Veröffentlicht inDigital Life

Stylisch, musikalisch, vollständig animiert: Die virtuelle Influencerin Miquela

Miquela ist ein animierter Avatar, ja, aber sie ist auch stylisch, international, gutaussehend und politisch engagiert: Sehen so die virtuellen Influencer von morgen aus?

Miquela hat das, was sich viele wünschen, die auf sozialen Netzwerken aktiv sind: über 550.000 Follower auf Instagram, eine angemessene Attraktivität und ein junges Alter, in dem sie mühelos all die Sachen machen kann, weswegen ihre Fans ihr folgen. Eines jedoch haben andere Influencer ihr voraus: Sie sind echte Menschen. Miquela ist nämlich ein brasilianisch-amerikanisches, computergeneriertes Instagram-Model und Musikerin aus Downey, Kalifornien, sie ist ein virtueller Avatar.

Ihr erfolgreicher Instagram-Account läuft unter dem Namen „lilmiquela“. Die bisher 290 Beiträge zeigen sie größtenteils in Model-Posen und Markenkleidung, mal mit der Ikea-Tasche und farblich passendem, blau-gelben Sweater, mal vor grünem Haus und grünem Auto in grüner Trainingshose. Sie wird perfekt inszeniert. So perfekt, dass Instagram-User nicht nur fragen, wieso die Szenerie wie aus einem Videospiel entnommen wirkt, sondern auch darüber rätseln, wo eigentlich ihr Schatten zu finden ist. „Das ist fake“, wird auch kommentiert.

Miquela kann auch Musik

Doch Miquela kann noch mehr machen: Fotos mit wirklichen Menschen beispielsweise. In manchen davon wirkt sie so real, dass es gruselt. Die meisten Follower sind allerdings begeistert von ihrem täuschend echten Aussehen, ihren Sommersprossen, ihrem Lippenstift, ihrer Zahnlücke und ihrer zur Schau getragenen Kleidung von Moncler, Diesel, Misery und anderen Herstellern.

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Miquela macht auch Musik. Auf Spotify hat sie bereits ihre ersten eigenen Songs veröffentlicht. Es ist Elektro-Pop, der ihre computergenerierte Stimme stark verzerrt und sogar politische Botschaften enthält. „2018 mood“ heißt ihre Playlist, die Songs wie „No Destination“, „Loving Is Easy“ und „More Than a Woman“ enthält. In den Songs geht es ihr um Themen wie die Körperkultur und die Akzeptanz des eigenen Körpers, die Rechte von Transsexuellen und die von Geflüchteten und von Frauen in unserer Gesellschaft. Ein anderer ihrer Songs heißt „Computer Luv“ – ein klarer Hinweis auf ihre virtuelle Existenz?

Momentan rätselt man noch, wer hinter dem Avatar und seinen Aktivitäten steckt. Mit ihrem Auftritt hat Miquela es allerdings bereits ins Paper Magazine geschafft. Die Fotos von ihr in Lederkappe und Bodypainting, das auch ihre eigenen Initialen auf ihren Körper bringt, sollen eine Hommage an Lil’Kim sein, die sich in dieser Art 1997 für das Interview Magazine fotografieren ließ. Das Paper Magazine beschreibt Miquela als „eine der spannendsten aufstrebenden Stimmen“, die aktuell zu finden sind.

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Miquela ist Standard, aber unabhängig

Da Miquela im Internet zu finden ist, geht es ihr anscheinend um eine der wichtigsten Fragen rund ums Netz: Was bedeutet Realität im vernetzten Zeitalter überhaupt, vor allem, wenn Fake News, Bots und künstliche Intelligenz um sich greifen? Dem Paper Magazine verriet sie per E-Mail: „Ich möchte Social Media nutzen, um Gutes zu tun. Von meinen Followern habe ich so viel Unterstützung erhalten, dass ich mich gut damit fühle, mich ihnen zu öffnen und meine Kreativität mit ihnen zu teilen. Für mich ist es das, was Echt-Sein bedeutet.“ Der perfekte Standardsatz für einen Influencer.

Wieviel Einfluss Miquela wirklich hat, ist, wie bei vielen Influencern, aber schwer zu sagen. Einigen mag sie mit ihren politischen Statements vielleicht ein Vorbild sein, für andere wohl nur ein modisches Leitbild. Einem Interview mit Business Fashion, das per Chat geführt wurde, zufolge, hat sie noch kein Geld mit ihren Aktivitäten verdient. Für viele in ihrer Branche hätte sie mit mehr als einer halben Millionen Followern allerdings durchaus bereits das Potenzial dazu. Allerdings seien ab diesem Jahr Modelverträge geplant, etwa mit Chanel.

Auch künstliche Influencer können als Medienpartner geeignet sein

Auf jetzt.de erklärt Christoph Kastenholz von der Influenceragentur Pulse Advertising, dass künstliche Influencer sehr wohl auch spannende Medienpartner sein können. Dafür seien objektive Faktoren wie die Followeranzahl ebenso wichtig wie Glaubwürdigkeit und Vertrauen. „Ein Avatar kann – wie Miquela beweist – sehr wohl eine große Folgschaft aufbauen und für einzelne Projekte kann diese Zielgruppe durchaus spannend sein. In dieser Hinsicht ist es bei Miquela also genau so, wie auch bei einem menschlichen Influencer.“

Miquela: Die Zukunft der Influencer?

Virtual Celebrities nennen sich die populären, animierten Figuren, zu denen auch Miquela gehört. Die virtuelle Instagrammerin ist also nicht allein in ihrem Metier. Miku Hatsune zum Beispiel ist ein computeranimiertes Anime-Girl, das mit der Hologramm-Technik ganze Konzerte veranstaltet. Nur sehen Figuren wie Miku nicht so derart menschlich aus wie Miquela. Ob dieser Unterschied ausreicht für einen anhaltenden Erfolg?

Miquela ist alles, was ein Influencer sein muss: stylisch, international, musikalisch, gutaussehend, politisch engagiert und mit ihrer Meinung vor allem noch unabhängig. Letzteres wird wiederum „echten“ Influencern vorgeworfen: Die meinungspolitische Selbstaufgabe, wenn es ums Geld geht. Die Frage ist nur, wie unabhängig Miquela bleibt, wenn nun schon Kunden wie Chanel um eine Zusammenarbeit mit ihr werben.

Allerdings ist sie in ihrer Angepasstheit eben genau das nicht: echt. Kein Fauxpas, kein Ausbrechen aus der Rolle. Ob sich ihre Form des virtuellen Influencers durchsetzen wird, bleibt also abzuwarten.

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