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Crowdfunding und Crowdinvesting: Kapitalsuchende sind entscheidend, nicht Plattformen

Bereits mit wenig Kapital kann jeder zum Anleger werden – per Crowdfunding. Experten warnen jedoch vor unseriösen Plattformen und fragwürdigen Renditen.

Das Schweinchen und das Geld Foto: imago

Gut zwei Jahre lang soll das Pflegeheim im bayerischen Vierkirchen den Anlegern 5,5 Prozent Zins pro anno einbringen. Das hört sich im Vergleich zu den aktuell mageren Renditen beim Festgeld oder Sparbuch verlockend an. Ein Projektentwickler bietet diese Finanzbeteiligung auf der Crowd­funding-Plattform Exporo an. Rund 1,8 Millionen Euro soll der Ausbau des Heims kosten. 641.000 Euro sind bereits zusammengekommen. Mit einem Mindesteinsatz von 500 Euro werden Anleger hier zum Projektentwickler.

Crowdfunding findet bundesweit immer mehr Anhänger. Über 87 Millionen Euro investierten die Bundesbürger allein in den ersten sieben Monaten dieses Jahres in Immobilien, Start-ups, Energiefirmen oder kapitalbedürftige Unternehmen. Das entspricht einem Wachstum von 216 Prozent binnen einem Jahr, wie der Branchendienst crowd­funding.de ermittelt hat.

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Hohe Renditen sind eher Ausnahme als Regel

Crowdfunding – das bedeutet eine Finanzierung im Schwarm. Die einen suchen Kapital für die Verwirklichung einer Idee, die anderen eine attraktive Anlage. Die Vermittlung zwischen beiden Seiten findet dann im Internet statt – über Crowdfunding-Plattformen. Die Möglichkeiten sind vielfältig und reichen vom Spendensammeln über die Finanzierung einer Musikband, die im Studio eine CD aufnehmen möchte, bis hin zu großen Immobilienvorhaben oder der Entwicklung eines Medikaments. Ziel ist es, dass ein Projekt auch ohne Bankgelder ins Leben gerufen wird – und die Anleger an diesen Investitionen verdienen.

Manchmal rentiert sich der Einsatz prächtig, wie die Stiftung Warentest anhand eines Beispiels zeigt. 850.000 Euro gab der Schwarm an Bauherren in Köln. Schon nach sieben Monaten wurden die Anleger ausbezahlt. Sie erhielten alle Zinsen, die eigentlich in 15 Monaten auflaufen sollten. Statt der versprochenen fünf Prozent gab es eine Jahresrendite von 11,6 Prozent. Doch solche Coups sind eher die Ausnahme als die Regel.

Rat eines Experten: Projekte genau anschauen

Die Zeitschrift Finanztest nahm 22 Renditeplattformen unter die Lupe und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis. „Die vertragliche Ausgestaltung ist für die Investoren eher nachteilig“, sagt der Projektleiter Simeon Gentscheff. Das Beispiel einer Immobilienfinanzierung zeigt, woher dieses Manko rührt. Meist übernehmen Banken den Großteil der Finanzierung, und nur der Rest wird bei privaten Anlegern eingesammelt. In diesen Fällen werden die Banken vorrangig bedient, wenn das Vorhaben schiefgeht. Sollte im Falle einer Insolvenz etwas in der Kasse übrig bleiben, werden auch die Crowd­funding-Forderungen erfüllt.

Zudem seien die Vermittler hinsichtlich ihrer Kriterien für die Auswahl der Finanzierungsprojekte nicht sehr auskunftsfreudig, kritisiert Gentscheff. Exporo habe zum Beispiel ein eigenes Rating entwickelt. Wie dieses genau funktioniere, verrät der Vermittler jedoch nicht. So müssen die Anbieter von Bauvorhaben bei der Finanzaufsicht bis zu einem Volumen von 2,5 Millionen Euro nur ein Informationsblatt einreichen, nicht einen umfangreichen Prospekt wie bei Großprojekten. „Man muss sich das Projekt genau anschauen“, rät Gentscheff daher.

Bei Start-ups viele Pleiten zu erwarten

Der Sprecher von crowdfunding.de, Michel Harms, hält die aktuell rund 40 Plattformen unterdessen für seriös. Doch Harms weist darauf hin, dass für Erfolg oder Misserfolg beim Crowdfunding allein die Kapitalsuchenden entscheidend sind und nicht die Plattformen, die den Deal nur vermitteln. „Von daher gilt es bei einem Investment, vor allem auf den Emittenten zu schauen“, sagt Harms.

Bei Immobilien mag die Einschätzung noch vergleichsweise leicht fallen, bei Start-ups ist das Risiko höher. „In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass bei Start-ups viele Pleiten zu erwarten sind“, erläutert Gentscheff. Jeder siebte Gründer, der sich über Crowfunding zwischen 2011 und 2016 Kapital beschafft hat, konnte sich mit seiner Geschäftsidee nicht durchsetzen. In diesen Fällen ist auch das Geld der Anleger in der Regel verloren. „Es besteht das Risiko eines Totalverlustes“, erläutert Harms.

Schon mit 100 Euro crowdfunden

Geht es gut, springt auch schon mal richtig etwas für die Investoren heraus. So zahlten die Gründer der Firma Erdbär, die Obst- und Gemüsesnacks entwickelt haben, ihren Investoren das Vierfache ihres Einsatzes zurück, nachdem die Produkte gut bei den Kunden ankamen.

Dabei sein können Anleger schon ab einer Beteiligung von 100 Euro, zum Beispiel auf der größten Plattform für Gründungsfinanzierungen, Companisto. 70.000 Investoren haben sich hier zusammengefunden. 80 Projekte wurden bislang finanziert. Größtes Projekt dort ist derzeit die „Spielzeugkiste“. Die Idee der Gründer besteht darin, dass sich viele Eltern Spielzeug teilen können und die Plattform dies organisiert. 2,1 Millionen Euro sollen zusammenkommen, fast 1,8 Millionen Euro haben 700 Investoren bereits zugesagt.

Um mitzumachen, müssen sich Interessenten in der Regel auf einer Plattform registrieren lassen. Üblich ist es, bei einer Beteiligung das Geld sofort zu überweisen. Kommt die gewünschte Gesamtsumme nicht zusammen, erhalten die Anleger ihr Geld umgehend zurück. Verbraucherschützer Gentscheff rät dabei, den Einsatz auf mehrere Projekte mit kleinen Summen zu verteilen, anstatt alles auf eine Karte zu setzen. Zudem sollten Investoren auch einen Totalausfall finanziell verkraften können.

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