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Zeitreisen: Gleich 2 Akademiker bestätigen einen Ausflug in die Vergangenheit

Im Jahr 1911 veröffentlichten zwei Akademikerinnen der Oxford-Universität eine auf den ersten Blick unglaubliche Geschichte. Sie wollen Marie Antoinette begegnet sein.

Zeitreisender steht vor Lichtstrahlen
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Dieser Physiker hält Zeitreisen für plausibel

Michio Kaku ist anerkannter Wissenschaftler und vertritt durchaus innovative Ideen. Auch zum Thema Zeitreise hat er eine sehr optimistische Einschätzung.

Das Thema Zeitreisen beschäftigt die Wissenschaft auch heute noch. Doch bereits vor über hundert Jahren wollen zwei Oxford-Rektorinnen den Beweis dafür am eigenen Leib erfahren haben. Und das im französischen Schloss Versailles.

Zeitreisen: Das haben die Frauen angeblich erlebt

Die Geschichte der beiden Akademikerinnen ist heute bekannt als „Moberly-Jourdain-Vorfall“. Diesen hatten sie 1911 unter dem Titel „Ein Abenteuer“ als Buch veröffentlicht und darin behauptet, sie hätten eine Art Zeitreise unternommen. Ort des Geschehens waren demnach die Räumlichkeiten und die Umgebung des ehemaligen Palastes von Marie Antoinette.

Den Aufzeichnungen zufolge machten zwei Frauen mit dem Namen Elizabeth Morison und Frances Lamonteinen 1901 einen Ausflug zum Schloss, das etwa 19 Kilometer westlich von Paris liegt. Als sie begannen, die Gärten zu erkunden, überkam sie ein unerklärliches Gefühl der Depression, eine melancholische Atmosphäre, die sie als „träumerische Dunstigkeit“ und „unheimlich und unangenehm“ beschrieben, wie Atlas Obscura zitiert.

Sie begannen, Menschen in seltsamer Kleidung zu begegnen. Darunter „zwei Männer in langen graugrünen Mänteln mit kleinen dreispitzigen Hüten“ und später einen Mann, dessen „Gesicht höchst abstoßend war, sein Ausdruck widerwärtig. Sein Teint war sehr dunkel und rau.“ Als sie eine Brücke überquerten, sahen sie: „Eine Dame saß. Ich nahm an, dass sie eine Zeichnung anfertigte. Sie drehte sich um und sah uns direkt an. Ihr Kleid war altmodisch und eher ungewöhnlich.“ Schließlich fanden sie den Weg aus den Gärten heraus und kehrten benommen zu ihrer Unterkunft zurück.

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Buch zur Zeitreise war ein literarischer Erfolg

Weil die beiden Frauen ihre Erfahrung so ungewöhnlich fanden, kehrten sie später zum Palast zurück und versuchten, ihre Schritte zurückzuverfolgen. Dabei stellten sie fest, dass sich die Gebäude verändert hatten, die Wege verschwunden waren und die Brücke, über die sie nach Hause gingen, nicht mehr vorhanden war.

Durch Nachforschungen gelangten Morison und Lamont später zu der Überzeugung, dass sie an jenem Tag das Gelände Versailles erlebt hatten, wie es im späten 18. Jahrhundert vorhanden war. Noch unglaublicher: Die Dame, der sie während ihrer vermeintlichen Zeitreise begegnet waren, soll die berüchtigte Königin Marie Antoinette gewesen sein.

Das Buch, das zehn Jahre später als Dokumentation der Zeitreise erschien, wurde zur literarischen Sensation seiner Zeit und erlebte zahlreiche Auflagen. Ein Detail sollte allerdings erst danach enthüllt werden, denn die Frauen mit den Namen Morison und Lamot existierten gar nicht. Die wahren Autoren waren Eleanor Jourdain und Charlotte Moberly, die Rektorin und stellvertretende Rektorin des St. Hugh’s College der Universität Oxford. Die angesehenen Akademikerinnen verbargen ihre Namen, um ihre Identität zu schützen.

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Das sagten Kritiker*innen

Viele nahmen das Buch dagegen nicht ernst, weil es ihnen nicht plausibel erschien und Ungereimtheiten enthielt. Eine Rezension von Eleanor Mildred Sidgwick in den Proceedings of the Society for Psychical Research legte die falsche Interpretation normaler Ereignisse nahe.

Eine andere, sehr ähnliche Auslegung schlug Philippe Jullian in seiner 1965 erschienenen Biografie des französischen Dichters Robert de Montesquiou vor: Zur Zeit von Moberlys und Jourdains Ausflug nach Versailles lebte Montesquiou in der Nähe und veranstaltete Berichten zufolge auf dem Gelände Partys, bei denen sich seine Freunde in historische Kostüme kleideten.

Moberly und Jourdain sind möglicherweise versehentlich in ein fröhliches Kostümfest geraten. Bei der Marie-Antoinette-Figur könnte es sich gleichzeitig um eine Dame der Gesellschaft oder um einen Transvestiten gehandelt haben, bei dem pockennarbigen Mann um Montesquiou selbst. Womöglich hatte die Zusammenkunft der dekadenten französischen Avantgarde einen unheimlichen Eindruck auf die beiden bürgerlichen Frauen gemacht, die sie anschließend falsch deuteten.

Quellen: Atlas Obscura, eigene Recherche

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