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Skurriler archäologischer Fund: Geheimnis um riesigen nackten Mann

Der Cerne Abbas Giant erstaunt und belustigt Betrachtende gleichermaßen. Nun konnte man dem skurrilen archäologischen Fund sein größtes Geheimnis entlocken.

Der Cerne Abbas Giant in England.
© David Matthew Lyons - stock.adobe.com

5 ärchäologische Funde, die noch heute Rätsel aufgeben

Einige Überbleibsel der Vergangenheit lassen auch nach tausenden von Jahren noch viele Fragen unbeantwortet.Wir zeigen dir 5 archäologische Funde, die auch heute noch eine Menge Rätsel aufgeben.

Die Ortschaft Cerne Abbas in der südwestenglischen Grafschaft Dorset lockt mit einer ungewöhnlichen Sehenswürdigkeit. Einer ihrer Grashügel ist mit einer besonderen Geoglyphe (Scharrbild) versehen, dem sogenannten Cerne Abbas Giant. Dabei handelt es sich um einen 55 Meter großen nackten Mann, der bedrohlich eine Keule schwingt. Nun präsentieren Forschende neue Erkenntnisse zum Ursprung und der Bedeutung des archäologischen Fundes.

Archäologischer Fund: Neue Erkenntnisse zum Cerne Abbas Giant

Wann genau der Cerne Abbas Giant entstanden ist, galt unter Historikerinnen und Historikern lange als Streitpunkt. Die einen gingen von einem vorzeitlichen Ursprung aus, während die anderen ihn in der frühen Neuzeit verorteten. Die Wahrheit liegt jedoch in der Mitte, wie sich schon vor einigen Jahren herausstellte. Der archäologische Fund ist der angel-sächsischen Periode (450 bis 1066 nach Christus) des Englands des frühen Mittelalters zuzuordnen.

Eine aktuelle Studie im Fachjournal für Mittelalterstudien, Speculum, bereichert diese Erkenntnis um neue Details zur damaligen Bedeutung des hüllenlosen Riesen. Wie die Forschenden Helen Gittos und Tom Morcom erklären, diente er als Orientierungspunkt und Sammelplatz für west-sächsische Krieger. Dargestellt ist entgegen einiger früher Annahmen auch nicht der christliche Schutzheilige Eadwold von Cerne, sondern der griechische Halbgott Herkules.

Riesige Steinbilder: Über diesen archäologischen Fund aus einer indigenen amerikanischen Kultur staunte selbst ein Experte.

Truppen sammelten sich um Halbgott

„Es ist uns klar geworden, dass der Cerne Abbas Giant nur der sichtbarste Teil eines ganzen Musters frühmittelalterlicher Spuren in der Landschaft ist“, verrät Studien-Mitautorin Helen Gittos in einer Mitteilung der University of Oxford. Zu jener Zeit befand sich die Region in den Händen sogenannter Ealdormen. Dies waren zumeist adlige Herrscher, die zwar vom König eingesetzt wurden, oftmals aber unabhängig von diesem kleinere Ortschaften regierten.

Dabei bekamen sie es jedoch oft mit angreifenden Wikingern aus dem Norden zu tun. Aus historischen Quellen weiß man, dass es auch um Cerne Abbas zu heftigen Schlachten zwischen Angel-Sachsen und Wikingern kam.

Seine Lage machte den Cerne Abbas Giant dabei zu einem geeigneten Punkt, um Truppen zu sammeln. Auf einem hohen Hügel gelegen, ist die gigantische Geoglyphe auch von Weitem sichtbar. Zudem liegt sie günstig entlang wichtiger Verbindungswege. Auch Zugang zu frischem Trinkwasser sowie Versorgung aus dem Dorf konnte man sich dort sichern. Die Herkules-Darstellung dürfte den Kämpfern dabei bereits aus der Ferne den richtigen Weg gewiesen haben.

Von Herkules zum Heiligen

Im Laufe der Jahrhunderte erfuhr der archäologische Fund jedoch einige Umdeutungen. Im elften Jahrhundert etwa siedelten sich am Fuße des Hügels Mönche an. Kurzerhand interpretierten sie den hellenistischen Halbgott zu ihrem Schutzheiligen Eadwold von Cerne (835 bis 900 n. Chr.) um. An Eadwolds Festtag, dem 29. August, bezogen die Mönche den Cerne Abbas Giant in ihre Predigten mit ein.

Diese Art von Neuinterpretation heidnischer Symbole war zu Zeiten der frühen Christianisierung Englands nichts ungewöhnliches, erklärt Dr. Tom Morcom. „Die Mönche hätten ihren Schutzheiligen wohl kaum nackt dargestellt, hätten sie ein eigenes Scharrbild von ihm erstellt. Doch nur allzu gerne machten sie sich den Giganten als Abbild von Eadwold zu eigen“.

Quellen: „The Cerne Giant in Its Early Medieval Context“ (Speculum, Januar 2024); University of Oxford

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