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Ironie: Amazon sichert sich Patent gegen Beratungsdiebstahl

Häufig lassen sich Kunden im Geschäft beraten, kaufen dann aber günstiger online ein. Für Amazon ein perfektes Modell. Das neue Patent soll dieses Verhalten verhindern – aber nur in den eigenen Läden.

Physischer Laden von Amazon: Amazon Books in Seattle Foto: SounderBruce from Seattle

Der sogenannte Beratungsdiebstahl ist im Handel weit gefürchtet. Kunden kommen in das Geschäft, um sich für eine bestimmte Produktkategorie beraten zu lassen, kaufen die Produkte dann aber online. Der Online-Versandhändler Amazon soll jahrelang von ebendiesem Verhalten profitiert haben. Da entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass Amazon nun ein Patent zugesprochen wurde, das ebendieses Verhalten verhindern soll.

Überwachung der Kundenaktivität im Netz

Laut dem Patent soll durch Überwachung der Internet-Aktivität verhindert werden, dass der Kauf in einem konkurrierenden Online-Geschäft und nicht im Amazon Store durchgeführt wird (Amazon hat 2015 mit Amazon Books sein erstes physisches Geschäft in Seattle eröffnet). Dazu werden bestimmte URLs, Suchbegriffe und andere Web-Aktivitäten gefiltert, die über das kostenlose WLAN des Geschäfts laufen. Erkennt das System, dass der Kunde ein günstigeres Angebot gefunden haben könnte, soll ihm beispielsweise ein Gegenangebot in Form eines Gutscheines gemacht werden, der die Preisdifferenz ausgleicht.

Amazon widerspricht Netzneutralität

Zudem sei es möglich, einen Amazon-Mitarbeiter zum Kunden zu schicken, der diesen mit verschiedenen Anreizen dazu überredet, das Produkt doch im Geschäft zu kaufen. Es wird aber auch eine besonders drastische Methode beschrieben: Der Zugriff auf andere Online-Shops wird einfach untersagt. Das widerspricht vor allem Amazons bisheriger Unterstützung für Netzneutralität, im Zuge dessen freier, uneingeschränkter Zugang zum Internet sichergestellt werden soll.

Patent schon 2012 von Jeff Bezos eingereicht

Das Patent mit dem Titel „Physical store online shopping control“ wurde bereits 2012 von Amazon-Gründer Jeff Bezos eingereicht und jetzt zugelassen. Amazon experimentiert seit einigen Jahren auch mit eigenen Geschäften, beispielsweise einem Supermarkt ohne Mitarbeiter und Kassen in Seattle sowie mehreren Buchgeschäften. Ob der „Beratungsdiebstahl“ zudem so weit verbreitet ist, wie behauptet wird, darf bezweifelt werden. Einer Umfrage zufolge ist es meist umgekehrt: Viele Kunden recherchieren zuvor im Internet und kaufen das Produkt dann offline.

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