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Studie zeigt, wie viele Menschen ihr braucht, um die Gesellschaft zu verändern

Wie viele Menschen müssen an eine Idee glauben, bis sie Wirklichkeit wird? Forscher haben ein Experiment durchgeführt, dass eine Zahl nahelegt.

Frau mit roter Perücke in bunten Luftballons
Zehn bis 50 Prozent – irgendwo dazwischen liegt die Anzahl der Menschen

Es ist das Zeitalter von Troll-Netzwerken, Löschungen von Posts auf Facebook und anderen sozialen Medien und Social Bots, die Präsidentschaftswahlen beeinflussen können. Da mag sich die Frage stellen, was es braucht, um unsere Gesellschaft nachhaltig zu verändern, sowohl zum Positiven als auch zum Negativen. Denn immerhin: Einige gesellschaftliche Perspektiven haben sich tatsächlich entscheidend, wenn auch noch nicht umfassend, gewandelt, etwa die Sichtweise auf Homosexualität oder Geschlechtergerechtigkeit.

Nicht klar ist allerdings, ob es einen bestimmten Umschlagpunkt gab, ab dem sich ein gesellschaftlicher Wandel begonnen hat, einzustellen. Es geht also um eine spezifische Anzahl von Menschen, die es schaffen kann eine Idee zum Mainstream zu machen. Experten gehen von unterschiedlichen Reichweiten aus.

Zehn bis 50 Prozent bis zur Revolution

Beispielsweise das Social Cognitive Networks Academic Research Center (SCNARC) in einer Studie von 2011: Würden sich zehn Prozent der Bevölkerung auf eine Idee festlegen, so die Resultate, sei es unvermeidbar, dass sich zwangsläufig die gesamte Bevölkerung darauf einigen könnte. Andere Studien rechnen eher mit 50 Prozent.

An dieses soziale Phänomen hat nun eine Forschergemeinschaft der University of Pennsylvania und der University of London angeknüpft. In ihrem Online-Experiment meinen sie den wahrscheinlichsten Prozentwert gefunden zu haben. Der liegt genau in der Mitte: bei 25 Prozent. Wie sind sie dabei vorgegangen?

Der eine Name

Zunächst teilten sie die 194 Teilnehmer in zehn Online-Gruppen mit je circa 20 Personen ein. Diese teilten sie jeweils in Zweiergruppen auf. Jedes Team sollte einem Objekt in einem Foto einen Namen geben, beispielsweise einem Gesicht. Dafür sollten sie innerhalb einer bestimmten Zeit per Chat den Namen eingeben.

Gaben zwei Teammitglieder innerhalb der Frist denselben Namen ein, erhielten sie eine finanzielle Belohnung. Schafften sie es nicht, wurden sie finanziell bestraft. Nach jeder Runde fanden sich neue Partner zu Zweiergruppen zusammen und die Namensfindung begann erneut.

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25 Prozent reichen aus

Es brauchte nicht lange, bis sich schließlich jede Online-Gruppe mit ihren 20 bis 30 Teilnehmern auf einen Namen einigen konnte. Dann allerdings schleusten die Forscher „Verbündete“ ein, also Teilnehmer, die über Ablauf, Sinn und Zweck des Experiments Bescheid wussten – und den Auftrag hatten, den in den Gruppen nun etablierten Namen zu ändern.

Das klappte so lange nicht, bis diese wissende Minderheit auf 25 Prozent angewachsen war. Mit dieser Anzahl jedoch konnten die „Verbündeten“ kontinuierlich die etablierten Namen der jeweiligen Gruppen ändern zu dem, den sie wollten. In einigen Fällen war es sogar möglich, die Meinung der Mehrheit dadurch zu brechen, dass nur eine Person zur Minderheit hinzugefügt wurde.

Ermutigend und furcheinflößend

Einer verschworenen Minderheit war es damit gelungen, eine Mehrheit von ihrer Idee zu überzeugen. Die Forscher sind jedoch nicht so realitätsfern anzunehmen, ihr Experiment würde in der Wirklichkeit ebenso einfach gelingen. In der Realität könnten viele weitere Variablen den Erfolg einer Minderheit beeinflussen. Der emotionale Grad, mit dem sich Menschen auf etwas festlegen beispielsweise oder die Länge der Zeit, die die Mehrheit bereits an ihrer Idee festgehalten habe.

Dass 25 Prozent einer Population ausreichen, um einen Status Quo zu ändern, ist ermutigend. Dass sogar eine einzelne Person etwas bewegen kann, ebenso. Dass die 25 Prozent in Zeiten von Social Bots viel, viel schneller erreicht werden kann, ist allerdings auch ein wenig angsteinflößend. Bei der US-Präsidentschaftswahl etwa wurden allein 20 Prozent der Tweets von Bots abgesetzt.

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