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„Wir müssen sehr leise sein, damit die Akzeptanz da ist“: Volocopter-Mitgründer Alexander Zosel über Flugtaxis

Volocopter, eine Firma aus Baden hat ihre autonom fliegende Taxis in Dubai im Einsatz. In Deutschland könnten sie zuerst den Rhein überfliegen, meint Mitgründer Alexander Zosel im Interview über den Flugverkehr in der Stadt der Zukunft.

Volocopter fliegen in einer Stadt aus Hochhäusern
Volocopter könnten möglicherweise auch bald über dem Rhein fliegen

Bis 2030 sollen in Dubai 25 Prozent des öffentlichen Nahverkehrs mit autonomen Fahrzeugen und Fluggeräten abgewickelt werden. Die Behörden setzen dabei auch auf autonom fliegende Drohnen und arbeitet dabei mit der deutschen Firma Volocopter an einem Flugtaxi-System zusammen.

Die Fluggeräte sollen per App bestellt werden können und Passagiere etwa vom Flughafen in die Innenstadt transportieren. futurezone hat der Mitgründer des Volocopter, Alexander Zosel, am Rande der Innovationskonferenz DLD in München zu autonomen Flugtaxis befragt.

futurezone: Sie führen in Dubai Tests mit autonomen Flugtaxis durch. Wie laufen die konkret ab?
Alexander Zosel:
Wir haben Ende September den ersten vollautonomen Flug in einer Innenstadt gemacht. Das ist der sichtbare Teil unseres Projekts. Wir sind Technologiepartner der Verkehrsbehörde in Dubai und arbeiten an der Schaffung eines vollautonomen Flugtaxisystems mit. Dabei geht es um die Regelbildung ebenso wie um die Infrastruktur und die Verkehrsregelung. Das Fluggerät selbst ist nur ein Teil davon.

Waren bei dem Testflug in der Innenstadt Passagiere an Bord?
Nein. Im Moment ist es sehr schwierig überhaupt die Zulassung für autonome Flüge zu bekommen, weil man auch die Versicherungsklasse noch nicht kennt.

Wie weit können Ihre Geräte fliegen?
Wir haben bereits eine Reichweite von rund 30 Kilometer, praktisch fliegen wir bis zu 15 Kilometer, dann werden die Batterien gewechselt. Die Batterien werden aber immer besser. Wir sind auch an anderen Technologien interessiert und wollen auch Brennstoffzellen integrieren.

Wie werden die ersten Anwendungsfälle aussehen?
Wir gehen davon aus, dass wir zuerst zwei Stationen haben werden, etwa vom Flughafen in die Innenstadt. Wenn die funktionieren, dann wird sich das Netz schnell ausbreiten.

Wer wird sich ein Flugtaxi leisten können? Ist das nur ein Service für Reiche?
Es wird ein Service sein, der für jeden verfügbar sein soll, nicht nur für Reiche. Wenn wir in eine ordentliche Serienproduktion kommen, können wir das zu einem ähnlichen Preis anbieten wie ein Limousinen-Service. Ich spare aber viel Zeit. Wenn jemand wirklich schnell von A nach B muss, ist es nicht dramatisch, 30 Prozent mehr zu zahlen als für ein Taxi. Unser System hat das Potenzial dazu.

Wie gehen Sie mit Sicherheitsbedenken um? Es gibt Piloten, die sagen, sie würden nie in ein solches autonomes Flugtaxi einsteigen.
Weil ein Pilot weiß, welchen Scheiß er schon alles in seinem Leben gemacht hat. Einen Hubschrauber zu fliegen, ist extrem komplex. Man muss ein talentierter Schlagzeuger sein und muss beide Füße und beide Hände in wirklich unterschiedlichen Verhältnissen sensibelst bedienen können. Die Piloten können sich nicht vorstellen, dass ein System das, was sie jahrelang trainiert haben, besser können soll als sie.

Und kann es das?
Unser System erkennt über Sensoren kleinste Veränderungen innerhalb kürzester Zeit und kann in Millisekunden regieren. Im Vergleich dazu beträgt die Reaktionszeit von Menschen, selbst wenn sie Vollprofis sind, ein bis drei Sekunden.

Wie sieht die rechtliche Situation aus? Autonome Fluggeräte im urbanen Bereich brauchen viele Bewilligungen, wenn dann auch noch Personen transportiert werden sollen, wird es heikel.
Wir haben seit Jahren Rückendeckung von den Behörden. In Deutschland ist unser Fluggerät bereits als bemannter Multicopter zugelassen. Die Behörden sehen das Sicherheitspotenzial der Technologie und fordern uns auf, schneller zu arbeiten. Natürlich dauert es eine Weile. Aber autonomes und elektrisches Fliegen und Fliegen mit Computersteuerung sind weltweit Themen bei den Behörden.

Wann werden wir in Europa die ersten autonom fliegenden Flugtaxis sehen?
Für uns sind sie schon fast Realität. Es geht aber um den ersten kommerziellen Anwendungsfall. Es wird wahrscheinlich dort sein, wo die Verkehrsbelastung am höchsten ist. Es kann aber auch sein, dass wir zuerst nur über den Rhein fliegen, weil da gerade eine Brücke fehlt. Wir versuchen auf der ganzen Welt, unsere Claims abzustecken.

Wie wird sich die urbane Mobilität in Zukunft verändern?
Sie wird sich komplett verändern. Es wird viele verschiedene Mobilitätssysteme geben, von Flugtaxis über Hochgeschwindigkeitstransportsysteme, wie dem Hyperloop, bis hin zu autonom fahrenden Autos. Wir haben massive Vorteile, weil bei unserem System nur geringe Kosten für die Infrastruktur anfallen.

Wo sehen Sie sich in diesem neuen Verkehrsökosystem?
Der Volocopter ist für Kurzstrecken in die Innenstadt konzipiert. Das ist unser Anspruch. Wir müssen sehr leise sein, damit die Akzeptanz da ist. Es muss auch angenehm sein, ihn zu nutzen. Wenn wir keine kulturelle Akzeptanz für diese Systeme haben, wird es nicht funktionieren.

Dieser Artikel erschien zuerst auf futurezone.at.

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