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Drücken, aber nicht zu fest: Das HTC U11 im Kurztest

Ein bisher abwechslungsreiches Smartphone-Jahr geht mit dem HTC U11 weiter, aber nach wie vor unentschlossen, wo es hingehen soll. Das neue Flagschiff-Modell ist immerhin hart im Nehmen.

Beim Halten fällt sofort die relativ rutschige Rückseite auf. Foto: Michael Leitner

HTC wird dieses Jahr 20 Jahre alt, doch eigentlich gibt es wenig Grund zum Feiern. Der Smartphone-Pionier hat in den vergangenen Jahren seine Vorreiter-Rolle verloren und musste erhebliche Marktanteile an die Konkurrenz aus China abgeben. Doch nun gibt man mit dem U11 ein neues Lebenszeichen von sich.

Das neue Top-Modell aus Taiwan vereint die besten Eigenschaften der beiden Flaggschiff-Modelle HTC U Ultra und HTC 10 in einem Gerät und will zudem mit einer innovativen Bedienung punkten.

Schwächen beim Drücken

Quetschen statt Drücken heißt die Devise. Das U11 hat in der unteren Hälfte des Rahmens insgesamt acht Drucksensoren verbaut. Drückt man gegen den Metallrahmen, registriert das Smartphone diese Geste. So kann beispielsweise das Smartphone aktiviert, die Kamera gestartet und der Auslöser betätigt werden – jeweils nur durch Drücken des Rahmens.

Im Hands-on funktionierte das relativ gut, allerdings zeigten sich auch Schwächen. So musste ich mehrmals die Druckstufe, aber der eine Eingabe registriert wird, anpassen. Denn ist der Schwellenwert zu niedrig eingestellt, kann das Smartphone bereits beim Anfassen versehentlich aktiviert werden – offenbar ist der Sensor relativ präzise. Leider fällt das Feedback derzeit sehr schwach aus.

Die Technologie erfordert wohl Zeit

Sobald ein Druck registriert wird, vibriert der unter dem Home-Button verbaute Motor kurz. Der Abstand zum Rahmen ist aber dermaßen groß, dass der Benutzer davon recht wenig spürt. Dadurch habe ich oft versehentlich zu lange und zu fest gedrückt, obwohl die Eingabe bereits erkannt wurde. Eine schmerzhafte Angelegenheit, denn der leicht abgerundete Rahmen ist zwar angenehm zum Halten, gibt aber beim Quetschen keinen Millimeter nach und bohrt sich so in die Handfläche.

Nach mehreren Versuchen zeigte sich eine Verbesserung – offenbar erfordert die Technologie etwas Zeit, damit man sich daran gewöhnt. Daher möchte ich ein finales Fazit zum „Quetschen“-Feature auch erst nach einer Weile mit dem Testgerät fällen.

Zu Beginn beschränkt HTC wohl auch bewusst die Funktionen auf kurzes und langes Drücken. Mehrfacheingaben werden vorerst nicht berücksichtigt. Eine bewusste Entscheidung, wie HTCs Smartphone-Chef Chia-Lin Chang in einem Mediengespräch erklärt. Demnach wolle man das Feedback der Kunden sammeln und die Funktionalität dann langsam erweitern. Der Edge Sense dürfte also zu deutlich mehr in der Lage sein.

Fingerabdrücke auf der Rückseite

Beim Halten fällt jedoch sofort die relativ rutschige Rückseite auf. Die als „Liquid Surface“ bezeichnete Oberfläche – mehrschichtiges geformtes Glas auf einem Aluminium-Gehäuse – macht jedoch einen sehr hochwertigen Eindruck in der Hand, spiegelt jedoch sehr stark. Das weiß offenbar selbst HTC und zeigt in einem der offiziellen Pressefotos sogar, wie eine Frau die Rückseite als Schminkspiegel nutzt. Angriff ist wohl die beste Verteidigung, auch in der PR.

Darüber kann man problemlos hinwegsehen, vor allem da der Bildschirm selbst kaum spiegelte. Als ärgerlich empfand ich allerdings, dass binnen kürzester Zeit die Rückseite von deutlich sichtbaren Fingerabdrücken übersät war – auch beim schwarzen Modell. Die Übergänge zwischen Glas- und Aluminium-Oberfläche sowie zum Display sind nahtlos. Lediglich an der Front fällt der relativ breite Rahmen auf, der als leichte Stufe ausgeführt wurde.

Geradezu wuchtig breit

An der Front wird auch deutlich, dass HTC im Vergleich zu anderen Herstellern nach wie vor viel Platz verschenkt. So setzt man weiterhin auf Soft Keys, die neben der Menü-Taste (nur Touch) verbaut wurde. Das 5,5-Zoll-Smartphone (71,4 Prozent Bildschirm-zu-Gehäuse-Verhältnis) liegt zwar gut in der Hand, zur Bedienung musste ich aber des Öfteren umgreifen.

Im Vergleich zu anderen aktuellen Flaggschiff-Modellen, wie Samsungs Galaxy S8 und LGs G6, die auf das länglichere 18(,5):9-Format setzen, wirkt das U11 mit 16:9 geradezu wuchtig breit. Wer aber ohnedies Tippen mit zwei Händen bevorzugt, wird sich darüber freuen.

Das Display machte einen soliden Eindruck, obwohl Helligkeit und Blickwinkelabhängigkeit es wohl nicht mit dem S8 aufnehmen können.

Suche nach der nächsten Evolutionsstufe

Mit dem HTC U11 geht das recht abwechslungsreiche Smartphone-Jahr weiter. Die Hersteller sind weiter auf der Suche nach der nächsten Evolutionsstufe des Smartphones und probieren es mit unterschiedlichen Formaten und Sensoren. HTCs Ansatz ist vielversprechend, wirkt aber ähnlich unentschlossen wie bei der Konkurrenz.

Den Vorteil gegenüber einer einfachen dezidierten Taste, wie sie beispielsweise Sony schon seit Jahren verbaut, konnte mir niemand schlüssig erklären. Zudem hätte man durchaus mehr Mut zeigen und beispielsweise den Home-Button mitsamt Soft Keys entfernen können.

Fazit

Abgesehen vom Fragezeichen hinter der Bedienung macht das U11 aber einen vielversprechenden Eindruck. Die Hardware ist unbestritten hochwertig und auch die ersten Schnappschüsse mit der Kamera sorgen für Vorfreude auf das Testgerät. Und auch mit den variierenden Farben des Gehäuses hat HTC etwas geschaffen, das künftig mehr Blicke auf das HTC-Logo ziehen wird.

Dieser Artikel erschien zuerst auf futurezone.at.

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