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Schluss mit lustig: So bist du plötzlich nicht mehr kitzlig (Studie)

Wieso sind wir eigentlich kitzlig? Und wie kann man den Reflex abstellen? Ein Forschungsteam ist der Frage auf den Grund gegangen.

mann wird gekitzelt
Kitzelattacken sind oft hinterhältig. © bernardbodo - stock.adobe.com

Ist man kitzlig, hat man es nicht immer leicht im Leben. Haben Freunde und Freundinnen das einmal herausgefunden, kann es schnell passieren, dass du Opfer von heftigen Attacken und anschließenden Lachanfällen wirst. Anstatt das Lachen einfach zu unterdrücken, gibt es auch einen anderen Weg, wie du die Reaktion auf das Kitzeln schlicht abstellen kannst.

Kitzeln: Ein Experiment in Berlin

Der Versuch fand an der Humboldt-Universität in Berlin statt. Dafür wurde Versuchsperson 1 auf einem Stuhl platziert. Die Arme hatte sie weit über den Kopf gehoben. Eine Kamera sowie ein Mikrofon haben das Folgende aufgezeichnet. Versuchsperson 2 betritt den Raum und bekommt eine Aufgabe: Kitzel dein Gegenüber was das Zeug hält. Als es zu kribbeln beginnt, setzt auch sofort das Lachen von Versuchsperson 1 ein. Die Kitzel-Attacke war erfolgreich. Das Ganze wurde an insgesamt zwölf Proband*innen wiederholt.

Professor Doktor Micheal Brecht arbeitet am Institut für Biologie der Humboldt-Universität und hat die Studie zum Versuch betreut. Er wollte herausfinden, wieso wir Menschen überhaupt kitzlig sind. Dabei stand die Frage im Raum, wann überhaupt das typische unkontrollierte Lachen einsetzt und wie intensiv es ausfällt.

Wieso müssen wir auf einmal lachen?

Die Frage, wieso auf eine Kitzelattacke oft ein Lachanfall folgt, ist eine alte. Selbst der griechische Philosoph Aristoteles soll sich bereits darüber gewundert haben. Doch auch Galileo, Socrates und Francis Bacon kamen im Laufe der Jahrhunderte noch auf keine Antwort. Denn bisher ist unklar, was dabei im Gehirn passiert, wenn wir gekitzelt werden, ordnet die Neurowissenschaftlerin und Mitarbeiterin von Brecht Konstantina Kilteni gegenüber Arstechnica ein.

In der Forschung ist man aktuell der Meinung, dass Lachen vor allem eine soziale Funktion hat. Es dient dazu Beziehungen auf- oder Spannungen abzubauen. Das beobachtet man nicht nur beim Menschen, sondern auch in der Tierwelt unter anderem bei Schimpansen, Delphinen und Mäusen.

Doch beim Kitzel-Spiel verhält sich das ganze anders. Brecht und sein Team entdeckten, dass das Lachen womöglich in diesem Fall eher dazu dient, selbst Spannung abzubauen. Dennoch hängt das spielerische Kitzeln auch von sozialen Faktoren ab. Kitzelt dich eine gute Freundin oder ein guter Freund, kommst du so schnell aus dem Lachen nicht heraus. Bei fremden Personen hingegen schlägt der Effekt fehl und wird durch andere Emotionen blockiert. Auch deine Stimmung ist entscheidend. Bist du sehr traurig, wird dich auch das kitzeln nicht zum Lachen bringen.

So unterdrückst du das kribblige Gefühl

Durch die Beobachtungen in der Studie wurde zunächst klar, dass das Lachen oft unmittelbar nach Beginn des Kitzelns einsetzt – es dauert gerade einmal 200 Millisekunden. Körperliche Regungen im Gesicht etwa traten erst ein wenig später nach ca. 300 Millisekunden auf.

Doch es passierte gar nichts, wenn die Personen sich selbst kitzelten. Du kannst es gerne direkt ausprobieren: Es ist unmöglich sich selbst zu kitzeln. Und selbst wenn du gerade gekitzelt wirst und einfach beginnst, dich dabei auch selbst zu kitzeln, lässt der Lachreflex augenblicklich nach oder kann sogar komplett unterbunden werden.

Die Wissenschaft hinter dem Trick

Brecht und sein Team erklären diesen Befund folgendermaßen: „Wir schlagen vor, dass dieser Effekt als breite sensorische Dämpfung zeitlich zusammenfallender sensorischer Eingaben verstanden werden kann, und heben die potenzielle Rolle der taktilen Verarbeitung darin hervor.“

Damit ist gemeint, dass durch die Selbstberührung der Überraschungseffekt und das Unkontrollierbare in einer Kitzelattacke durch andere erfolgreich unterdrückt werden kann. Sie gehen in der Folge davon aus, dass solche Spielberührungen zusammen mit der Selbstberührung vom Nervensystem erfasst werden – und zwar als eine Einheit von Berührungen und nicht als zwei verschiedene Ereignisse. Und da du dich selbst nicht kitzeln kannst, kann es in diesem Moment auch plötzlich niemand anderes mehr.

Quellen: Arstechnica, „The human tickle response and mechanisms of self-tickle suppression“ (21. September 2022, Philosophical transactions of the royal society B)

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