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Ohne landwirtschaftliche Nutzfläche und Kreuzzucht: Dieses Fleisch kommt aus dem Labor

Fleisch aus dem Labor könnte auf lange Sicht das Methan in der Atmosphäre vermindern.

Kuh
2022 soll das Laborfleisch von Mosa Meat an den Markt kommen. Foto: Pexels

Fleisch

– es schmeckt gut, bringt aber auch eine Menge Probleme mit sich. Mehr als drei Viertel der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche werden für

Futterproduktion

und als Weidegrund verwendet. Per

Kreuzungszucht

und Medikation werden Tiere zu Produktionsmaschinen herangezüchtet und teilweise unter unwürdigen Bedingungen gehalten. Eine mögliche Lösung: Laborfleisch.

Start-ups arbeiten am perfekten Laborfleisch

Nicht zuletzt produzieren Kühe enorme Mengen Methan, ein Treibhausgas, das viel stärker auf die Erwärmung der Atmosphäre wirkt als Kohlendioxid. Dennoch ist Fleisch beliebter denn je. 2050 soll die Nachfrage 70 Prozent höher als heute sein. Zahlreiche neue Start-ups halten eine Lösung für all diese Probleme parat. Sie nennt sich kultiviertes

Fleisch

, In-Vitro-Fleisch oder ganz einfach

Laborfleisch

.

Essbare Produkte, die wie tierisches

Fleisch

schmecken oder gar tierisches

Fleisch

sind – aber dennoch ohne Tier entstanden sind – liegen spätestens seit der Präsentation des ersten In-Vitro-Hamburgers im Jahr 2013 voll im Trend. Erschaffen wurde er von

Mark Post

, einem Professor für Gewebezüchtung an der Universität von

Maastricht

. Der Niederländer hat sein Projekt mit Unterstützung von Google-Mitbegründer

Sergey Brin

verwirklicht und kurz darauf das Unternehmen Mosa Meat mitgegründet. futurezone hat

Post

beim diesjährigen Pioneers Festival in

Wien

getroffen.

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Das Rezept für Rindfleisch ohne Kuh, auf das sich Mosa Meat spezialisiert, ist laut

Mark Post

einfach: „Wir entnehmen Stammzellen aus einer Kuh und lassen sie wachsen, um Muskelgewebe zu bilden. Natürlich müssen die Zellen gefüttert werden, so einfach wie mit einer Pflanze ist das nicht.“ Ein ausgeklügelter Cocktail an Stoffen, wie Zucker, Aminosäuren, Peptiden oder Vitaminen, sei dazu notwendig.

An einem bestimmten Punkt stoppt man die Zufuhr von „Wachstumsfaktoren“. Die Muskelzellen beginnen dann damit, sich selbstständig zu differenzieren und zu verbinden. In einer ringförmigen Schale ziehen sich die Muskelzellen zusammen. Dadurch bilde sich proteinreiches Gewebe. „Das ist wie im Fitnesscenter. Du musst Spannung aufbauen, um dicke Muskeln zu bekommen.“

Markteinführung bis 2022

Bis aus einer Stammzelle ein ganzes Fleischlaibchen für einen Hamburger entstanden ist, dauert es rund acht Wochen, erklärt

Post

. Das Verfahren, das Mosa Meat entwickelt hat, sei fast soweit, um mit echter Lebensmittelproduktion zu beginnen. Zunächst müsse man noch regulatorische Hürden nehmen. Im Jahr 2021 oder 2022 will das Unternehmen dann mit der Markteinführung beginnen.

Während der erste Laborfleisch-Hamburger im Jahr 2013 noch auf Produktionskosten von 250.000 Euro gekommen ist, soll das künftige Produkt preislich vergleichbar mit jenem aus Tierhaltung sein. Wird

Fleisch

einmal in großem Maßstab im Labor hergestellt –

Post

rechnet mit 10 bis 15 Jahren – könnten die weltweiten Nutztierbestände stark reduziert werden.

Fleisch aus dem Labor mit immer gleichem Geschmack

Eine der wichtigsten Fragen rund um kultiviertes

Fleisch

ist freilich: Wie schmeckt es?

Post

: „Es schmeckt wie

Fleisch

, es ist ja auch dasselbe Gewebe. Was noch fehlt, ist das Fett. Jetzt schmeckt es sehr nach Protein, etwas süßlich, fast karamellisiert.“ Wird das

Fleisch

faschiert, sei es aber relativ leicht, Fett hinzuzumischen. Mit verschiedenen Geschmäckern von

Fleisch

, wie es etwa bei Tierhaltung durch unterschiedliche Ernährung oder Lebensumstände zustande kommt, habe Mosa Meat noch relativ wenig experimentiert.

„Das klingt vielleicht etwas langweilig, aber einer der Vorteile unseres

Fleisches

ist, dass der Geschmack absolut gleich bleiben kann“, meint

Post

. „Wenn ich Leute damit konfrontiere, sagen sie immer, dass sie das nicht wollen würden – aber wenn man sich das tatsächliche Kaufverhalten der Leute ansieht, merkt man: Das ist genau das, was sie wollen. Nicht umsonst ist

Johnnie Walker

der beliebteste Whiskey. Er schmeckt immer gleich.“

„Biotechnologie ist eine sichere Wette“

Sein

Laborfleisch

will Mosa Meat künftig einerseits selber produzieren, andererseits plant das Unternehmen die Weitergabe seines Verfahrens an Industriekunden gegen Lizenzgebühren. Auf die Frage, wie denn die traditionelle Fleischindustrie auf

Laborfleisch

reagiere, meint

Post

: „Jeder realisiert, dass sich Dinge ändern müssen, wenn der steigende Bedarf bedient werden soll. Die großen Player der Branche investieren reihenweise in Unternehmen wie unseres.“

Laut

Post

seien derzeit weltweit rund 150 Firmen mit der Entwicklung von

Laborfleisch

oder pflanzlichen Fleischalternativen beschäftigt. Auch Fisch aus dem Labor ist ein Thema. Für Start-ups zahle sich der Einstieg in das Feld bestimmt aus: „Wir werden immer essen müssen.

Biotechnologie

ist eine sichere Wette. Aber klarerweise ist das Ganze komplexer als eine App zu bauen.“

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Alternative Herstellungsmethoden

Auf der Suche nach Alternativen zu tierischen Produkten verfolgen Start-ups unterschiedliche Ansätze:

Pflanzenbasis: Die US-Start-ups Beyond Meat und Impossible Foods verwenden Proteine aus Weizen und Kartoffeln, um daraus ein Produkt zu formen, das wie echtes

Fleisch

schmeckt und sogar „blutet“. Beyond Meat verbuchte heuer einen äußerst erfolgreichen Börsengang. Impossible Foods beliefert bereits

Burger King

.

In-Vitro-Fleisch: Ähnlich wie das niederländische Mosa Meat erzeugen u.a. auch das Aleph Farms, FM Technologies (beide ISR), Higher Steaks (UK) oder Memphis Meats (

USA

) echtes Tierfleisch im Labor.

Memphis

Meats wird u.a. von Microsoft-Gründer Bill Gates unterstützt.

Milch: Start-ups wie Perfect Day (

USA

) verwenden durch Fermentation gewonnene Proteine, um Milchprodukte ohne Tiere zu erschaffen.

Fisch: Die beiden kalifornischen Start-ups BlueNalu und Finless Foods entwickeln Fischfleisch aus tierischen Stammzellen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei futurezone.at.

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