Archäolog*innen haben im Grab von Liu He, dem Marquis von Haihun, in der chinesischen Provinz Jiangxi eine bemerkenswerte Rüstung entdeckt. Diese stammt aus der Westlichen Han-Dynastie und wurde aus lackiertem Eisen, Kupfer und Leder gefertigt. Es handelt sich um den ersten archäologischen Fund dieser Art, der eindrucksvoll die handwerklichen Fortschritte jener Epoche verdeutlicht.
Historischer Kontext des archäologischen Fundes
Die Westliche Han-Dynastie (206 v. Chr. bis 9 n. Chr.) wurde von Liu Bang gegründet und war eine prägende Ära in der chinesischen Geschichte. Sie etablierte den Konfuzianismus als staatliche Ideologie und förderte kulturellen sowie wirtschaftlichen Aufschwung – insbesondere durch die Expansion des Reiches unter Kaiser Wu und den aufblühenden Handel über die Seidenstraße. Fortschritte in Wissenschaft, Technologie und Literatur, wie Sima Qians „Shiji“, prägten diese Zeit.
Trotz ihrer Errungenschaften führten interne Konflikte und wirtschaftliche Probleme zum Niedergang der Dynastie. Im Jahr 9 n. Chr. wurde sie von Wang Mang gestürzt, der die Xin-Dynastie gründete, bevor die Han-Dynastie später als Östliche Han erneut erstarkte.
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Kompositrüstung mit Miniaturplatten
Umso tiefer erscheinen die Einblicke, die der neue archäologische Fund der Forschung gibt. „Die kleinste Platte ist nur 1 cm breit und etwa 0,2 cm dick“, erklärte Bai Rongjin, Experte für Rüstungsschutz und Forschung am Institut für Archäologie der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften gegenüber der Presseagentur Xinhua. „Damit ist sie die kleinste maßstabsgetreue Rüstungsplatte, die an Stätten aus der Han-Dynastie ausgegraben wurde.“
Diese sogenannte „Fischschuppenrüstung“ wurde in der westlichen Kammer des äußeren Grabes von Liu He gefunden – gemeinsam mit Schwertern und anderen Waffen. Archäolog*innen gehen davon aus, dass die Platten ursprünglich in lackierten Holzkisten aufbewahrt wurden, die jedoch im Laufe der Jahrhunderte verrotteten.
Im Vergleich zu herkömmlichen Rüstungen aus der Han-Zeit, die meist aus einem einzigen Material gefertigt und zwischen 4 und 10 cm breite Platten aufwiesen, fällt die Rüstung durch ihr innovatives Verbunddesign auf. Die Kombination aus lackiertem Leder, Bronze und Eisen ist in dieser Epoche einzigartig. Die feinen, eng anliegenden Platten erforderten ein hohes Maß an handwerklicher Präzision und deuten auf eine fortschrittliche Metallverarbeitung hin.
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Konservierung und Restaurierung
Die Erhaltung des archäologischen Fundes stellte eine große Herausforderung dar. Der steigende Grundwasserspiegel des nahegelegenen Poyang-Sees sowie Erdbeben hatten die filigranen Rüstungsteile stark beschädigt. Daher wurden die Platten zunächst als Erdblock geborgen, bevor sie im Labor einzeln freigelegt, untersucht und restauriert werden konnten – ein Prozess, der über zwei Jahre dauerte.
Die erfolgreiche Restaurierung dieser einzigartigen Rüstung eröffnet neue Perspektiven auf die militärische Technologie und die Fertigungskompetenz der westlichen Han-Dynastie. Sie stellt nicht nur ein beeindruckendes Einzelstück dar, sondern bietet auch wertvolle Hinweise auf die damalige Kriegsführung und den Stand der Technologie.
Das Grab von Liu He hat sich zu einer der bedeutendsten archäologischen Stätten Chinas entwickelt. Insgesamt wurden dort bereits über 20.000 Artefakte gefunden – darunter Goldmünzen, bronzene Spiegel mit Darstellungen von Konfuzius und zahlreiche Bambustafeln mit historischen Texten. Der Fund der Fischschuppenrüstung reiht sich damit in eine außergewöhnliche Serie spektakulärer Entdeckungen ein, die das Verständnis der westlichen Han-Dynastie entscheidend erweitern.
Quelle: Xinhua
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