Was klingt wie Science-Fiction, ist das Ergebnis einer aktuellen Studie von Forschenden der Universität Bremen und der University of California. Demnach könnte sich die Erde als Folge der aktuellen und anhaltenden Erwärmung eines Tages selbst abkühlen – und dadurch eine neue Eiszeit einleiten.
Eiszeit: Wenn Wärme zur Kälte führt
Seit Milliarden Jahren pendelt die Erde zwischen Hitze und Kälte. Dabei wird das Klima normalerweise durch einen natürlichen Prozess reguliert: die Verwitterung von Gesteinen. „Wenn sich der Planet erwärmt, verwittern Gesteine schneller und nehmen mehr CO₂ auf, wodurch die Erde wieder abkühlen kann“, erklärt Forscher Dominik Hülse vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, in einer Mitteilung (via EurekAlert). Dabei nimmt Regen CO₂ aus der Atmosphäre auf, löst damit Silikate und spült den gebundenen Kohlenstoff in die Ozeane. Dort entsteht Kalkstein, der den Kohlenstoff über Millionen Jahre speichert.
Doch die neue Studie zeigt, dass sich im Meer ein zusätzlicher Mechanismus verbirgt, der die Erde überkühlen kann, also über den benötigten Punkt hinaus. Steigt nämlich der CO₂-Gehalt, gelangen mehr Nährstoffe wie Phosphor ins Wasser. Das lässt Algen wachsen, die Kohlenstoff binden. Wenn diese wiederum sterben, sinken sie auf den Meeresboden und nehmen den Kohlenstoff mit. Gleichzeitig verlieren wärmere Ozeane Sauerstoff, was dazu führt, dass Phosphor recycelt wird. Dieser Kreislauf verstärkt sich selbst: Mehr Algen bedeuten mehr Sauerstoffverbrauch, was wiederum mehr Nährstoffe freisetzt.
Kurz gesagt: So lagert sich immer mehr Kohlenstoff in den Sedimenten ab, bis die Temperaturen drastisch fallen. „Dieses vollständigere Erdsystemmodell stabilisiert das Klima nach einer Erwärmungsphase nicht immer allmählich, sondern kann überkompensieren und die Erde weit unter ihre Ausgangstemperatur abkühlen – ein Prozess, der allerdings immer noch Hunderttausende von Jahren dauern kann“, erklärt Hülse. „Im Computermodell der Studie kann dies eine Eiszeit auslösen“, ergänzt er.
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„Wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren“
Ridgwell vergleicht diesen Effekt mit einem Thermostat, der überreagiert. „Im Sommer stellen Sie Ihren Thermostat auf etwa 25,5 °C ein. Steigt die Außentemperatur im Laufe des Tages, leitet die Klimaanlage die überschüssige Wärme ab, bis die Raumtemperatur auf 25 °C sinkt, und schaltet sich dann ab“, erklärt er gegenüber Earth.com. Dabei ist das Thermostat der Erde Schwankungen unterlegen. „Er befindet sich möglicherweise nicht im selben Raum wie die Klimaanlage, was zu ungleichmäßiger Leistung führt“, fügte er hinzu. So könne auch das Klimasystem der Erde über das Ziel hinausschießen und kippt, statt sich zu stabilisieren, in die nächste Eiszeit.
Auf den ersten Blick klingt es tröstlich, dass die Erde sich selbst reguliert. Doch die Forschenden warnen, dass diese natürliche Korrektur viel zu langsam wäre, um die heutige Klimakrise zu stoppen. Ridgwell stellt klar: „Spielt es am Ende wirklich eine Rolle, ob der Beginn der nächsten Eiszeit erst in 50.000, 100.000 oder 200.000 Jahren liegt? Wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, die anhaltende Erwärmung zu begrenzen.“ Selbst wenn der Prozess tatsächlich eintrete, wäre er laut Modell durch den heutigen höheren Sauerstoffgehalt der Atmosphäre deutlich abgeschwächt.
Die Forschung erinnert daran, dass das Klima der Erde selten in Balance bleibt. In der tiefen Vergangenheit lösten ähnliche Rückkopplungen gewaltige Eiszeiten aus, die fast alles Leben auslöschten und zugleich neue evolutionäre Entwicklungen ermöglichten. Die aktuelle Studie zeigt, dass diese Mechanismen auch heute noch im Hintergrund wirken. Doch während vergangene Eiszeiten Millionen Jahre brauchten, schreitet der aktuelle Temperaturanstieg durch menschliches Handeln in Rekordzeit voran.
Quellen: „Instability in the geological regulation of Earth’s climate“ (Science, 2025); MARUM, Earth.com
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