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Uralte Meereskreatur überrascht Forscher – „verblüfft von den Parallelen“ zum Menschen

Mit Placozoans sind Forschende im Meer auf Organismen gestoßen, die die frühen Ursprünge neuronaler Zellen beherbergen könnten.

Meeresoberfläche unter einem dunklen, bewölkten Himmel
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In den alten Meeren vor rund 800 Millionen Jahren gediehen einfache Wesen, die als Placozoans bekannt sind und etwa die Größe eines Sandkorns haben. Diese Organismen ohne Organe bestehen aus verschiedenen Zelltypen und ernähren sich hauptsächlich von Mikroben und Algen. Durch Untersuchungen haben Wissenschaftler*innen aus Spanien und Deutschland jüngst herausgefunden, dass diese Kreaturen möglicherweise Einblicke in die Evolution unserer eigenen Gehirnzellen bieten könnten.

Im Meer: Urvater der Neuronen entdeckt?

Die Forscher*innen identifizierten im Rahmen ihrer Studie spezialisierte sekretorische Zellen innerhalb der Placozoans, die den frühen neuronalen Zellen verblüffend ähnlich zu sein scheinen. Sebastián Najle, ein Zellbiologe, bemerkte die auffallende Ähnlichkeit zwischen diesen peptidergischen Zellen und neuronalen Zellen, wie sie etwa in uns Menschen zu finden sind, und schlug vor, dass sie möglicherweise einen evolutionären Meilenstein darstellen könnten. „Wir waren verblüfft von den Parallelen“, so Najle.

Bei einer tieferen genetischen Untersuchung entdeckten die Forscher*innen 14 verschiedene Typen von Peptidzellen in diesen Meereskreaturen. Diese Zellen steuern das Verhalten des Tieres durch die Freisetzung von Peptidsignalen, ganz ähnlich wie Neuronen.

Faszinierend ist, dass bestimmte Gene in diesen Zellen denen in menschlichen Neuronen sehr ähnlich sind. Anders als unsere Neuronen fehlen ihnen jedoch die Mechanismen, um Peptidsignale zu empfangen oder elektrische Impulse zu erzeugen, stattdessen verwenden sie Rezeptorproteine (GPCR) für diese Aufgabe.

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Möglicherweise parallele Evolution

Es wurde festgestellt, dass diese Gene in allen Placozoans erhalten blieben, jedoch in anderen frühen Meereskreaturen, wie Schwämmen und Rippenquallen, fehlten. Das wirft Fragen über die Evolution von Neuronen auf, wie Xavier Grau-Bové betont. Er fragt sich, ob Neuronen nur einmal oder mehrfach entstanden sind.

Die Geschichte zeigt, dass das erste moderne Neuron vor etwa 650 Millionen Jahren auftrat und von einem gemeinsamen Vorfahren von Quallen und der Bilateria-Gruppe stammte. Der Evolutionsbiologe Arnau Sebé-Pedros betont die Wichtigkeit des Verständnisses der Zellevolution, um die komplexe evolutionäre Geschichte des Lebens zu entschlüsseln. Mit fortschreitender Forschung wird immer deutlicher, dass selbst die einfachsten Organismen wertvolle Einblicke in die Feinheiten des Lebens bieten können.

Quellen: „Stepwise emergence of the neuronal gene expression program in early animal evolution“ (Cell, 2023); Center for Genomic Regulation

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