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Archäologie: Azteken-Fund enthüllt bislang unbekanntes Netzwerk

Obsidian war ein zentrales Material im Leben der Aztek*innen. Eine neue Studie zeigt, wie weitreichend die Handelsbeziehungen ihres Reiches waren.

Obsidian-Dolch vor einem Farbverlauf
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Die 5 wichtigsten archäologischen Funde aller Zeiten

Jahrtausende menschlicher Kultur bringen auch nach langer Zeit immer wieder erstaunliche Erkenntnisse hervor.Wir zeigen dir die fünf wichtigsten archäologischen Funde aller Zeiten.

Forschende der Tulane University und des Proyecto Templo Mayor in Mexiko haben 788 Obsidian-Artefakte aus dem Templo Mayor in Tenochtitlan analysiert. Ziel war es, die Herkunft des vulkanischen Glases zu bestimmen, das im Alltag und bei religiösen Zeremonien der aztekischen Kultur eine zentrale Rolle spielte. Der Großteil der archäologischen Funde stammt aus der Region Sierra de Pachuca, doch konnte das Team auch Obsidian aus sieben weiteren Regionen nachweisen. Die Analyse erfolgte mithilfe tragbarer Röntgenfluoreszenzgeräte (portable X-ray fluorescence, pXRF), die eine zerstörungsfreie Bestimmung der chemischen Zusammensetzung ermöglichen.

Archäologischer Fund enthüllt Handelsnetz

Obsidian war ein unverzichtbares Material im aztekischen Alltag. Es wurde für Werkzeuge, Waffen und sakrale Gegenstände verwendet. Die Untersuchung ergab, dass insbesondere alltägliche Objekte aus Obsidian unterschiedlichster Herkunft gefertigt wurden – auch aus Regionen jenseits der Grenzen des Aztekischen Reichs. So fand sich etwa Obsidian aus Ucareo, dem Kerngebiet der rivalisierenden Purépecha. Diese archäologischen Funde deuten darauf hin, dass Märkte in der Hauptstadt Tenochtitlan Zugang zu einem weit verzweigten Handelsnetz hatten, das politische Grenzen überschritt.

Das Forschungsteam stellte im Rahmen seiner Studie fest, dass das Reich der Mexica nicht allein auf militärische Eroberung setzte. Vielmehr spielte der überregionale Handel eine zentrale Rolle beim Zugang zu Ressourcen. Die Vielfalt der Fundorte zeigt, wie aktiv der Austausch mit verbündeten wie auch konkurrierenden Regionen war. Viele Obsidian-Werkzeuge gelangten offenbar über offene Märkte in die Stadt und unterlagen keiner zentralen Kontrolle durch den Staat.

Die Verwendung von Obsidian änderte sich im Laufe der Zeit deutlich. In den frühen Phasen der Stadt ab etwa 1375 nach Christus wurden sowohl Alltags- als auch Ritualobjekte aus verschiedenen Obsidianarten hergestellt. Nach der politischen Konsolidierung des Reichs um das Jahr 1430 zeigte sich jedoch eine Vereinheitlichung: Für religiöse Zwecke kam fast ausschließlich der grüne Obsidian aus Pachuca zum Einsatz. Diese Entwicklung lässt auf eine zunehmende Standardisierung und Zentralisierung religiöser Praktiken schließen.

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Ursprünge zurückverfolgen

Besonders begehrt war der grüne Obsidian aus der Sierra de Pachuca – vor allem für rituelle Objekte. Dieser galt als besonders wertvoll, nicht nur wegen seiner Farbe, sondern auch aufgrund seiner symbolischen Verbindung zur mythischen Stadt Tollan. Eliten und rituelle Spezialist*innen verwendeten ihn bevorzugt für sakrale Miniaturwaffen, Schmuckstücke oder Einlagen in Skulpturen. Diese klare Auswahl deutet auf eine gesellschaftliche Unterscheidung zwischen Alltagsgebrauch und religiösem Kontext hin.

„Obwohl die Mexikaner grünen Obsidian bevorzugten, deutet die große Vielfalt an Obsidianarten, vor allem in Form von nicht rituellen Artefakten, darauf hin, dass Obsidianwerkzeuge aus verschiedenen Quellen über den Markt in die Hauptstadt des Reiches gelangten, anstatt direkt in den Ausgrabungen erworben zu werden“, erklärte dazu der Hauptautor Diego Matadamas-Gomora, ein Doktorand am Tulane Department of Anthropology. „Indem wir untersuchen, woher dieses Material stammt, können wir den Warenverkehr in Mesoamerika erforschen.“

Die Untersuchung bietet einen faszinierenden Einblick in die wirtschaftlichen und kulturellen Strukturen der Aztekinnen und Azteken. Sie zeigt, wie eng Handel, Politik und Religion miteinander verflochten waren. Durch die Verbindung archäologischer Funde mit moderner Analysetechnik gelingt es, komplexe Entwicklungen in der Vergangenheit sichtbar zu machen – und bislang unbekannte Netzwerke und Dynamiken eines der bedeutendsten Reiche Mesoamerikas zu entschlüsseln.

Quellen: „Compositional analysis of obsidian artifacts from the Templo Mayor of Tenochtitlan, capital of the Mexica (Aztec) Empire“ (PNAS, 2024); Tulane University

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