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So schlägt sich das iPhone 3GS im modernen Alltag

Vor über einem Jahrzehnt hat Steve Jobs das erste iPhone vorgestellt. Mit der Zeit kamen immer wieder neue Modelle auf dem Markt und verschwanden wieder von diesem.

iPhone 3GS
Im Test haben wir uns dem iPhone 3GS gestellt und es unter anderem auf seine Tauglichkeit für den heutigen Alltag geprüft. Foto: Gregor Gruber

„Heute wird Apple das Telefon neu erfinden.“ Steve Jobs hatte schon immer ein Faible für Superlative, doch als er am 29. Juni 2007 das iPhone enthüllte, übertrieb er nicht. Zugegeben, andere Hersteller hatten bereits Handys mit Touchscreen, Internet-Browser und Kamera im Angebot, doch das iPhone war anders. In einem mehrjährigen Prozess (nachzulesen in Brian Merchants Buch „The One Device: The Secret History of the iPhone“) wurde jedes noch so kleine Detail des Apple-Smartphones perfektioniert.

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Das iPhone war das erste massentaugliche Smartphone. Es war mit einem Preis von weit über 500 Euro aber für viele unerschwinglich. Auch ich konnte als 17-jähriger Schüler nur davon träumen. Sogar in einer Präsentation für den Informatik-Unterricht nervte ich meine Mitschüler mit meiner Schwärmerei für die Multitouch-Funktionen. Doch das Smartphone selbst konnte ich stets nur im Geschäft oder bei Freunden bewundern – bis heute.

Der erste Rückschlag

Dank des gut sortierten A1-Lagers darf ich 2018 jenen Test nachholen, der mir zehn Jahre zuvor verwehrt geblieben war. „Es ist sogar noch die Folie drauf“, schreibt mir ein A1-Mitarbeiter zuvor per E-Mail, fast genauso begeistert über den Fund wie ich. Leider handelt es sich nicht um das „Ur-iPhone“, sondern um ein iPhone 3GS. Doch optisch und funktional ist im Vergleich zum zwei Jahre vorher veröffentlichten ersten Modell nur wenig anders. „Es ist so winzig“, denke ich mir, als ich das 3,5-Zoll-Smartphone kratzerlos aus der Verpackung nehme.

Ein Satz, den ich in den folgenden Tagen noch von vielen Freunden hören werde – auch von jenen, die es selbst einmal besessen haben. Schon beim Einschalten der erste Rückschlag: Das Betriebssystem lädt nicht, das Smartphone startet aus undefinierbaren Gründen ständig neu. Die ersten Wiederbelebungsversuche mit verschiedenen Ladegeräten und Tastenkombinationen schlagen fehl. Jedes noch so absurd klingende Hausmittel aus Support-Foren wird ausprobiert.

Unfreiwilliger Digital Detox

Nach mehreren Stunden plötzlich ein Hoffnungsschimmer: Es lädt. Der Smartphone-Opa (und dieser Test) waren gerettet. Das 3GS passt perfekt in die Brusttasche des Hemdes. Wenn ich das mit meinem aktuellen Smartphone, dem fast doppelt so großen Huawei Mate 10 Pro, versuche, platzen dabei die Nähte. Doch das kompakte Format hat auch seine Nachteile: Am Morgen taste ich immer wieder panisch meine Taschen ab, weil ich glaube, ich hätte das 135 Gramm leichte Smartphone zu Hause vergessen.

Mit dem iPhone 3GS läuft so ziemlich alles in Zeitlupe ab.
Mit dem iPhone 3GS läuft so ziemlich alles in Zeitlupe ab.
Foto: Gregor Gruber

Der Morgen beginnt mit dem iPhone 3GS aber ansonsten gemächlicher. Während ich mit anderen aktuellen High-End-Smartphones in gefühlt zehn Sekunden Facebook, E-Mails und Nachrichten überprüfe, brauche ich beim iPhone 3GS schon so lange, um das Smartphone zu entsperren.

Das hoffnungslos veraltete Betriebssystem – beim mittlerweile sechs Jahre alten iOS 6 war Schluss – ist unfassbar zäh. Apps benötigen mehrere Sekunden, bis sie geöffnet sind oder Eingaben erkannt werden. Immer wieder verschicke ich Nachrichten mehrfach oder überspringe versehentlich mehrere Titel in einer Playlist, weil die Eingabe erst nach längerer Zeit erkannt wird. Bereits nach einem Tag greife ich deutlich seltener zum Smartphone – unfreiwilliger Digital Detox.

Apps im Retro-Look

In einem Punkt kann die iPhone-Erfahrung der ersten Stunde nicht nachgestellt werden: Das Gerät hat einen App Store. Der App Store wurde ursprünglich erst im Juli 2008 nachgereicht. Apple-Gründer Steve Jobs wehrte sich lange Zeit gegen Apps von Drittherstellern, selbst die Google-Apps für YouTube und Maps wurden zu Beginn von Apple selbst gebaut. Der Zugriff auf den App Store ist mit dem iPhone 3GS zwar möglich, ich bekomme aber ständig Apps präsentiert, die auf dem zu alten Gerät nicht mehr laufen. Einzelne Entwickler bieten immerhin noch alte Versionen der Apps an.

Die alten Apps können einen Hauch von Nostalgie wachrufen.
Die alten Apps können einen Hauch von Nostalgie wachrufen.
Foto: Gregor Gruber

So kann ich sowohl Instagram als auch Tinder und Snapchat im Retro-Look herunterladen. Oft fehlen wichtige Funktionen, wie die Stories bei Instagram, einige Apps funktionieren aber auch überhaupt nicht mehr. Der Facebook Messenger benachrichtigt mich zwar brav über neue Nachrichten, diese lesen oder gar darauf antworten darf ich aber nicht – der Support ist im März abgelaufen. Die alte Twitter-App verzweifelt währenddessen an den neuen 280-Zeichen-Tweets, die Google-App setzt noch auf das zwei Jahre alte Logo und Snapchat lässt kein Log-in auf dem alten Betriebssystem zu.

Sicherheitslücken

Doch so faszinierend der Blick in die App-Vergangenheit sein mag, ihr hohes Alter sorgt für ein gewaltiges Sicherheitsrisiko. Allein seit dem letzten Update (iOS 6.1.6) wurden mehr als 1.000 neue Sicherheitslücken im Betriebssystem entdeckt, die aufgrund des ausgelaufenen Supports nie gestopft werden. Allein das sollte Grund genug sein, ein derart altes Smartphone nicht im Alltag zu verwenden.

Auch bei einem Diebstahl sind die Daten nicht sicher. Man kann zwar einen PIN-Code oder ein Passwort definieren, doch diese lassen sich mit kostenloser Software relativ einfach umgehen. Da hilft auch die Tatsache, dass beim iPhone 3GS erstmals der Speicher verschlüsselt wurde, wenig. Noch gefährdeter sind das erste iPhone und das iPhone 3G, bei denen dieser grundlegende Schutz komplett fehlt.

Kein Spielzeug für Hobby-Fotografen

Ich nutze die Frontkamera meist nur, um neue Snapchat-Filter auszuprobieren. Doch vielen modernen Smartphone-Nutzern dürfte die Selfie-Kamera rasch abgehen. Meine Versuche Selfies mit der Hauptkamera zu machen, schlugen fehl. Die magere Auflösung, der fehlende Blitz und die lahme Software machen jeden Versuch eines Selbstporträts zunichte. Immerhin: Man kann auf dem 3GS Videos in Grieselqualität machen. Fotos sind matschig, unscharf und höchstens für Aufnahmen von (sehr groß geschriebenen) Notizen geeignet.

Die Qualität der Bilder, die man mit dem iPhone 3GS aufnehmen kann, lässt stark zu wünschen übrig.
Die Qualität der Bilder, die man mit dem iPhone 3GS aufnehmen kann, lässt stark zu wünschen übrig.
Foto: Gregor Gruber

Nahezu vergessenes Privileg

Trotz aller Jammerei lässt sich aber auch 2018 erahnen, warum Apples Smartphone-Debüt gefeiert wurde. Es ließ sich bereits so intuitiv bedienen wie das heutige Top-Modell iPhone X. Seien es nun doppeltes Antippen zum Zoomen, die Lupe beim Markieren von Text (bitter notwendig auf dem 3,5 Zoll kleinen Bildschirm) oder das Halten, um Apps zu entfernen – das grundlegende Bedienkonzept hat sich nicht verändert.

Immerhin war das 3GS noch handlich im Vergleich zu heutigen Modellen.
Immerhin war das 3GS noch handlich im Vergleich zu heutigen Modellen.
Foto: Gregor Gruber

Obwohl er im Vergleich zum iPhone X geradezu wuchtige Ränder um den Bildschirm hat, lässt sich der Smartphone-Zwerg bequem mit einer Hand bedienen. Ein Privileg, das man heute nur noch beim iPhone SE genießt.

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Mehr Informationen zum Thema Apple:

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Perfektion statt Frust

Wer sich wegen der neuen iPhone-Riesen wehmütig die alte Generation zurückwünscht, sollte die Nostalgie rasch wieder abschütteln. Denn die neuen iPhones sind nicht nur in puncto Hardware in allen Belangen besser als das Original, auch die Software und Bedienkonzepte wurden in den vergangenen Jahren perfektioniert. Das lahme alte iPhone 3GS sorgt hingegen für Frust und hilft nur dabei, Smartphones auf ewig abzuschwören.

Das iPhone 3GS sorgt nur noch für Frust
Das iPhone 3GS sorgt nur noch für Frust
Foto: Gregor Gruber

Dieser Artikel erschien zuerst bei futurezone.at.

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