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Studie zur Menschheitsgeschichte: Wie die Neandertaler aus dem Westen den Osten bevölkerten

Die Menschheitsgeschichte erlebt dank moderner Forschung immer wieder spannende Handlungswechsel. Eine neue Studie zeigt, wie die Neandertaler aus dem Westen in den Osten kamen.

Männer als Neandertaler verkleidet fahren auf Steinzeit-Mobil.
Sprunghafte Menschheitsgeschichte: So oder so ähnlich kamen die Neandertaler laut einer Studie mit der Zeit vom Westen in den Osten. Foto: imago images / Galoppfoto

Vor rund 40.000 Jahren fanden unsere Vorfahren, die Neandertaler, ein jähes Ende. Zuvor erlebten sie allerdings noch eine durchaus spannende und wechselhafte Populationshistorie. Damit wird die Menschheitsgeschichte erneut um ein Kapitel ergänzt, dass erst durch die moderne Genforschung geschrieben werden konnte.

Menschheitsgeschichte: Neandertaler aus dem Westen ersetzten Artgenossen aus dem Osten

Ein Team aus Forschern rund um Svante Pääbo des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leizpig beschreibt in einer aktuellen Studie des Fachmagazins PNAS, dass die Neandertaler aus Mitteleuropa vor über 80 bis 120.000 Jahren die sibirischen Neandertaler, die im Osten der Erdkugel ansässig waren, ersetzten. Dies wirft ein völlig neues Licht auf die Wanderungen ganzer Populationen, die in der Menschheitsgeschichte stattgefunden haben müssen.

Diese Annahme konnten sie Dank der Sequenzierung des Erbguts einer Neandertalerin in hoher Qualität treffen. Die 60 bis 80.000 Jahre alten Überreste fanden sich zwar in der russischen Tschagyrskaja-Höhle, jedoch zeigt der Vergleich mit bislang bekannten Genomdaten, dass die Neandertalerin enger mit ihresgleichen aus Mitteleuropa verwandt war, als mit den Frühmenschen aus Sibirieren. Dies führte die Forscher zu dem Schluss, dass die Neandertaler aus dem Osten irgendwann von denen aus dem Westen ersetzt worden waren.

Ebenfalls neue Erkenntnise zur Populationsgröße der Neandertaler

Bei einem Vergleich von gleich drei verschiedenen Genomen unterschiedlicher Funde fanden die Forscher heraus, dass die sibirische Neandertaler-Frau stärkere Ähnlichkeiten mit ihren kroatischen Verwandten hatte, als mit denen, deren Überreste sich in der näher gelegenen Denisova-Höhle finden ließen. Außerdem konnten Pääbo und sein Team neue Annahmen über die Größe der Population der wandernden Neandertaler-Stämme treffen.

Die Neandertalerin aus der Tschagyrskaja-Höhle lebte demzufolge mit einer Gruppe von nicht mehr als 60 Artgenossen zusammen. Auch die Überreste des Fundes aus der nahegelegenen Denisova-Höhle erlaubte einen Schluss auf eine ähnliche Gruppengröße. Lediglich die Knochen aus der Vindija-Höhle lieferten die Annahme, dass die Neandertaler, die vor tausenden von Jahren zeitgleich Asien besiedelten, in einer fast doppelt so großen Gemeinschaft von etwa 100 Frühmenschen durch das Land zog.

Nun versuchen die Forscher herauszufinden, ob die geographische Lage der Siedlungen einen Einfluss auf die Populationsgröße der Neandertaler hatten. Andere Fortschritte in der DNA-Forschung offenbarten jüngst, dass die Menschheitsgeschichte gar um einen dritten möglichen Vorfahren reicher sein könnte. Und auch bei der Erforschung des Stammbaums des Menschen spielten die verschiedenen Neandertaler-Populationen eine entscheidende Rolle.

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