Wer viel im Auto unterwegs ist, sollte sich auf der Straße bald genauer umschauen. Eine wichtige Änderung wurde beschlossen. Mit der neuen Straßenverkehr-Fernlenk-Verordnung (StVFernLV) schafft das Bundesverkehrsministerium erstmals einen gesetzlichen Rahmen für ferngelenkte Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr. Dabei übernimmt eine Person die Steuerung eines Fahrzeugs von einem externen Leitstand aus – ganz ohne vor Ort im Fahrzeug zu sitzen.
Auto: Neue Verordnung bringt Carsharing und Robotertaxis auf die Straße
Ab dem 1. Dezember 2025 dürfen Autos in Deutschland im Rahmen einer fünfjährigen Erprobungsphase ferngesteuert werden, wie es in einer Pressemitteilung des Bundesministeriums für Verkehr heißt. Damit wird „teleoperiertes Fahren künftig rechtssicher möglich“. Ziel ist es, Innovationen im Bereich Mobilität zu ermöglichen, ohne dabei Sicherheitsaspekte aus dem Blick zu verlieren. Laut dem Parlamentarischen Staatssekretär Christian Hirte legt die Verordnung den Grundstein für eine dauerhafte gesetzliche Regelung und eröffnet neue Spielräume – nicht nur für die Autoindustrie, sondern auch für Städte, Logistiker*innen und Mobilitätsdienste.
Ein möglicher Anwendungsfall ist die Fernsteuerung autonomer Fahrzeuge in schwierigen Verkehrssituationen. Sollte die Technik an ihre Grenzen stoßen, kann eine fernlenkende Person aus der Ferne übernehmen. So entsteht eine hybride Lösung aus Autopilot und menschlicher Kontrolle.
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Mehr Effizienz für Carsharing und Logistik
Gerade im Carsharing erlauben teleoperierte Fahrzeuge neue Maßstäbe. Nach der Nutzung könnten sie automatisch zur nächsten Kundin oder zum nächsten Kunden fahren, ohne dass jemand eingreifen muss. Auch für Robotertaxis ohne Fahrpersonal ergeben sich laut Ministerium flexible Einsatzmöglichkeiten – etwa in ländlichen Regionen oder nachts.
Kommunen könnten ferngesteuerte Autos zudem in ihren Nahverkehr integrieren, um bestehende Angebote zu ergänzen oder Versorgungslücken zu schließen. Ebenso denkbar sind Anwendungen im Bereich der Logistik: Fernlenk-Technik könnte helfen, Güter effizienter zu transportieren und die Auslastung von Fahrzeugen zu erhöhen.
Ob und wie sich diese Konzepte durchsetzen, hängt auch vom Verlauf der Testphase ab – rechtlich steht dem Experiment jedoch nichts mehr im Weg.
Was bedeutet das für andere Verkehrsteilnehmende?
Teleoperiertes Fahren bringt naturgemäß zusätzliche Gefahrenquellen mit sich, insbesondere Verzögerungen bei der Signalübertragung, mögliche Funk- oder Netzausfälle, ein eingeschränktes Situationsbewusstsein des entfernten Fahrers und Cyberangriffe auf die Leitstelle.
Die neue Straßenverkehr-Fernlenk-Verordnung setzt dem aber enge Grenzen: Fahrzeuge dürfen maximal 80 Kilometer pro Stunde (km/h) fahren und müssen ihre Geschwindigkeit bei steigender Latenz automatisch reduzieren, während ein Totalverlust der Verbindung sie in einen risikominimalen Stillstand zwingt. Zugelassen werden nur Leitstände mit mehrfach redundanten Kommunikationswegen, einem durchdachten IT-Sicherheitskonzept und umfassend geschulten Teleoperatoren, die ihrerseits überwacht werden.
Schwere Unfälle mit teleoperierten Autos im öffentlichen Straßenraum sind bislang nicht dokumentiert; das Restrisiko verschiebt sich vom menschlichen Fahrfehler vor Ort hin zu Technologie- und Netzfehlern, die jedoch durch die Verordnung adressiert und durch redundante Systeme beherrschbar gemacht werden. Insgesamt ist das Gefahrenpotenzial für andere Verkehrsteilnehmer daher nicht höher als bei herkömmlichem Fahren im selben Geschwindigkeitsbereich, solange die vorgeschriebenen betrieblichen und technischen Vorkehrungen konsequent eingehalten werden.
Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bundesgesetzblatt
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