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So digital erleben Esten den Alltag

Estland gilt als Vorreiter in Sachen Digitalisierung, besonders im Bereich Verwaltung. Worin wir den Esten online noch nachstehen, erfahrt ihr hier.

Graffiti in Estland
Estland dient vielen Ländern als Vorbild in Sachen digitale Verwaltung. Foto: Pixabay

Das kleine Land im Baltikum setzt Maßstäbe beim E-Government und hat bereits viele Bürgerdienste und öffentliche Angebote ins Internet verlagert. Beim EU-Digitalgipfel am Freitag in Tallinn präsentiert sich ein Land, das stolz ist auf seine Errungenschaften. Eine Auswahl:

E-Voting – Online-Demokratie

Seit 2005 können die Esten online wählen. Beim ersten Anlauf wurden nur knapp zwei Prozent der Stimmen über das Internet abgegeben. Bei der jüngsten Parlamentswahl im März 2015 haben mehr als 30 Prozent aller Wähler ihr Kreuz elektronisch gesetzt – ein Rekord.

Digitales Klassenbuch und Online-Einmaleins

Schulen in Estland sind mit Computern und Internetzugang ausgestattet. Über eine Online-Plattform organisieren fast alle Lehrer, Schüler und Eltern den Schulalltag. Dort können Lehr- und Stundenpläne, Noten, Hausaufgaben und Fehlzeiten abgerufen werden. Bereits im Kindergarten gibt es Robotik-Projekte, Schüler lernen ab der ersten Klasse programmieren.

Gesundheit im Netz und digitale Rezepte

Die Gesundheitsdaten der Bevölkerung sind in einem Patientenportal vereint. Dort werden personenbezogen alle Daten wie etwa Arztbesuche, Röntgenbilder, Diagnosen und verschriebene Medikamente gespeichert – von der Geburt bis zum Tod. Ärzte und Krankenhäuser können mit Erlaubnis des Patienten online auf die Akten zugreifen. Auch können sie digitale Rezepte ausstellen, die Apotheker abrufen können.

E-Ausweis und Online-Signatur

Nahezu alle Esten besitzen eine computerlesbare ID-Karte, die als Personalausweis dient und im Internet die Feststellung der Identität ermöglicht. Damit können auch digitale Unterschriften geleistet werden, die in Estland rechtlich der normalen Unterschrift gleichgestellt sind. Auch ein kürzlich entdecktes mögliches Sicherheitsrisiko bei der ID-Karte minderte das Vertrauen in der Bevölkerung Umfragen zufolge nicht.

Steuererklärung via Internet

Für seine Steuererklärung greift kaum ein Este mehr zu Stift und Papierformular – 2016 gaben 96 Prozent diese online ab. Ein Klick öffnet ein Internetportal der Steuerbehörde mit geschütztem Zugang. Die Online-Erklärung dauert nur wenige Minuten.

Digitale Regierung

Die estnische Regierung erledigt ihre Amtsgeschäfte komplett papierlos. Anstatt mit Aktenmappen unterm Arm kommen Minister mit Laptops oder Tablets zu den Kabinettssitzungen. Offizielle Dokumente werden in der Regel digital signiert – einen Kugelschreiber benötigen Minister meist nur bei Zeremonien.

Firma gründen am Rechner

Jeder Unternehmer kann am eigenen Computer ohne aufwendigen Papierkram eine Firma gründen. Dies dauert durchschnittlich nur noch eine halbe Stunde – die Rekordzeit liegt bei 18 Minuten und drei Sekunden. Auch Jahresberichte, Registerauszüge oder Grundbucheinträge lassen sich online erledigen.

Online-Rechtsprechung

Prozessbeteiligte können über eine spezielle Datenbank online auf die Gerichtsunterlagen laufender Verfahren zugreifen. Gerichte können Angeklagte und Zeugen auch über soziale Netzwerke vorladen.

Elektronische Polizei

Bei Fahrzeugkontrollen braucht die estnische Polizei nicht mehr nach Führerschein und Fahrzeugpapieren zu fragen. Die Beamten können im Streifenwagen über das Internet auf Vorstrafen, Versicherungen und Informationen zum Fahrzeughalter und Fahrer zugreifen.

Bargeld war gestern

Auch ihre Bankgeschäfte erledigen die Esten am liebsten online – 98 Prozent aller Transaktionen werden über das Internet getätigt. Parktickets werden über SMS gekauft und Fahrscheine für Bus und Bahn mit dem Mobiltelefon bezahlt.

Der virtuelle Bürger

Mit einer „E-Residency“ können auch Ausländer die Angebote des digitalen Estlands nutzen. Sie erlaubt Investoren und Unternehmen fast alles über das Internet zu regeln und ortsunabhängig zu arbeiten. Prominenteste estnische E-Bürgerin dürfte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sein, die bei ihrem Besuch in der Hauptstadt Tallinn im August 2016 eine ID-Karte erhielt.

Selbst Landwirtschaft ist digital

Einige Landwirte bewirtschaften ihre Felder elektronisch. Auf ihren Computern, Smartphones und Tablets sind Programme zur Wetterbeobachtung, Überwachung des Düngemitteleinsatzes oder Analyse von Pflanzenkrankheiten installiert. Auch das Leben vieler estnischer Kühe ist bereits computergesteuert: Täglich werden sie mit Hilfe von Robotern individuell gefüttert und gemolken.

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