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Forscher machen besorgniserregende Entdeckung im Meer – gelangt „auch auf unsere Teller“

Fans von Fisch- und Meeresfrüchten könnten aufgrund des Klimawandels zunehmend schädlichen Spuren im Essen ausgesetzt sein. Dies verrät zumindest eine neue Studie.

Person entnimmt eine Probe in einem Glas aus einem Gewässer.
© Daniel CHETRONI - stock.adobe.com

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Dass sich die Meere aufgrund des Klimawandels immer stärker erwärmen, wurde schon oft untersucht. Doch einem Phänomen wurde dabei eher weniger Beachtung geschenkt: Die damit verbundene Ausbreitung von Schadstoffen im Wasser. Ein internationales Forschungsteam, darunter auch deutsche Wissenschaftler*innen, hat dieses Problem nun ausführlich untersucht.

Klimawandel: Mehr Schadstoffe im Wasser

Ihr Ergebnis: „Klimabedingte Naturereignisse setzen vermehrt Schadstoffe frei, die die Gesundheit von Menschen und Tieren gefährden“, wie es in einer offiziellen Pressemitteilung des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel heißt. Dabei betonen sie, dass giftige Spurenelemente wie Blei, Quecksilber, Arsen oder Cadmium in Küstenmeeren in kleinen Mengen auch ganz natürlich vorkommen. Der Klimawandel sich jedoch auf die Verteilung und Ablagerung dieser Elemente im Wasser auswirkt.

Ihre Erkenntnisse publizierten die Wissenschaftler*innen Anfang Oktober in der Fachzeitschrift Communications Earth & Environment. Am Anfang der Untersuchungen stand die Frage, „wie sich die Spurenelemente im Klimawandel verändern – dazu gibt es noch sehr wenig Forschung“, so Dr. Rebecca Zitoun, Meereschemikerin am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Die Wissenschaftler*innen sahen sich dabei die durch den Menschen verursachten und die natürlichen Quellen der Schadstoffe im Meer an. Denn es werden nicht nur große Mengen an Schadstoffe durch menschliche Einflüsse wie Industrie und Landwirtschaft in den Gewässern freigesetzt. Auch die natürlichen Quellen der giftigen Elemente verändern sich durch den Klimawandel, wie die Forscher*innen herausfanden: „Der Meeresspiegel steigt, Flüsse treten über die Ufer oder trocknen aus, Meereis und Gletscher schmelzen – all das mobilisiert und erhöht Schadstoffflüsse.

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Schwermetall reichert sich über die Nahrungskette an

Die Gefahren sollten dabei nicht unterschätzt werden. Denn das Team macht deutlich, dass diese so auch vermehrt in den menschlichen Körper gelangen können. So wird zum Beispiel durch Küstenerosion eine erhöhte Menge an Quecksilber aus natürlichen Quellen freigesetzt. „Das Schwermetall reichert sich über die Nahrungskette an und gelangt über den Verzehr belasteter Fische auch auf unsere Teller,“ so die Forscher*innen.

Dies könnte auch Auswirkungen auf ganze Bevölkerungen haben, die sich traditionell vom Fischfang ernähren. „Menschliche Aktivitäten haben die globalen Flüsse toxischer Metalle wie Blei um das Zehnfache und Quecksilber um das Drei- bis Siebenfache im Vergleich zu vor-industriellen Zeiten erhöht“, erklärt Sylvia Sander, Professorin für Marine Mineralische Rohstoffe am GEOMAR.

Dabei nennt sie auch die Ursachen für dieses besorgniserregende Phänomen: „Sie stammen aus der Kohleverbrennung und dem verstärkten Einsatz von Silber-Nanopartikeln in antibakteriellen Produkten.“ Weitere Faktoren für die erhöhte Menge an Schadstoffen sind daneben auch die Schifffahrt und der Einsatz von Plastik. Letzteres kann Metalle wie Kupfer, Zink und Blei aus dem Wasser an sich binden, die dann ebenfalls weiter in die Nahrungskette gelangen können.

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Steigende Temperaturen

Ein Ende dieses Trends ist dabei noch lange nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil, könnte der menschliche Eintrag von Schwermetallen durch die weiter zunehmende Nutzung der Meere in Zukunft noch steigen, wie die Forscher*innen mahnen. Die Erwärmung des Wassers aufgrund des Klimawandels verstärken diesen Effekt dabei zusätzlich.

Denn hohe Temperaturen steigern den Stoffwechsel, verringern die Sauerstofflöslichkeit verringern und erhöhen die Ventilation der Kiemen. Dies führt dazu, dass mehr Metalle in die Organismen gelangen und sich dort anreichern. Auch Fans von Meeresfrüchten sollten sich der Zunahme der schädlichen Elemente im Wasser bewusst sein. Denn „durch die zunehmende Sauerstoffarmut, insbesondere in küstennahen Zonen und am Meeresboden, wird die giftige Wirkung von Spurenelementen verstärkt“, teilt das GEOMAR mit. Das belastet Organismen, die direkt im oder am Meeresboden leben, wie Muscheln, Krabben und andere Krustentiere.

Die Forscher*innen stellen also im Blick auf die Zukunft eine deutliche Forderung: „Um die Auswirkungen auf Ökosysteme und die menschliche Gesundheit besser zu verstehen, müssen Wissenslücken zu den Wechselwirkungen zwischen Schadstoffen und Klimawandel geschlossen und standardisierte Methoden entwickelt werden, die weltweit vergleichbare Daten liefern.“

Quelle: GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, „Climate change driven effects on transport, fate and biogeochemistry of trace element contaminants in coastal marine ecosystems“ (Communications Earth & Environment 2024)

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