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„Berge und Flüsse wechselten ihren Platz“: Aufzeichnungen belegen tödlichsten Tag der Menschheitsgeschichte

Erdbeben können weiträumige Zerstörung anrichten. Eines der tragischsten Beispiele dafür ereignete sich 1556 in China.

Aufzeichnung eines Seismographen
© Andrey VP - stock.adobe.com

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In den Hunderten Jahrtausenden, die der Homo Sapiens bereits auf Erden wandelt, hatte er schon mit zahlreichen Krisen und Desastern zu kämpfen. Seien es Kriege gewesen, Krankheiten oder Umweltkatastrophen – bislang hat der Mensch alles überlebt. Dennoch gab es einige Ereignisse in der Menschheitsgeschichte, die sich unvermeidlich einbrannten. Zu ihnen gehört auch ein Erdbeben, das die Menschen im Jahr 1556 heimsuchte.

Erdbeben tötete Hunderttausende

Die meisten Bewohnerinnen und Bewohner der chinesischen Shaanxi-Provinz werden an diesem frühjährlichen Montagmorgen recht unbescholten erwacht sein. Sie konnten nicht ahnen, dass der Tag, der vor ihnen lag, als der tödlichste Tag der Menschheitsgeschichte in die Annalen eingehen sollte. Rund 830.000 Menschen wurden am 23. Januar 1556 von einem Erdbeben der Stärke 8,25 entweder verwundet oder getötet.

Zum Vergleich: Ab 2,0 Magnituden ist ein Beben messbar, ab 3,0 ist es meist spürbar. Von „leichten Erschütterungen“ spricht das Deutsche Rote Kreuz ab einer Stärke von 4,0. In den folgenden Stufen komme es aufsteigend zu leichten bis ernsten Schäden an Gebäuden oder „großen Schäden in einem Radius von bis zu 70 km um das Epizentrum“. Ein Beben ab 8,0 Magnituden bewirke „Zerstörungen in einem Radius von mehreren hundert Kilometern um das Epizentrum“.

Insgesamt soll das Erdbeben rund 60 Prozent der Bevölkerung in den Provinzen Shaanxi und Shanxi getilgt haben. Das Epizentrum verortete man im damaligen südöstlichen Huaxian. „Obwohl das Beben nur Sekunden dauerte, ebnete es Berge ein, veränderte den Lauf von Flüssen, verursachte massive Überschwemmungen und entfachte Brände, die tagelang brannten“, heißt es in der Encyclopaedia Britannica.

„Berge und Flüsse wechselten ihren Platz“

Eine der Besonderheiten über dieses historische Ereignis besteht darin, dass wir heute so viel darüber wissen. Wie die Encyclopaedia Britannica erklärt, liege das mitunter daran, dass die lokalen Annalen der Region bis ins Jahr 1.177 vor Christus zurückreichen. Sie seien zudem außergewöhnlich detailliert und geben neben dem Beben im Jahr 1556 Aufschluss über ganze 26 weitere vergleichbare Ereignisse.

„Im vierunddreißigsten Jahr der [Jiajing-]Ära ereignete sich in Shanxi, Shaanxi und Henan gleichzeitig ein Erdbeben mit einem Geräusch wie Donner“, heißt es in den Aufzeichnungen zum Restaurierung der Pagode im Qing’an-Tempel in der Stadt Laihua, Shaanxi. „Besonders schwer war es in Weinan, Huazhou, Chaoyi, Sanyuan und Puzhou. Es kann sein, dass die Erde zerbrach und Quellen sprudelten, in denen sich Fische und Tiere befanden, oder dass die Häuser der Stadt und des Landes in die Erde stürzten, oder dass das flache Land zu einem bergigen Hügel wurde, oder dass die Erde an einem Tag mehrmals oder an vielen Tagen mehrmals erschüttert wurde.“

Ähnliches beschreiben es auch andere Aufzeichnungen aus der Region: „Berge und Flüsse wechselten ihren Platz und Straßen wurden zerstört. An einigen Stellen hob sich plötzlich der Boden und bildete neue Hügel, oder er sank abrupt ab und wurde zu neuen Tälern. In anderen Gegenden brach in einem Augenblick ein Bach aus, oder der Boden brach und es entstanden neue Rinnen. Hütten, Amtshäuser, Tempel und Stadtmauern stürzten mit einem Mal in sich zusammen.“

Wiederholung nicht ausgeschlossen

Eine geologische Analyse aus dem Jahr 1998 kam zu dem Schluss, dass die nördliche Huashan-Verwerfung eine wichtige Rolle bei dem Ereignis spielte, „weil ihr Ausmaß und ihre Verschiebungen die größten im Untersuchungsgebiet sind“.

„Wir müssen das Potenzial für aktive Verwerfungen in Betracht ziehen und uns auf ein weiteres großes Erdbeben in der Region vorbereiten, da die Verwerfungen jetzt aktiv sind“, schrieben die Forscherinnen und Forscher der Universität Peking.

Quellen: Deutsches Rotes Kreuz; Encyclopaedia Britannica; Wikipedia; „Geomorphological observations of active faults in the epicentral region of the Huaxian large earthquake in 1556 in Shaanxi Province, China“ (Journal of Structural Geology, 1998)

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