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Warum werden Menschen zu Atheisten? Forscher haben die Antwort

Macht Atheismus glücklicher als Religion? Oder warum hören Menschen einfach auf, an einen oder mehrere Götter zu glauben?

"Atheist" in einem Lexikon
Was genau bedeutet "Atheismus" und warum werden Menschen zu Atheisten? © Getty Images/Anthony Bradshaw

In den vergangenen Jahren scheint sich ein regelrechter Atheismus-Trend entwickelt zu haben. Nicht nur wird augenscheinlich immer lautere Kritik an religiösen Institutionen geäußert, sondern auch an Religionen selbst. Abseits des öffentlichen Diskurses lassen sich auch Individuen von dieser Art neuer Aufklärung mitreißen und „konvertieren“ zum Atheismus. Doch woran liegt das?

Die 5 Weltreligionen:
Christentum (ca. 2,3 Mrd. Anhänger:innen)
Islam (ca. 1,8 Mrd. Anhänger:innen)
Hinduismus (ca. 1 Mrd. Anhänger:innen)
Buddhismus (ca. 500 Mio. Anhänger:innen)
Judentum (etwa 14,5 Mio. Anhänger:innen)

Atheismus: Was ist das überhaupt?

Im weitesten Sinne wird Atheismus als das Fehlen oder die Ablehnung jeglichen Glaubens an eine Gottheit definiert. Der Begriff steht also im Gegensatz zum Theismus, lässt sich aber mit dieser Definition nicht klar von Agnostizismus, Anti-Theismus und Apatheismus abgrenzen. Konkret wird Atheismus als die Überlegung definiert, dass es keine plausible, beweisbare und damit reale Gottheit(en) gibt.

Was einst durch Philosophen der Aufklärung wie Immanuel Kant, aber auch durch Marx und Nietzsche propagiert wurde, hält längst als Gegenstand moderner Studien her. Das könnte unter anderem daran liegen, dass sich der Forschungsgruppe Weltanschauung in Deutschland zufolge schon 2012 gut 13 Prozent der Weltbevölkerung als Atheisten bezeichneten.

Forscher wollen mitunter klären, wann und vor allem warum Menschen zu Atheisten werden und religiösen Institutionen, aber auch Gottheiten selbst den Rücken kehren.

Warum werden Menschen Atheisten?

Joseph Henrich war Professor für Kultur, Kognition und Koevolution an der University of British Columbia. Im Jahr 2009 schlug er die Idee der Credibility Enhancing Displays (CREDs) vor. Damit versuchte er, Menschen zu identifizieren, die „eine mentale Repräsentation vermitteln, aber tatsächlich etwas anderes glauben“. Das heißt: Überzeugungen werden durch Handlungen effektiver verbreitet als durch Worte allein – weil Handlungen Informationen über die wahren Überzeugungen des Akteurs liefern. Er argumentiert auch, dass CREDs ein wesentlicher Bestandteil des Tribalismus seien.

Sie sollen dabei helfen, sich mit einer Gruppe zu identifizieren und die Bindungen innerhalb der Gruppe zu stärken. Rituale wie ein Feuerläufe oder Tieropfer „vermitteln ein höheres Maß an Glaubensverpflichtung und fördern dadurch die Kooperation und den Erfolg im Wettbewerb zwischen Gruppen oder Institutionen“, schreibt Henrich. Dass Darbietungen wie diese heute nur noch in wenigen Teilen der Welt praktiziert werden, könnte eine zunehmende Präsenz des Atheismus erklären.

… und wann?

Joseph Langston, Doktorand an der neuseeländischen Victoria University und Forscher bei der Atheist Research Collaborative, wollte wiederum wissen, wann Menschen zu Atheisten werden. Er verweist mitunter auf frühere Untersuchungen, die CREDs als zumindest teilweise einflussreich für den intergenerationalen religiösen Glauben positionieren. Sie würden ihn vermuten lassen, dass CREDs auch darüber Aufschluss darüber geben würden, in welchem Alter eine Person atheistisch wird.

Im Rahmen einer Studie, die Langston 2018 im Fachjournal Religion, Brain & Behavior veröffentlichte, wurden 5.153 Atheisten befragt. Herausfinden wollte er, inwiefern die Beziehung zwischen CREDs und Atheismus von religiöser Bedeutung, religiöser Wahl und religiösem Konflikt beeinflusst wird und welche Rolle der Erwerb und die Weitergabe von religiösen Überzeugungen dabei spielen.

Die Ergebnisse der Untersuchung wiesen darauf hin, dass die Präsens und der Stellenwert im individuellen Umfeld eine Verzögerung des Alters vorhersagte, in dem Menschen Atheisten wurden. Zugleich könnten Wahlmöglichkeiten ebendiesen Prozess beschleunigen. Auch fand Langston heraus, dass CREDs tatsächlich zu einem früheren Bekenntnis zum Atheismus führten.

Conclusio der Forscher

Aus den Ergebnissen der Studien folgernd lässt sich also schließen:

  • Das Wegfallen gemeinsamer „Rituale“ lässt Menschen eher zu Atheisten werden.
  • Je mehr Wahlmöglichkeiten Menschen haben, desto früher wenden sie sich dem „einen“ Glauben ab.

Dass sich Atheismus nicht immer einfach festmachen ließ, zeigten schon große Physiker. Stephen Hawking etwa wollte die Frage, ob es einen Gott gibt, nicht verneinen, zählte sich selbst aber zu den Atheisten. Bei uns kannst du übrigens auch nachlesen, was es mit den vier Reitern der biblischen Apokalypse auf sich hat.

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