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Heiße Debatte um Handystrahlung: Wie schädlich ist eigentlich 5G?

Krebs und Unfruchtbarkeit sind nur einige Krankheiten, die von Handystrahlen ausgelöst werden sollen. Ob 5G uns zukünftig schaden wird, ist die jüngste Frage zum Thema.

Die kalifornische Gesundheitsbehörde zieht mit neuen Tipps gegen Handy-Strahlung die Aufmerksamkeit auf sich.
Die kalifornische Gesundheitsbehörde zieht mit neuen Tipps gegen Handy-Strahlung die Aufmerksamkeit auf sich.

Ende 2017 machte die kalifornische Gesundheitsbehörde mit einer Broschüre von sich reden, die vor schädlicher Handystrahlung und ihren Folgen warnte: Tumore im Kopf, Schlafstörungen und Zeugungsunfähigkeit könnten die Konsequenzen des täglichen und gesundheitsgefährdenden Umgangs mit Mobiltelefonen sein. Ein höchst umstrittenes Thema, das aktuell mit dem aufkommenden Standard 5G wieder aufkocht.

Behörde besteht darauf, dass Handystrahlung schädlich ist

Auch wenn entsprechende wissenschaftliche Studien dazu noch keine eindeutigen Rückschlüsse zuließen, scheute sich die Behörde nicht davor, Ratschläge zur gesunden Handhabe der Smartphones zu erteilen. Das Handy besser im BH als in der Hosentasche zu verstauen, war nur einer dieser Hinweise.

Es gibt gefährliche und harmlose Strahlung

Aussagen solcher Art gibt es auch in Deutschland immer wieder, doch wie viel Wahrheit steckt dahinter? Ein generelles Problem könnte sein, dass das Wort „Strahlung“ bereits gefährlich klingt. Tatsächlich beinhaltet dieser Begriff aber alle Arten elektromagnetischer Wellen, von Gamma-Strahlen über Röntgenstrahlen, ultraviolettes Licht, sichtbares Licht bis hin zu Mikrowellen und Radiowellen.

Das Spektrum dieser elektromagnetischen Wellen wird unterteilt in ionisierende und nicht-ionisierende Strahlung. Je nachdem, ob geringe Dosen davon schädlich sein können.

Ionisierende Strahlung

Zur ionisierenden Strahlung gehören UV-Licht, Röntgenstrahlen und Gamma-Strahlung, die das Potenzial besitzen, krebserregende Schädigung der DNA zu bewirken. Da es sich nicht vermeiden lässt, natürlichen und durch Menschen gemachten Strahlen dieser Art komplett zu entgehen, ist es sinnvoll, sofern möglich, sich von solchen Strahlungsquellen fernzuhalten.

Nicht-ionisierende Strahlung

Nicht-ionisierende Strahlung umfasst wiederum die breite Masse an Licht, der wir täglich ausgesetzt sind, das heißt alles von der Glühbirne über Infrarot-Licht bis zum Megahertz-Licht unserer Mobiltelefone oder Radiowellen. Diese sind in geringen Dosen unbedenklich. Nur in äußerst hohen Dosen, also zum Beispiel Licht in der Intensität eines Industrielasers, kann diese Strahlung dagegen auch schädlich sein.

Wie schädlich ist Handystrahlung tatsächlich?

Handys nutzen Mikrowellen-Frequenzen zwischen 450 und 1.900 Megahertz. Das bedeutet, dass sie innerhalb des elektromagnetischen Spektrums weiter weg vom Bereich ionisierender, also schädlicher Strahlung, liegen als Licht.

Im Klartext: Ihr seid theoretisch stärker durch Glühbirnen gefährdet als durch euer Mobiltelefon. Was Handystrahlung kann, ist eure Haut bei beinahe direkter Berührung geringfügig zu erwärmen.

Laut Bundesamt für Strahlenschutz ist die elektromagnetische Strahlung, die in SAR-Werten, der spezifischen Absorptionsrate, gemessen wird, bei Smartphones bis 2.0 unbedenklich. Heutige Geräte weisen nur durchschnittliche SAR-Werte zwischen 0.14 und 1.75 auf. Im Alltag ist die Stärke dieser Werte aber deutlich geringer, wenn ihr den Abstand zu eurem Handy vergrößert, wie es beispielsweise beim Spielen, Lesen oder Chatten der Fall ist.

Die Problematik elektromagnetischer Strahlung ist von wissenschaftlicher Seite tatsächlich außerordentlich gut untersucht. Die Literaturdatenbank EMF-Portal der RWTH-Aachen, der Arbeitsgruppe femu und des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin allein beinhaltet über 26.000 Publikationen zu den Auswirkungen elektromagnetischer Felder.

Kann Handystrahlung Krebs erregen?

Bei vielen wissenschaftlichen Studien, die sich mit den angeblichen Zusammenhängen zwischen Handystrahlung und Krebs beschäftigen, besteht das grundlegende Problem darin, dass deren Ergebnisse nicht zwingend haltbar sind. Die Prüfung solcher Untersuchungen durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat oft genug falsche Korrelationen aufgedeckt (PDF).

Beispieleinschätzungen des BfS zu einzelnen Studieninhalten:

  • BfS zu einer Studie über „erheblich erhöhte Krebsrisiken in der Nähe eines C-Netz Senders“: „…nicht auf die elektromagnetischen Felder eines C-Netz-Senders zurückzuführen, da dieser nachweislich zu dem genannten Zeitpunkt nicht existierte.“
  • BfS zu einer Studie über „Schlafqualität von Anwohnern von Mobilfunkbasisstationen“: „Die Studie selber liefert keine Aussage zum Zusammenhang zwischen Schlafqualität und elektromagnetischen Feldern.“
  • BfS zu einer Studie über „Kanzerogenität von Mobilfunkfeldern“ (Krebs erzeugende Eigenschaft von Mobilfunkfeldern): „Studie konnte in mehreren Reproduktionsstudien nicht reproduziert werden. Eine vergleichbare Studie (…) zeigte keine erhöhte Lymphominzidenz nach chronischer GSM oder UMTS Befeldung.“

Besonders heikel daran: Als Folge solcher methodischen Fehler gilt Handystrahlung laut der internationalen Agentur für Krebsforschung als „möglicherweise krebserregend“. Genauso wie Gemüse und Aloe Vera.

Dazu kommen Scheinkausalitäten, also Zusammenhänge, die nur auf den ersten Blick bestehen, aber keine Drittfaktoren einbeziehen. So zum Beispiel in einer oft zitierten Studie der TU Haifa, die den Zusammenhang zwischen Männern mit spezieller Smartphone-Nutzung und schlechterer Spermienqualität herstellt, ohne andere Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Und selbst wenn die Forscher entsprechender Studien oftmals darauf hinweisen, dass weitere Untersuchungen nötig sind, geht dies in den Medien meistens unter und suggeriert einen direkten Zusammenhang.

Ist Handystrahlung schädlich für das Gedächtnis?

Jetzt ein kleiner Dämpfer: Einer aktuellen Studie zufolge soll sich die Strahlung von Smartphones tatsächlich negativ auf das Bild-Gedächtnis von Jugendlichen auswirken. Von der reduzierten Leistung seien vor allem Rechtshänder betroffen, weil sich das sogenannte figurale Gedächtnis in der rechten Hirnhälfte befindet.

Die Folgen von Handystrahlung im Überblick:

  • Handystrahlung kann eure Haut warm werden lassen
  • Handystrahlung gilt offiziell als „möglicherweise krebserregend“, das heißt sie schadet euch so stark wie Aloe Vera.
  • Handystrahlung wirkt sich negativ auf das bildliche Gedächtnis von Jugendlichen aus

Wie die 5G-Technologie die Debatte wieder anheizt

Ganz aktuell ist das Thema Handystrahlung wieder mit dem aufkommenden Standard 5G in Diskussion geraten. Die Technologie, die eigentlich für eine schnellere Datenübertragung sorgen soll, wirft Fragen auf.

Laut Cnet sind beispielsweise Hausbesitzer besorgt über Kleinstantennen, die an Stellen installiert werden könnten, die bisher gar nicht in Erwägung gezogen wurden, wie an der Außenwand neben einem Fenster.

Obwohl dieses Equipment den Herstellern zufolge den Standards für kabellose Signalemissionen entspricht, gibt es aber noch keine adäquaten Tests zur Langzeitwirkung möglicher 5G-Strahlung in unmittelbarer Nähe, da die Technologie noch zu jung ist. Die ersten Hersteller arbeiten gerade erst an den ersten 5g-Handys. Möglicherweise müssten dafür aber auch neue Standards geschaffen werden.

Schutz gegen Handystrahlung: Das könnt ihr tun

Wenn alles nichts hilft, weil ihr euch trotzdem unwohl fühlt, gibt es zumindest einige Vorsichtsmaßnahmen, die ihr gegen vermeintlich schädliche Handystrahlung treffen könnt. Dazu zählen die Folgenden:

  • Nutzt sooft es geht die Lautsprecherfunktion eures Smartphone. Dadurch vergrößert ihr die Entfernung zwischen dem Geräte und eurem Körper deutlich.
  • Schaltet das Handy nachts in den Flugmodus. Auch wenn ihr es als Wecker nutzt, könnt ihr euch durch diese Einstellung vor Handystrahlung abschirmen.
  • Legt das Handy beim Schlafen soweit weg wie möglich ab. Direkt neben dem Kopfkissen ist nicht nur aufgrund der Strahlen keine gute Idee. Es gibt auch jede Menge Bilder, die zeigen wie gefährlich es ist, mit dem Handy schlafen zu gehen.

Fazit: Keine Angst vor schädlicher Handystrahlung

Handystrahlung ist sehr wahrscheinlich nicht schädlich. Sie löst zumindest keinen Krebs aus. Auch wenn Organisationen anmerken, dass sie potenziell krebserregend sein könnte, gibt es bisher keine wissenschaftlichen Nachweise dafür. Im Gegenteil: Was es gibt, sind Forschungsuntersuchungen, die darauf hinweisen, das Handystrahlung in dieser Hinsicht nicht gefährlich ist. Allenfalls hat sie eine minimale Wärmewirkung auf euren Körper und ist ungefähr so krebserregend wie Gemüse.

Während eine Belastung durch Handystrahlung also weiterhin sehr umstritten ist, gibt es nachgewiesene, reale gesundheitliche Risiken, die durch Smartphones und Technik hervorgerufen werden. So warnen Ärzte beispielsweise davor, dass Smartphones besonders bei jungen Nutzern zu Kurzsichtigkeit führen können. Auch Handysucht kann zu einem Problem werden. Die exzessive Nutzung der Geräte resultiert beispielsweise in sozialer Isolation und Stresssituationen. Sie ist nur ein Aspekt des sogenannten Technostress, der die Nachteile der Digitalisierung zeigt.

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