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Wenn die Deutschen für ihren Stromverbrauch bezahlt werden

Erst zu Weihnachten haben deutsche Stromverbraucher im Grunde genommen Geld dafür erhalten, Elektrizität in Anspruch zu nehmen. Eine Situation, die nicht selten auftritt, jedoch unbemerkt bleibt.

Windrad vor blauem Himmel und Sonne mit Solarpanelen am Boden
Energie aus Wind und Sonne führt bei Überschussangebot zur Quasi-Bezahlung von Stromverbrauchern. Foto: imago

„Negative Preise“ ist das Schlüsselwort. Über die Weihnachtsfeiertage am 24. und 25. Dezember 2017 sanken die Kosten für viele Stromverbraucher in Deutschland unter null und stellten damit eine Quasi-Bezahlung für die Nutzung von Elektrizität dar. Grund dafür war ganz einfach, dass das Angebot an sauberer, erneuerbarer Energie (primär aus Wind und Sonne gewonnen) laut der New York Times die Nachfrage überstieg.

Über hundert Vorfälle von negativen Strompreisen 2017

Dieses Phänomen ist allerdings nicht selten. Allein 2017 kam es in Deutschland mehr als hundert Mal zu negativen Strompreisen. Dabei können an der Strombörse EPEX-Spotmarkt Tiefpunkte von -83,06 Euro pro Megawattstunde wie am 28. und 29. September 2017 erreicht werden. Rund um Weihnachten bekamen Fabrikbesitzer und andere Großverbraucher so zeitweise über 50 Euro pro Megawattstunde bezahlt. Zum Vergleich: 2017 lag der durchschnittliche Normalpreis für eine Megawattstunde in Deutschland und Österreich bei +34,33 Euro (Quelle Statista; Anm. d. Red.: Grafik kann ohne Mitgliedszugang nur wenige Male aufgerufen werden).

Woher kommen negative Strompreise?

Bereits seit über zwei Jahrzehnten wird in Deutschland in saubere Stromquellen investiert, bisher mehr als 165 Milliarden Euro. Die Folge daraus ist der eher unerwartete Effekt negativer Preise. Zur dafür verantwortlichen niedrigen Nachfrage führen wie am Weihnachtswochenende, aber auch an anderen Feiertagen, unter anderem zu sonniges Wetter und starke Winde, die einen Überfluss an Windenergie liefern. Sind zeitgleich große Fabrikanlagen und Geschäfte geschlossen, pumpen die Kraftwerke mehr Strom ins Netz als Verbraucher tatsächlich benötigen.

Nicht nur Deutschland, auch andere europäische Länder, wie Belgien, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und die Schweiz, haben schon Erfahrungen mit negativen Strompreisen gemacht. Hierzulande tritt ein solches Absinken der New York Times zufolge jedoch häufiger, länger und massiver auf.

Warum sind Angebot und Nachfrage so unausgewogen?

Der größte Nachteil bei der Gewinnung von Solar- und Windenergie liegt in der Abhängigkeit von Sonnenlicht und Winden, die sich natürlich nicht nach den Zeiten des größten Bedarfs richten. Da bisherige Batteriespeicherkapazitäten noch nicht so fortgeschritten sind, die im Überschuss erzeugte Energie aufzunehmen, und ältere Kraftwerke (fossile Energieträger) lange brauchen, ihre Stromerzeugung zu verstärken beziehungsweise zu reduzieren, sind diese nicht in der Lage, maßgeblich auf die veränderte Nachfrage zu reagieren.

Was kann getan werden?

Momentan hinken die technologischen Verbesserungen den Problemen hinterher. Regulative Feinjustierungen könnten in Deutschland der New York Times zufolge allerding den Unterschied ausmachen. Die Bundesrepublik animiere ihre Bürger beispielsweise nicht genug dazu, den eigenen Stromverbrauch bei Überangebot zu erhöhen. Einfache Anreize, wie die Waschmaschine anzustellen, wenn genug und billiger Strom zur Verfügung steht, seien bereits ein Anfang. Auf Unternehmenslevel könne durch solch eine Anleitung noch mehr erreicht werden.

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Profitieren Kunden von negativen Strompreisen?

Im Detail machen die Großhandelskosten für Elektrizität nur etwa ein Fünftel der Stromrechnung eines durchschnittlichen deutschen Haushaltes aus. Der Rest setzt sich aus Steuern, Gebühren für Investitionen in erneuerbare Energien und Netzentgelten zusammen. Das bedeutet, dass Verbraucher nur indirekt bei Stromkosten unter null bezahlt werden. Die Perioden negativer Preise führen lediglich zu niedrigeren Stromrechnungen im Verlauf eines Kalenderjahres.

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