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In nur 10 Jahren: Forscher rechnen mit fatalem Umbruch in der Arktis

Forschende warnen, die Arktis könne schon ab 2035 saisonal eisfrei sein. Das hätte katastrophale Folgen für das globale Klimasystem.

Arktis
© Getty Images/Paul Souders

Klimawandel: Die Auswirkungen auf Natur und Gesellschaft

Der menschengemachte Klimawandel verändert unsere Welt mit vielfältigen Folgen. Welche Bereiche sind akut betroffen?

Eine internationale Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hat prognostiziert, dass Eisbären in den nächsten zehn Jahren während der wärmsten Sommermonate keinen Platz mehr haben werden, wo sie hingehen können. Als Grund dafür sehen sie den rapide voranschreitenden Klimawandel.

Klimawandel schneller als erwartet

Frühere Klimamodelle, darunter der sechste Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) aus dem Jahr 2021, gingen von einem möglichen Verlust des arktischen Meereises bis zur Mitte des Jahrhunderts oder sogar bis zum Jahr 2100 aus. Dabei handelte es sich um Prognosen, die von einem großen Teil der wissenschaftlichen Gemeinschaft als zu konservativ angesehen wurden.

Neue Erkenntnisse unterstützen die Kritik. Sie legen nahe, dass frühere Vorhersagen den Ernst der Lage in der Arktis deutlich unterschätzt haben. So sagte ein anderes Klimamodell aus dem Jahr 2020 voraus, dass das sommerliche Meereis in der Arktis bereits im Jahr 2035 verschwinden könnte.

Eisfreie Arktis von August bis September

Das neueste Modell ist ein weiteres düsteres Update für den Klimawandel, das sich auf Beobachtungsdaten des Meereises aus den Jahren 1979 bis 2019 stützt. Sie belegen einen deutlichen Anstieg der Schmelzereignisse über das ganze Jahr hinweg, der weit über die natürliche Variabilität hinausgeht und in den Sommermonaten besonders ausgeprägt ist.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Südkorea und Kanada nutzten diese Muster, um zukünftige Bedingungen vorherzusagen. Sie fanden heraus, dass das sommerliche Meereis in der Arktis bereits in den 2030er Jahren zu verschwinden beginnen könnte – unabhängig von der Menge der bis dahin verbrannten fossilen Brennstoffe.

Bei einem niedrigen Emissionsszenario sagen die Modelle kurze eisfreie Perioden gegen Ende des Sommers voraus. Bei einem Szenario mit hohen Emissionen wird erwartet, dass die Arktis von August bis September kein Meereis mehr hat.

Katastrophale Auswirkungen auf globales Klimasystem

Die Forscherinnen und Forscher betonten die schwerwiegenden Folgen der Treibhausgasemissionen für die Arktis und unterstrichen die Dringlichkeit, sich auf eine „saisonal eisfreie Arktis in naher Zukunft“ vorzubereiten und sich darauf einzustellen. Sie wiesen darauf hin, dass diese Zukunft zwar erwartet wurde, sich aber viel früher abzeichnet als bisher angenommen.

In den letzten drei Jahrzehnten seien durch den Klimawandel 95 Prozent des ältesten und widerstandsfähigsten Meereises der Arktis geschmolzen, und über 70 Prozent der derzeitigen Eisbedeckung wird als „saisonal“ eingestuft, was bedeutet, dass sie nicht den ganzen Sommer über bestehen bleibt.

Wenn diese letzten Eisflächen verschwinden, wären die Auswirkungen katastrophal und würden nicht nur die Eisbären betreffen, sondern auch über die Arktis hinausgehen. Die Meereisbedeckung auf der Nordhalbkugel ist für das globale Klimasystem von entscheidender Bedeutung, da sie das Sonnenlicht reflektiert und dazu beiträgt, die Temperaturen und Strömungen der Ozeane weltweit zu regulieren.

Quelle: Intergovernmental Panel on Climate Change; „Sea-ice-free Arctic during the Last Interglacial supports fast future loss“ (Nature Climate Change, 2020); „Observationally-constrained projections of an ice-free Arctic even under a low emission scenario“ (Nature Communications, 2023)

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