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„The Batman“: So düster war der Dark Knight noch nie

Ein neuer Batman streift ab 3. März durch Gotham und die weltweiten Kinos. Und das tut Robert Pattinson so düster und gebrochen wie noch kein Bruce Wayne vor ihm.

In "The Batman" hat der Titelheld (Robert Pattinson) mindestens so sehr mit sich selbst zu kämpfen
In "The Batman" hat der Titelheld (Robert Pattinson) mindestens so sehr mit sich selbst zu kämpfen

„Am dunkelsten ist die Nacht vor der Dämmerung“, wusste Harvey „Two-Face“ Dent (Aaron Eckhart, 53) schon in Christopher Nolans (51) Vorzeige-Batman „The Dark Knight“. Genau zu dieser finsteren Zeit des Tages spuckt uns Regisseur Matt Reeves (55) nun mit seinem „The Batman“ (Kinostart: 3. März) aus. Einzig, in seinem düsteren, eindringlichen und gut drei Stunden langen Neo-Noir sieht zunächst wenig nach Hoffnung aus. Dafür sorgen ein starker, weil psychisch zerbrechlicher Robert Pattinson (35) als Antiheld, ein sogar noch besserer Paul Dano (37) als Schurke und Zoë Kravitz (33) als grazile „Chat fatale“.

„Ich bin Vergeltung“ – darum geht es

Seit zwei Jahren schon durchstreift eine Fledermaus die dunkelsten Gassen Gothams, um für Recht und Ordnung in der scheinbar von Grund auf korrupten Stadt zu sorgen. Doch auch ein milliardenschwerer Superheld wie Bruce Wayne kann nicht an mehreren Orten gleichzeitig sein. Und an die größte Mafia-Familie von Carmine Falcone (John Turturro, 65) gibt es selbst für ihn kein Herankommen. So wird sein Kampf gegen das Verbrechen zunehmend zum frustrierenden Strohfeuer für den Recken, der sich selbst als „Vergeltung“ bezeichnet.

Doch dann erscheint ein mysteriöser Killer namens Riddler (Dano) auf der Bildfläche, der gerne in Rätseln spricht. Der Psychopath hat es vornehmlich auf die Spitzenpolitiker der Stadt und auf die ranghöchsten Polizeibeamten abgesehen. An den stetig blutigeren Tatorten hinterlässt er Briefe, die an Batman adressiert sind. Mit jedem weiteren Opfer muss Bruce Wayne nicht nur feststellen, dass ausschließlich auf Commissioner James „Jim“ Gordon (Jeffrey Wright, 56) Verlass zu sein scheint. Er wird sich auch bewusst, dass sein eigenes Schicksal eng mit dem seines Widersachers verknüpft ist.

„Die Spur des Pinguins“

Seit es in Comic-Verfilmungen mindestens um das Schicksal gesamter Galaxien oder gar von Multiversen gehen muss, ist es gar nicht mehr so einfach, zu überraschen. Matt Reeves tut es, indem er die andere Richtung einschlägt und seinen Protagonisten in eine beklemmende, realitätsnahe Kriminalgeschichte in bester Film-Noir-Tradition schmeißt. Statt Humphrey Bogart sinniert Robert Pattinson per Voice-Over über die Verkommenheit seiner Heimatstadt. Nicht „Die Spur des Falken“ sorgt für Tod und Verderben, sondern die des Pinguins (Colin Farrell, 45) und anderer Untergrundbosse – vom Riddler ganz zu schweigen.

Der hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Sünder Gothams auf ganz eigene Weise zur Rechenschaft zu ziehen. Parallelen zu David Finchers (59) Meisterwerk „Sieben“ sind unübersehbar. Wie die beiden Cops, gespielt Brad Pitt (58) und Morgan Freeman (84), hangeln sich auch Batman und Jim Gordon von Tatort zu Tatort, von Gräueltat zu Gräueltat, von Hinweis zu Hinweis. Und wie in „Sieben“ machen sie das entweder bei Nacht, bei Regen – oder beidem. Das mag nicht immer leicht nachvollziehbar oder so raffiniert wie bei Fincher sein. Aber es weiß fast über die gesamte Laufzeit des Films für Spannung zu sorgen.

Und keine Sorge: Auf nervenaufreibende Action-Sequenzen muss dennoch nicht verzichtet werden. Zwar kann „The Batman“ keinen Comic-Bombast à la Marvel bieten. Dafür die vielleicht rasanteste Verfolgungsjagd seit „Brennpunkt Brooklyn“ aka „The French Connection“. Inszenatorisch ist der Film ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Selten war das Hässliche so schön.

Generation Telegram

Dass Reeves nicht davor zurückscheut, schwere Themen in dafür untypische Filmgenres zu stecken, ist seit der „Planet der Affen“-Neuauflage bekannt. Teil zwei der Sci-Fi-Reihe inszenierte er wie einen knallharten Kriegsfilm, Teil drei zeitweise gar wie ein KZ-Drama. Bei „The Batman“ widmet er sich durch die Figur des Riddler dem Thema Radikalisierung, etwa über soziale Netzwerke oder Foren im Netz. Er zeigt, was passiert, wenn die falschen Leute meinen, das Gesetz in die eigene Hand nehmen zu müssen. Zuweilen auf eine Art, die neben „Sieben“ sogar an „Saw“ erinnert. Und er wirft die Frage auf: Ist es überhaupt möglich, abseits der Polizei der Richtige dafür zu sein?

Diese Frage beginnt auch zusehends am Fledermausmann zu nagen. Ein Stück weit verherrlicht jeder Superheldenfilm das Prinzip der Selbstjustiz. So wie beinahe jeder Rachethriller und alle Filme der jüngsten Vergangenheit von Liam Neeson (69). Wie weit heiligt der Zweck wirklich die Mittel? Und was tun, wenn sich das augenscheinlich Gute als so korrumpiert wie die Unterwelt herausstellt? Oder, wie es schon in „Watchmen“ hieß: „Wer überwacht die Wächter?“

Reeves Film schlägt mit diesen fatalistischen Gedankenspielen in dieselbe Kerbe, wie es 2019 der Oscar-prämierte „Joker“ mit Joaquin Phoenix (47) und von Todd Phillips (51) getan hat. Trotz überladenem Finale bekommt „The Batman“ am Ende jedoch die Kurve zu einer hoffnungsvolleren Botschaft.

Harte Schale, unsicherer Kern

Dass dies gelingt, ist Robert Pattinson zu verdanken. Sein Batman-Anzug mag selbst Großkaliber aufhalten. Doch steckt darin ein zutiefst verunsicherter junger Mann, der jederzeit selbst auf die schiefe Bahn geraten könnte. Auch bei seinem Bruce Wayne hängt der tragische Tod der Eltern als Damoklesschwert über der fragilen Psyche. Bisher befanden sich die Fledermausmänner der Kinogeschichte vornehmlich in der vierten Phase der Trauerbewältigung, Depression. Pattinson hingegen steckt noch mitten in der zweiten fest – Wut.

Auf seine Gegner schlägt er stets einmal mehr als notwendig ein. Was dazu führt, dass sich selbst die Geretteten vor ihm fürchten und um Gnade winseln. Auch als Bruce Wayne scheut er das soziale Leben wie der Teufel das Weihwasser und giftet gar Alfred (Andy Serkis, 57) an – also den einzigen Menschen, den er als Familie bezeichnen darf. Manch einem Zuschauer ist das wohl zu „emo“. Speziell, wenn er mit schwarz umrandeten Augen wie Robert Smith (62) von The Cure herumläuft oder „Something In The Way“ von Nirvana dudelt. Vielleicht aber hilft es, sich in diesen Momenten „The Batman“ nicht als „Origin-Story“, sondern als „Coming of Superhelden-Age“-Geschichte vorzustellen.

Beinahe in den Schatten wird Pattinson aber von Paul Dano als Riddler gestellt. Wo Batman noch mit seiner Psyche hadert, ist in der des Schurkens etwas unwiderruflich zerbrochen. Ausgerechnet Milchgesicht Dano spielt den Psychopathen so furchteinflößend, dass sich seine Performance nicht vor jenen von Heath Ledger (1979-2008) oder eben Joaquin Phoenix als Joker verstecken muss. Und für die bekamen bekanntlich beide einen Oscar.

Sehr gut, wenn auch vielleicht nicht Oscar-verdächtig, ist auch Zoë Kravitz‘ Catwoman. Sie bekommt als – für einen Film-Noir so wichtige – „Femme fatale“ nicht nur mehr zu tun als zuletzt Anne Hathaway (39) in „The Dark Knight Rises“. Der Film nimmt sich auch die Zeit, sie mit einer emotionalen Hintergrundgeschichte auszustatten. Genau andersherum verhält es sich mit Oswald Cobblepot alias Pinguin. Nur das Narbengesicht des nicht erkennbaren Colin Farrell zollt von einer interessanten Vergangenheit. Erfahren darf sie der Zuschauer aber nicht. Zumindest noch nicht…

Fazit:

Es stimmt: Die Nacht ist am dunkelsten vor der Dämmerung. Das zeigt die bockstarke Tour de Force, die „The Batman“ geworden ist. Denn am Ende der spannenden, mit drei Stunden aber etwas zu langen Kriminalgeschichte im Film-Noir-Stil geht nicht nur endlich die Sonne über Gotham auf – und mit ihr eine potenziell rosige Zukunft für weitere Teile mit Robert Pattinson. Auch dämmert Bruce Wayne aka Batman seine vielleicht wichtigste Erkenntnis: Nicht Vergeltung ist das, was die meisten Menschen wollen. Sondern Hoffnung.

(stk/spot)

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