Ab 2027 wird der Straßenverkehr in ein neues europäisches Emissionshandelssystem (ETS 2) aufgenommen. Das bedeutet, dass nicht mehr der Staat einen festen Preis vorgibt, sondern sich der CO₂-Preis am Markt bildet – und dort rechnen Fachleute unter anderem mit stark anziehenden Spritpreisen.
Spritpreise: Bald kann es für Verbrenner teuer werden
Der Hintergrund: Die EU will den CO₂-Ausstoß im Verkehr stark senken. Damit das klappt, sollen Spritpreise steigen und Tanken teurer werden – und zwar genau dort, wo viele Emissionen entstehen. Der steigende Preis ist also ein bewusst eingesetztes Mittel, um den Umstieg auf klimafreundlichere Alternativen wie E-Autos oder den ÖPNV attraktiver zu machen. Autofahrer*innen spüren das künftig direkt an der Zapfsäule – spätestens ab 2027.
Denn Expert*innen zufolge sind durch ETS 2 Kosten deutlich über 100 Euro pro Tonne CO₂ denkbar – aktuell liegen diese bei 55 Euro. Für alle, die kein E-Auto besitzen, bedeutet das eine spürbare Verteuerung: Da bei der Verbrennung eines Liters Diesel Michelin zufolge beispielsweise etwa 2,68 Kilogramm CO₂ entstehen, könnten allein durch den CO₂-Preis 20 bis 50 Cent pro Liter zusätzlich fällig werden.
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Deutlich höherer Anstieg möglich
Dramatischer bewertete Achim Wambach, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, die Situation in der Wirtschaftswoche: Seiner Prognose zufolge könnte der CO₂-Preis je Tonne auf 200 Euro steigen – was einen Zuschlag von rund 60 Cent pro Liter Benzin und Diesel bedeuten würde.
Berechnungen des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC zufolge sind sogar noch höhere Preise möglich: Sollte die Nachfrage nach fossilen Energieträgern wie Diesel, Benzin, Gas oder Heizöl nach 2027 weiter zunehmen, könnten die Kosten je Tonne CO₂ Fachleuten zufolge sogar die 300-Euro-Marke erreichen.
Klar ist laut Industrie- und Handelskammer Karlsruhe, dass die genaue Preisentwicklung im Rahmen von ETS 2 bisher nicht absehbar ist: Eine Untersuchung der Friedrich-Ebert-Stiftung, die sich mit unterschiedlichen Simulationsrechnungen dazu befasst, zeigt demnach eine erhebliche Unklarheit in Bezug auf die künftigen CO₂-Kosten. Die prognostizierten Preisspannen reichen dabei von 60 bis 380 Euro je Tonne, wobei zahlreiche Szenarien auf einen Anstieg auf über 100 Euro hindeuten. Entscheidend für die Preisgestaltung ist vor allem, wie weitreichend zusätzliche Maßnahmen zum Klimaschutz umgesetzt werden.
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Auch Heizen wird zum Problem
Aber nicht nur die Spritpreise drohen zu explodieren. Heizen dürfte viele in Zukunft stark finanziell belasten – und das ohne Vorwissen. Laut einer aktuellen Umfrage des Clean-Energy-Unternehmens Aira (via Wirtschaftswoche) schätzen derzeit nur fünf Prozent der Befragten die möglichen Mehrkosten für ein Einfamilienhaus mit Gasheizung realistisch ein. Die Umfrage kalkuliert mit einem CO2-Preis zwischen 200 und 300 Euro pro Tonne im Jahr 2030. Die Mehrheit der Befragten rechnet mit deutlich geringeren Belastungen oder traut sich keine Einschätzung zu.
Besonders betroffen sind Haushalte, die noch auf Gas oder Öl angewiesen sind. Hier könnten zusätzliche Kosten von bis zu 1.400 Euro jährlich anfallen. Gleichzeitig zeigen viele Befragte grundsätzlich den Willen, etwas zu verändern. Ein Drittel fühlt sich jedoch machtlos – sei es aus finanziellen Gründen oder weil sie zur Miete wohnen.
Wambach und andere Ökonom*innen sprechen sich deshalb inzwischen für eine vorsichtigere Erhöhung des CO2-Preises aus. Sie warnen davor, dass zu starke Belastungen den Rückhalt für Klimaschutz in der Bevölkerung gefährden könnten. Ohne soziale Ausgleichsmodelle könnte das gesamte System ins Wanken geraten.
Quellen: Michelin, Wirtschaftswoche
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