Svanja Kleemann hat ein großes Ziel: „Meine Vision ist es, allen Jugendlichen einen Zukunftsweg zu ermöglichen, der zu ihren Talenten und Interessen passt“, sagt die 30-Jährige. Daran arbeitet sie mit ihrem Start-up „One Week Experience“. Unter diesem Dach bietet sie die Programme „One Week Azubi“ und „One Week Student“ an.
„One Week Azubi“
Die Idee hinter „One Week Azubi“: Schulabgänger sollen eine Woche lang Auszubildende in ihrem Berufsalltag begleiten. Sie schauen ihnen über die Schulter und lernen so den Arbeitsplatz und das Ambiente kennen. „Sie verrichten so weit wie möglich die gleichen Arbeiten wie ihre jungen Mentoren“, sagt Kleemann. So bekämen sie einen Eindruck davon, „wie sich die Ausbildung anfühlen könnte“.
Vorteile für alle Seiten
Vorteilhaft sei das für alle Seiten, findet Svanja Kleemann. Die gastgebenden Azubis tragen Verantwortung für einen „Mitarbeiter“, die Schüler probieren sich in ihrem Wunschberuf aus und der Arbeitgeber lernt einen potenziellen Azubi kennen. „Die Unternehmen sind sehr dankbar für das Angebot, da wir nicht irgendwelche Jugendlichen, sondern motivierte Ausbildungskandidaten eine Woche lang zu ihnen schicken“, sagt Kleemann. Die Unternehmen sind es auch, die durch ihren Mitgliedsbeitrag Kleemanns Start-up mitfinanzieren.
„One Week Student“
Das zweite Programm „One Week Student“ richtet sich an Abiturienten. Eine Woche lang können sie „der Schatten“ beispielsweise eines IT-Studenten sein, mit ihm Vorlesungen besuchen, in der Mensa essen gehen. In dieser Woche wohnen die jungen Menschen auch zusammen. „Gerade bei Studierenden findet viel Leben außerhalb der Uni statt“, sagt Kleemann. Ihr ist es wichtig, dass die Jugendlichen, die frisch von der Schule kommen, auch das mitbekommen und so authentische Erfahrungen sammeln. „One Week Student“ wird bundesweit angeboten.
Idee kam während des Studiums
Die Idee zu dem, was später einmal ihr Beruf werden sollte, kam der 30-Jährigen schon während ihres Studiums. Kleemann machte in Konstanz ihren Bachelorabschluss in Politik- und Verwaltungswissenschaften, zog dann nach Berlin, um an der Hertie School of Governance ein Masterprogramm in Public Policy zu absolvieren. Das ist ein zwei Jahre dauernder Studiengang, der Management und Organisation im Fokus hat und in dem auf Englisch unterrichtet wird.
„Ich hatte mich selbst lange damit auseinandergesetzt, was ich gerne studieren wollte“, erzählt Kleemann, konnte sich jedoch unter der Beschreibung der Studiengänge wenig vorstellen.
Mehr Einblicke in einen Studiengang
Auch der Besuch von Abi-Messen und ihre Online-Recherchen brachten sie nicht weiter, so die Gründerin. „Ich wusste nur, dass ich später in einer internationalen Organisation wie der UNO oder der EU arbeiten wollte.“ Dementsprechend wählte sie den Studiengang Politik- und Verwaltungswissenschaften. Sie fand heraus, dass ihr vor allem die Vorlesungen in Volkswirtschaftslehre und Statistik gefielen – und dass ihr Themen wie Management, Technik und Wirtschaft fehlten.
„Hätte ich die Gelegenheit gehabt, schon früher in den Studiengang reinzuschnuppern, hätte ich mich gleich für einen anderen entschieden“, sagt Svanja Kleemann.
Projekt neben dem Studium
Diese Erfahrung war so prägend, dass sie gemeinsam mit anderen Studierenden den gemeinnützigen Verein „One Week Student“ gründete. Studierende wurden zu Gastgebern für Studienanwärter. „Wir haben das ehrenamtlich neben unserem eigenen Studium gemacht, anfangs ganz ohne finanzielle Mittel“, erzählt Kleemann. Als sie zum Masterstudium nach Berlin ging, nahm sie ihr Projekt mit. „Wir hatten ein so tolles Feedback. Ich wusste, dass ich nach meinem Masterabschluss ein Start-up gründen werde.“ 2015 machte sie ihren Abschluss, 2016 startete sie „One Week Experience“, ergänzt um die neue Zielgruppe der Auszubildenden.
Unterstützung durch Stiftung
Ins Boot holte sie die Prof. Otto Beisheim-Stiftung, die mit ihrer Arbeit den Zusammenhalt zwischen Jung und Alt stärken möchte. Kleemanns Idee, dass Unerfahrene von Erfahrenen lernen, gefiel den Verantwortlichen, und die Stiftung investierte in ihr Start-up. Weitere Gelder erhielt Kleemann über sogenannte Impact Investments, eine Geldanlage für Investoren, die nicht nur Rendite erwirtschaften, sondern auch etwas Sinnvolles mit ihrem Vermögen tun wollen. „Die Verzinsung des Darlehens ist abhängig von dem Mehrwert, den man schafft“, erläutert Kleemann.
8.000 interessierte Jugendliche
Heute, zwei Jahre später, hat sie die zweite Investitionsrunde erfolgreich hinter sich gebracht. Obwohl das Unternehmen gut läuft, schreibt sie noch keine schwarzen Zahlen. Doch es geht aufwärts, mehr als zehn Unternehmen sind Partner des sozialen Start-ups, rund 8.000 Jugendliche haben sich um eine Teilnahme an einem der Programme beworben, fast 1.000 wurden bisher angenommen.
„Wir arbeiten eng mit Bildungsträgern wie Joblinge oder auch der Bundesagentur für Arbeit zusammen“, sagt Kleemann. Inzwischen trägt sie auch Personalverantwortung.
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Start-up soll ausgebaut werden
Sie hat vier festangestellte Mitarbeiter, die sich um die Internetseite, die Auszubildenden und die Öffentlichkeitsarbeit kümmern, darüber hinaus vier Praktikanten und eine Werkstudentin. Ihren Traum von der Arbeit in einer internationalen Organisation hat Svanja Kleemann aufgegeben und durch einen neuen ersetzt: „Ich bin mittlerweile leidenschaftliche Gründerin und Geschäftsführerin und möchte mein Start-up, das im Ausbildungsbereich noch auf Berlin fokussiert ist, bundesweit gut aufstellen.“