Schon kleine Bedienfehler oder unpassende Einstellungen können aus einem effizienten System einen stillen Stromfresser machen. Das zeigt nicht nur die Erfahrung aus der Praxis, sondern auch Europas bislang größte Wärmepumpen-Studie, durchgeführt von der ETH Zürich. Dr. Jan Ossenbrink, Gründer des Start-ups Vamo, bringt es auf den Punkt: „Die Leute möchten aber sicher nicht nur, dass die Wärmepumpe läuft, sondern dass sie möglichst effizient läuft. Das haben die Wenigsten im Blick.“ Wer diese Effizienz verschenkt, zahlt drauf – Tag für Tag.
Wärmepumpe: Kleiner Dreh, große Wirkung
Die Heizkurve regelt, wie warm das Wasser wird, das in die Heizkörper fließt. Viele Wärmepumpen sind ab Werk zu hoch eingestellt. „Wenn Niveau und Steigung der Heizkurve zu hoch eingestellt sind, ist die Vorlauftemperatur höher, als sie sein müsste“, sagt Ossenbrink. „Das kostet unnötig Strom.“
Was das konkret bedeutet, zeigt die im Fachjournal Nature Communications veröffentlichte ETH-Studie: Eine Absenkung der Heizkurve um nur ein Grad Celsius spart im Schnitt 2,61 Prozent Strom – bei gleichbleibendem Wärmeempfinden. Das lässt sich leicht per Fernwartung umsetzen. Ossenbrink erklärt: „Per Fernwartung stellen wir die beiden Parameter der Heizkurve, Niveau und Neigung schrittweise so ein, dass die Wohlfühltemperatur während der Heizperiode bei minimalem Stromverbrauch erreicht wird.“
Wichtig: Während dieser Anpassung sollten die Thermostate voll aufgedreht sein, um Messfehler zu vermeiden. Ist es zu kalt, wird das Niveau leicht erhöht – oder nur die Neigung, wenn es nur an sehr kalten Tagen zu kalt wird. Einmal optimal eingestellt, muss nichts mehr geändert werden.
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Nachtabsenkung: Gut gemeint, aber teuer
Viele Haushalte senken nachts die Temperatur ab – eine Gewohnheit aus der Zeit fossiler Heizungen. Bei Wärmepumpen aber ist das kontraproduktiv.
„Während bei fossilen Heizsystemen eine Nachtabsenkung sinnvoll ist, kann sie bei Wärmepumpen zu höheren Stromkosten führen“, erklärt Ossenbrink. Der Grund: Die morgendliche Wiederaufheizung – insbesondere des Brauchwassers – zwingt die Pumpe zu Höchstleistung. Oft springt die stromintensive Zusatzheizung an. „Diese und noch viel mehr Betriebswerte können wir über die Fernwartung einsehen und proaktiv gegensteuern, falls beim automatischen Monitoring ein Wert den Normbereich verlässt.“
Das Fazit: Durchgängiger Betrieb ist effizienter als starke Temperaturschwankungen.
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Überdimensionierung vermeiden
Nicht nur Fehlbedienung, auch überholte Annahmen kosten Effizienz. Etwa die Idee, bei der Wärmepumpe lieber eine Nummer größer zu wählen. „Wenn man das Haus hinter der Wärmepumpe nicht mehr erkennt, dann ist sie eindeutig zu groß“, scherzt Ossenbrink. Denn ein zu großes Gerät schaltet ständig ein und aus – das sogenannte Takten. Vergleichbar mit Stop-and-Go-Verkehr führt das zu höherem Verschleiß, Ineffizienz und verkürzter Lebensdauer.
„Wir sehen Systeme, bei denen der Kompressor bereits nach wenigen Betriebsjahren den Geist aufgegeben hat. Das tut zum einen den Kunden weh, weil sie sich quasi direkt wieder eine neue Wärmepumpe kaufen müssen. Es schadet aber auch dem Ansehen der Technologie an sich, weil es das Klischee verfestigt, dass die Wärmepumpe eine kürzere Lebensdauer habe als Öl- und Gasheizungen.“
Dr. Jan Ossenbrink
Die ETH-Studie bestätigt: Etwa 10 Prozent der untersuchten Anlagen waren überdimensioniert – mit all den damit verbundenen Nachteilen für Effizienz und Lebensdauer. Ein sauberer hydraulischer Abgleich und eine maßgeschneiderte Planung helfen, dieses Problem zu vermeiden.
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Frühzeitig gegensteuern
Wärmepumpen sind robust, senden aber Signale bei Problemen: ungewöhnliche Geräusche, kalte Räume, stark gestiegener Stromverbrauch. Dann gilt: nicht selbst experimentieren, sondern Fachleute kontaktieren.
Eine einfache Regel für alle Fälle gibt es nicht. „Jedes Haus verfügt über eine eigene Gebäudephysik und jeder Heizkreis ist anders“, erläutert der Vamo-CEO. „Aber über unsere Fernwartung sehen wir alle relevanten Daten. Die prognostizierte Gesamtbetriebsdauer der Wärmepumpe, denn diese ergibt sich u. a. aus der Anzahl der Takte, können unsere Kunden schon bald über unsere App einsehen.“
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Der Sommer ruft nach Fernwartung und Heizungstausch
Die größten Denkfehler passieren oft schon bei der Entscheidung. Etwa, dass das Haus perfekt gedämmt oder zwingend eine Fußbodenheizung nötig sei. „In 80 Prozent der Bestandsgebäude würde sich eine Wärmepumpe ohne weitere Baumaßnahmen lohnen“, so Ossenbrink.
E.ON-Expertin Claudia Häpp ergänzt: „Bei einer Wärmepumpe kann eine begleitende Sanierung die jährlichen Betriebskosten um bis zu zwei Drittel senken.“ Beispiel: Ein unsaniertes Einfamilienhaus in Essen verursache rund 3.035 Euro Stromkosten pro Jahr – nach Dämmung und Fenstertausch nur noch etwa 1.138 Euro.
Für den Austausch empfiehlt sich ein Termin im Sommer: ohne Heizbedarf, mit mehr Planbarkeit und verfügbareren Fachkräften. Auch die Fernwartung kann dann optimal justiert werden – rechtzeitig vor Beginn der Heizsaison.
Quellen: Interview; „Estimation of energy efficiency of heat pumps in residential buildings using real operation data“ (Nature Communications, 2025); E.ON
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