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Mumien: Kaum bekannter Totenkult sorgt für Gänsehaut

Wusstest du, dass man auch in Europa Tote als Mumien vergrub? Wahrscheinlich nicht. Und dafür gibt es auch einen sehr makaberen Grund.

sarkophag von Tutanchamun
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7 bizarre Ausgabungen in Ägypten, die heute noch Fragen aufwerfen

Die antike ägyptische Kultur steckt auch heute noch voller Rätsel. Wir zeigen dir 7 bizarre Ausgabungen in Ägypten, die auch heute noch Fragen aufwerfen.

Nicht nur in Ägypten zählten Mumien zum Totenkult. Auch in Europa konservierte man etliche Leichen auf diese Art und Weise. Dass wir heute nur so wenige davon finden und untersuchen können, liegt einem anderen, wirklich widerlichem Ritual zugrunde.

Mumien mit besonderen Heilkräften

Wurden Mumien bewusst erschaffen, lag dies in der Regel dem Glauben zugrunde, dass es ein Leben nach dem Tod gibt, wofür man auch den Körper erhalten müsse. Auch in Europa und anderen Teilen der Welt mumifizierte man daher etliche Leichen über Jahrhunderte hinweg.

Irgendwann vergaß man in unseren Gefilden diesen Totenkult. In Zentraleuropa gewann erst die Feuerbestattung und dann die Erdbestattung in Särgen an zunehmender kultureller und historischer Bedeutung, fasst ein Beitrag vom Historischem Lexikon Bayern zusammen.

So bestattete man im Mittelalter die Toten wie wir es auch heute noch tun. Zur selben Zeit erlebten Mumien einen wiederholten Aufwind. Allerdings nicht als Konservierungsmethode von Toten, sondern als Mittel gegen Krankheiten. So sprach man ihnen aufgrund eines Missverständnisses besondere Heilkräfte zu.

Übersetzungsfehler führte zu Kannibalismus

In der Folge kam es gerade in wohlhabenderen Kreisen Westeuropas zu einer kannibalischen Praxis rund um die mumifizierten Leichen. Teilweise, so die medizinische Überzeugung, musste man die Mumien essen, um von ihren positiven Eigenschaften auf den lebenden Körper zu profitieren.

Blöderweise lag dem Ganzen ein Irrtum zugrunde. Zwar galt die „Mumia“ als ein überaus wirkungsvolles Heilmittel, doch mit Mumien hatte dieses nichts zu tun. Stattdessen handelt es sich hierbei um eine Substanz, die lediglich im Felsasphalt mancher persischer Berghänge gefunden werden konnte.

Ein Fehler in der Übersetzung entsprechender islamischer Texte setzte jedoch diesen irreführenden und makaberen Totenkult in Gang. Während man zu Beginn dieser medizinischen Behandlung ägyptische Mumien aß, griff man später zu mumifizierten Leichen von überall.

Medizinischer Kannibalismus nicht unüblich

Für Geschichtsforschende und Archäolog*innen ist das Einverleiben von Mumien aufgrund dieses Gedankengangs kein Schock. Stattdessen gab es diese Form des medizinischen Kannibalismus bereits in etlichen anderen Formen und Farben. National Geographic erklärt, dass man etwa im Römischen Reich glaubte, dass Gladiatorenblut Epilepsie heilen könne.

Die Mumien hingegen sollten, so die irrtümliche Annahme, verschiedenste Heilkräfte haben. Daher wurden sie nicht nur gegessen, sondern auch in etlichen Tinkturen eingearbeitet. Diese verschrieb man wohlhabenden Teilen der Gesellschaft, die sich überhaupt Medizin leisten konnten, dann gegen Kopfschmerzen. Selbst Herzinfarkte und damit den Tod sollte man so vorbeugen können.

Schwarzmarkt mit mumifizierten Leichen

Mumien als Heilmittel erlebten einen derartigen Aufschwung, dass die Nachfrage schnell das Angebot überschritt. Anstatt also mumifizierte Leichen aus Ägypten zu Medizin zu verarbeiten, durchsuchte man europäische Friedhöfe nach erhaltenden Toten. Schnell entstand ein gesamter Schwarzmarkt von Händlerinnen und Händlern. Diese sollen teilweise frische Leichen vom Galgen verschleppt und mithilfe von Salz und Hitze blitzschnell zu Mumien gemacht haben. Diese wurden dann wiederum gemahlen und das Pulver verkaufte man gewinnbringend an Apotheker.

Auch wenn diese eigentümliche Verwendung der Leichenteile allmählich an Bedeutung verlor, nutzte man die Mumien eine lange Zeit für diverse Heilmittel. Erst zum Ende des 19. Jahrhunderts verschwand die „Mumia“ vollständig aus der europäischen Medizingeschichte. Doch es ist nicht abzustreiten, dass Mumien bis heute eine merkwürdige Faszination auf uns ausüben.

Quelle: National Geographic, Historisches Lexikon Bayern

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