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„Verlorene Stadt“ im Nordatlantik entdeckt – das macht sie einzigartig

Die „Verlorene Stadt“ ist gefährdet. Die Ernennung zum Weltkulturerbe könnte sie retten – bislang steht diese aber aus.

Tiefsee
Im Nordatlantik gibt es eine "Verlorene Stadt". © Getty Images/Jason Edwards

Aus den Tiefen der Meere erheben sich unzählige Berge, tiefe Gräben durchziehen den Boden und Kreaturen, wie du sie noch nie gesehen hast, spicken die Landschaft. In dieser Umgebung entdeckten Forschende im Jahr 2000 ein außergewöhnliches Hydrothermalfeld. Das Gebiet erstreckt sich über eine Fläche von 500 Quadratmetern im Atlantis-Massiv und umfasst zahlreiche marine alkalische Hydrothermalquellen. Man taufte das Feld im Nordatlantik „Verlorene Stadt“.

Nordatlantik verbirgt uralte Ökosysteme

Die Schlote und Monolithen befinden sich in einer Tiefe von mehr als 700 Metern unter der Oberfläche und erreichen Höhen von bis zu 60 Metern. Sie stoßen bis zu 40 Grad Celsius heiße Gase aus und beherbergen Krebstiere, Schnecken, Seeigel und sogar einige Aale, die sich offenbar nicht von den extremen Bedingungen abschrecken lassen.

Hydrothermalfelder wie die Verlorene Stadt im Nordatlantik sind für mikrobielles Leben grundlegend. Das liegt mitunter an zahlreichen Prozessen im Gestein. Aus einer 2011 veröffentlichten Studie geht hervor, dass die ältesten Schornsteine des Feldes schon vor mehr als 120.000 Jahren den Meeresboden zierten.

„Dies ist ein Beispiel für eine Art von Ökosystem, das in dieser Sekunde auf Enceladus oder Europa aktiv sein könnte“, erklärte William Brazelton, ein Mikrobiologe an der Universität von Utah, 2018 gegenüber dem Smithsonian Magazine und verwies auf die wässrigen Monde von Saturn und Jupiter, „und vielleicht auch auf den Mars in der Vergangenheit.“ Gemeinsam mit seinem Team erkundete er die Monolithen und Schlote, um herauszufinden, wie ihre Bewohner – speziell Mikroben – die extremen Temperaturen und den hohen Druck der Tiefe überleben.

„Willkommen auf der Hohen See“

Neben den Einflüssen Forschender, die das Hydrothermalfeld untersuchen, könnte es vor allem der Bergbau im Nordatlantik gefährden. Das gewaltige Ökosystem könnte von dabei anfallenden Abwässern ganz einfach überspült und seine Bewohner vertrieben werden. Daher steht mittlerweile die Forderung im Raum, die Verlorene Stadt zum Weltkulturerbe zu erklären. Auf diese Weise will man neue Möglichkeiten einräumen, das Naturwunder zu schützen.

„Es ist völlig einzigartig, mit Leben, das nirgendwo sonst auf der Erde zu finden ist“, schreibt etwa Rebecca Helm von der University of North Carolina. Sie widmet ihr Leben der Erforschung, aber auch dem Schutz der Meere. „Und wenn jemand sie zerstören wollte? Es gibt nichts, was man dagegen tun könnte. Keine Gesetze. Keine Konsequenzen. Willkommen auf der Hohen See.“

Quellen: Smithsonian Magazine; „U–Th systematics and 230Th ages of carbonate chimneys at the Lost City Hydrothermal Field“ (Geochimica et Cosmochimica Acta, 2011); Twitter/@RebeccaRHelm

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