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Plazenta aus dem 3D-Drucker: TU Wien entwickelt Chip-Organe

Lasergesteuerter 3D-Druck ermöglicht die Herstellung einer künstlichen Plazenta auf Bio-Chips. Damit sind die Türen für weitere Forschungen an der Biomembran geöffnet.

Mikro-Plazenta
Mit einem hochauflösenden 3D-Drucker werden mikroskopische Strukturen aus bio-kompatiblem Material hergestellt. Darauf sollen sich Plazenta-Zellen ansiedeln. Foto: TU Wien

Wie kann die echte Plazenta als künstliches Modell nachgebildet werden? Die Forscher der TU Wien entwickelten zu diesem Zweck ein spezielles lasergesteuertes 3D-Druck-Verfahren. Als Material dient ein Hydrogel, das wir auch von Kontaktlinsen kennen. Diese wasserunlöslichen, aber wasserenthaltenden Polymere werden während des „Drucks“ mithilfe von Laserstrahlen ausgehärtet. So werden die gewünschten 3D-Strukturen mikrometergenau abgebildet.

Künstliche Plazentabarriere mit 3D-Druck auf Chip hergestellt

„Nach dem Vorbild der natürlichen Plazenta stellen wir eine Oberfläche mit kleinen, gewundenen Zotten her“, erklärt Prof. Aleksandr Ovsianikov vom Institut für Werkstoffwissenschaften und Werkstofftechnologie der TU Wien. Die hochauflösend gedruckten Hydrogel-Trennwände werden anschließend mit Plazenta-Zellen besiedelt, die eine Oberfläche erzeugen, die der natürlichen Plazenta entspricht.

Weiterhin wollen die Wissenschaftler Organstrukturen auf kompakten Chips nachbilden. Mit der sogenannten Organ-on-a-Chip Technologie können wichtige Aspekte der Organfunktionen unter kontrollierten Bedingungen untersucht werden. Der zweiteilige Chip repräsentiert Mutter und Fötus. Dazwischen erzeugt das lasergesteuerte 3D-Druck-Verfahren die künstliche Plazentamembran als Trennwand.

Weitere Forschungen an der Plazenta möglich

Über die Nabelschnur versorgt die Plazenta das ungeborene Kind während der neun Monate im Bauch der Mutter mit allen notwendigen Nährstoffen. Gleichzeitig versperrt sie denjenigen Substanzen den Weg, die dem Baby schaden könnten. Bisher konnte die Wissenschaftlern aber kaum untersuchen, von was die Durchlässigkeit der Plazenta abhängt. Dank der neuen Errungenschaften kann nun weiter erforscht werden, wie die beteiligten Parameter genau zusammenspielen.

Die neue künstliche Plazenta ermöglicht weitere Schritte in der Forschung über den Glucose-Austausch zwischen Mutter und Kind. Eine Vielzahl an Studien bestätigte bereits Auswirkungen einer Diabeteserkrankung der Mutter auf ihr ungeborenes Kind. Genauso beeinflusst Bluthochdruck den Stofftransport zum Kind im Fetus-Stadium, in dem es schon innere Organe ausgebildet hat. Mit dem Modell sollen wichtige Aspekte des Nährstofftransports von der Mutter zum Fötus gezielt nachvollziehbar werden.

Ein Fortschritt für die Erforschung von Biomembranen

Übergeordnetes Ziel des Plazenta-Modells ist das bessere Verständnis der Biomembran. „Der Transport von Substanzen durch biologische Membranen spielt in verschiedenen Bereichen der Medizin eine wichtige Rolle“, sagt Ovsianikov. Dazu zählen die Blut-Hirn-Schranke, die Nahrungsaufnahme im Magen und natürlich die Plazenta. Erste Tests zeigen, dass sich die künstliche Plazenta am Chip ähnlich wie eine natürliche Plazenta verhält: Die semipermeable Biomembran lässt kleine, aber keine zu großen Moleküle durch.

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Laut Prof. Peter Ertl, der die am Projekt beteiligte Cell-Chip-Forschungsgruppe leitet, soll die Erzeugung von humanen Miniorganen am Chip die Entwicklung patientenspezifischer Therapieansätze ermöglichen. Zunehmend sollen auch Tierversuche ersetzt werden können. Die Vorteile von Chips: Zur Forschung wichtige Parameter wie Druck, Temperatur, Geometrie und Nährstoffversorgung der Miniorgane können präzise kontrolliert werden. Forscher können Veränderungen durch die Zugabe von Medikamenten genau beobachten. Krankheitsverläufe und Heilungsraten können damit in Zukunft besser nachvollzogen werden.

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