nicht.
Das Ziel bis zum Ende der Förderung – Mitte 2019 – zu erreichen, scheint also unrealistisch, der Boom der Abwrackprämie von 2009 wird sich nicht wiederholen. Der Plan von 2009 ist immerhin aufgegangen: Nicht nur kurzfristig konnten Arbeitsplätze in der Automobilindustrie gerettet werden, sondern arbeiten heute mehr als 800.000 Menschen in Deutschland in der Branche – so viel wie zuletzt vor 25 Jahren.
Für das Land Berlin hat die Taxi-Prämie natürlich ein anderes Ziel, doch die Hoffnung ist dieselbe: Das Ziel erreichen und auf die Auswirkungen einfach hoffen.