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Nest-Cams im Test: Die fast perfekte Überwachung für zuhause

Im Test überzeugte die Hardware der Cams, jedoch ist der volle Funktionsumfang nur mit einem Nest-Abo nutzbar – für einen hohen monatlichen Grundpreis.

Nest Cams: Hardware gut
Nest Cams: Hardware gut

Wenn die Tage merklich kürzer werden, haben Kriminelle wieder mehr Zeit in Häuser und Wohnungen einzubrechen – so heißt es zumindest jedes Jahr. Wer sein subjektives Sicherheitsgefühl verbessern will, kann sich eine vernetzte Überwachungskamera anschaffen. Zumindest für die Zeit nach einem Einbruch soll ja ein solches Gerät dazu beitragen können, den Kriminalfall aufzuklären.

Was vor ein paar Jahren noch eine aufwändige Installation samt umfangreicher Speziallösungen bedurfte, gibt es mittlerweile out of the box. Das zu Googles Mutter Alphabet gehörende Unternehmen Nest bietet etwa vernetzte Überwachungskameras mit zahlreichen smarten Features an. Die futurezone hat getestet

Die Kameras im Überblick

Von Nest zur Verfügung gestellt wurden mir die Nest Cam Indoor und die Nest Cam Outdoor. Beide zeichnen mit einer HD-Auflösung von 1920 x 1080 Pixeln und 30 Bilder pro Sekunde auf, scannen die Umgebung auf Geräusche, bieten einen Nachtsichtmodus und versenden Benachrichtigungen, wenn sie etwas Verdächtiges entdecken. Der Erfassungswinkel der beiden Kameras beträgt 130 Grad.

Die Inbetriebnahme der beiden Kameras ist denkbar einfach und funktionierte auf Anhieb. Zuerst muss ein Nest-Account erstellt werden. Dieser wird nicht mit dem Google-Account verknüpft. Ist die Step-by-Step-Anleitung in der Nest-App durchgespielt und die WLAN-Verbindung (Outdoor: 802.11 b/g/n, 2,4 GHz; Indoor: 802.11 a/b/g/n, 2,4 GHz oder 5 GHz) mit den Kameras hergestellt, sind die beiden Gadgets bereits einsatzbereit. Auch die Montagemöglichkeiten sind flexibel und gut durchdacht. Die Indoor-Kamera kann magnetisch angebracht werden und lässt sich in alle möglichen Richtungen drehen; ähnlich bei der Outdoor-Kamera. Passende Schrauben und extralanges Kabel (7,5 Meter) sind im Lieferumfang enthalten.

Verwaltung der Cams

Bedient werden die Kameras per Smartphone- beziehungsweise Tablet-App oder im Browser am Desktop. Zentral dabei ist die Home/Away-Einstellung. Die automatische Home/Away-Erkennung, greift auf das GPS des Smartphones zurück und erkennt, wenn man die Wohnung verlässt beziehungsweise wieder zurückkommt. Je nachdem werden die jeweiligen Kamera dann aus- oder eingeschalten.

Alternativ dazu kann man auch manuell eingeben, ob man zuhause ist oder unterwegs. In der Praxis ist es unabkömmlich diese Funktion zu nutzen. Andernfalls bekommt man jedes Mal eine Notification wenn man durch den videoüberwachten Flur geht.

Einbindung in die Cloud

Sind die Kameras scharf geschalten, halten sie durchwegs Ausschau ob sich etwas bewegt. Entdecken sie eine verdächtige Aktivität, lassen sie es den Nutzer per Smartphone-Benachrichtigung und Mail wissen. Klickt man auf die Notification, kommt man automatisch zur Videoaufzeichnung wo das Verdächtige zu sehen ist.

Dafür legen die Nest-Kameras ihre Aufnahmen auf einem zentralen Nest-Cloud-Speicher ab, auf den man selbstverständlich von überall aus per Internetverbindung zugreifen kann. In der Nutzerverwaltung lassen sich auch andere Nest-Nutzer mit entsprechenden Berechtigungen ausstatten, um Notifications zu erhalten und die aufgezeichneten Videos anzusehen. Sowohl im Livestream als auch in den aufgezeichneten Videos kann hineingezoomt werden.

Die Nest Cams lassen sich etwa auch mit den vernetzten Philips Hue Leuchten verbinden. Auf diese Weis ist es möglich, dass die Philips-Leuchten warnend rot zu blinken beginnen, wenn die Nest-Kameras etwas Verdächtiges entdeckt haben. Außerdem lassen sich die vernetzten Kameras auch per Alexa und Google Home steuern und mithilfe von IFTTT erweitern.

Kameras melden sich per Push-Benachrichtigung

Die Benachrichtigungen funktionieren einwandfrei und zeitnah. Maximal ein bis drei Sekunden nachdem sich im Sichtfeld der Kamera etwas bewegt, bekommt man am Handy eine entsprechende Benachrichtigung angezeigt. Bei der Outdoor-Kamera kann es vorkommen, dass Sträucher oder Bäume, die durch den Wind bewegt werden, eine Warnung triggern. Ebenso ist es bei mir vorgekommen, dass Regentropfen, die über das Gehäuse der Kamera rinnen, eine Notification ausgelöst haben. Das Positive daran: Die Außenkamera dürfte tatsächlich komplett regenwassergeschützt sein (IP65), da ihr gleich mehrere Tage im strömenden Regen nichts anhaben konnte. Etwaige Schlieren oder Wasserflecken im Sichtfeld der Kamera sind im Testzeitraum nicht aufgetreten.

Ohne Nest-Abo nur eingeschränkt nutzbar

Bei den Benachrichtigungen und der Videoaufzeichnungen trennt sich nun allerdings die Spreu vom Weizen. Denn wer kein Nest Aware-Abo abschließt, muss sich mit einem deutlich eingeschränkten Funktionsumfang zufrieden geben. Je nach Abo haben Nest-Nutzer Zugriff auf einen 10- beziehungsweise 30-Tages-Videoverlauf. Abo-Kunden können darüber hinaus per integriertem Video-Editor ganz einfach Clips und Zeitraffer-Videos aus den vergangenen zehn beziehungsweise 30 Tagen erstellen und exportieren.

Ohne monatlich für die Kamera-Nutzung zu bezahlen, werden die Aufnahmen der letzten drei Stunden aufgezeichnet. Und beim „Zurückschauen“ werden nur Screenshots der Ereignisse als Bilder gespeichert – ein aufgezeichnetes Video anzusehen ist ohne Abo nicht möglich. Festzuhalten ist außerdem, dass es nicht möglich ist die Aufzeichnungen der Nest-Kameras lokal oder auf einer anderen bzw. der eigenen Cloud zu speichern.

Leider lassen diese Screenshots meist zu wünschen übrig und helfen bei der Aufklärung eines möglichen Einbruchs nur im Glücksfall. Denn wenn ein Einbrecher mit dem Rücken zuerst in das Sichtfeld der Kamera tritt, wird im vorhandenen Screenshot sein Gesicht nicht zu sehen bekommen.

Gegenüber den Gratis-Nutzern erhalten Abo-Kunden außerdem intelligentere Warnungen. Während es ohne Abo bei den Benachrichtigungen lediglich heißt „Deine Kamera hat eine Aktivität erkannt“, können Abo-Kunden so genannte Personenwarnungen aktivieren. Dann versenden die Kameras neben der Standard-Notification zwei weitere Arten von Benachrichtigungen: „Deine Kamera hat eine Person entdeckt“ und „Deine Kamera hat offenbar eine Person entdeckt“.

Nest-Abo zu teuer

Die absolute Spaßbremse bei den Nest-Kameras sind die Preise für das Nest Aware Abo: Für die erste Kamera werden für den 10-Tages-Videoverlauf zehn Euro im Monat oder 100 Euro im Jahr fällig, für den 30-Tages-Videoverlauf 30 Euro im Monat bzw. 300 Euro im Jahr. Für die zweite, dritte oder vierte Kamera kostet das Abo dann fünf Euro monatlich (50 Euro im Jahr) bzw. 25 Euro (250 Euro im Jahr). Wer also vier Kameras betreiben will, muss mit jährlichen Kosten in der Höhe von 250 Euro für das günstigere Abo bzw. 1050 Euro für den 30-Tages-Videoverlauf einkalkulieren.

Ein weiterer Spaßverderber ist die Tatsache, dass die Kameras nicht mithilfe eines Akkus betrieben werden können und auf eine permanente Internetverbindung angewiesen sind. Werden sie vom Strom oder vom Internet getrennt, bekommt man zwar eine Benachrichtigung, dass die jeweilige Kamera nun offline ist, zu verwenden ist sie dann aber nicht mehr. Kappt ein gefinkelter Einbrecher die Stromversorgung einer Wohnung bevor er sie betritt, wird ihn eine Nest-Kamera bestimmt nicht aufzeichnen. Fährt man etwa in den Urlaub und will in der Zeit sein Heim videoüberwachen, muss also sicherstellen, dass nicht unabsichtlich der Strom abgestellt wird oder die Verbindung zum Router gekappt wird.

Mikrofon und Nachtmodus

Bei beiden Kameras gibt es die Möglichkeit den Nachtsichtmodus automatisch oder manuell zu aktivieren. Die Videoqualität bei aktiviertem Nachtmodus lässt etwas zu wünschen übrig, vor allem wenn es darum gehen soll, Gesichter zu erkennen.

Wer einen Einbrecher aus der Ferne vertreiben will, oder etwa dem Paketzusteller etwas mitteilen will, kann das mithilfe der Nest-Kameras machen. Denn die beiden Modelle haben sowohl Lautsprecher als auch Mikrofon integriert. Für die Fernsprechfunktion wird ganz einfach die Smartphone-App verwendet.

Indoor-Kamera erkennt Gesichter

Obwohl sie nicht getestet werden konnte, soll die Nest Cam IQ indoor nicht unerwähnt bleiben. Bis auf das Gesichtserkennungsfeature ist der Funktionsumfang der leistungsstärksten Überwachungskamera von Nest derselbe wie bei den getesteten Modellen. Die Cam IQ indoor nimmt die Bilder außerdem in 4K-Qualität auf.

Fazit: Hardware gut, Software zu teuer

Die Nest Cam Indoor (199 Euro) und die Nest Cam Outdoor (229 Euro) sind einwandfreie Geräte, die ihre Aufgaben nahezu perfekt absolvieren – lediglich der Nachtsichtmodus könnte besser sein. Die Benachrichtigungen funktionieren tadellos und werden ohne nennenswerte Verzögerung angezeigt. Auch Inbetriebnahme, Montage, Verwaltung und Benutzung der Kameras sowie der dazugehörigen App oder Desktop-Browser-Anwendung lassen kaum Kritikpunkte offen.

Der Umfang der Funktionen lässt jedoch zu wünschen übrig. So bietet die Konkurrenz wie Netgear, D-Link, oder Netatmo ähnliche Kameras, die mit wesentlich mehr Funktionsmöglichkeiten aufwarten können. Darüber hinaus gibt es auch vernetzte Kameras, die ohne monatliche Kosten auskommen. Vor dem Kauf smarter Überwachungskameras sollte man sich auf jeden Fall erkundigen, ob die Geräte zumindest für kurze Zeit auch ohne Stromversorgung und Internetverbindung funktionieren.

Am ärgerlichsten ist aber, dass die Kameras ohne Nest Aware Abo, dessen Preis nicht gerade niedrig ist, kaum bis gar nicht zu benutzen sind, da man keinen Zugriff auf den Video-Verlauf hat und diesen auch nicht lokal speichern kann. Leider sind die Nest-Kameras dadurch ohne monatlicher Konto-Abbuchung praktisch unbrauchbar.

Dieser Test erschien zuerst auf futurezone.at.

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