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Mysteriöser Fund in der Wüste: Figuren enthüllen vergessene Gemeinschaft

Archäologen entdeckten in der Negev-Wüste fünf winzige Anhänger mit afrikanischen Gesichtszügen. Die 1.500 Jahre alten Figuren lagen in christlichen Gräbern und erzählen von Migration und Identität.

Ebenholzfigur aus Grab 179 der Nekropole von Tel Malḥata
© barmalini - stock.adobe.com / Israel Antiquities Authority / D. Gazit / Canva.com [M]

Die 5 wichtigsten archäologischen Funde aller Zeiten

Jahrtausende menschlicher Kultur bringen auch nach langer Zeit immer wieder erstaunliche Erkenntnisse hervor.Wir zeigen dir die fünf wichtigsten archäologischen Funde aller Zeiten.

Archäolog*innen haben in drei frühchristlichen Gräbern bei Tel Malḥata in der israelischen Negev-Wüste fünf geschnitzte Anhänger entdeckt. Alle Figuren aus Knochen und Ebenholz zeigen Männer und Frauen afrikanischer Herkunft. Die archäologischen Funde stammen aus dem sechsten oder siebten Jahrhundert und lagen bei zwei Frauen und einem Kind. Die Bestattungen folgen christlichen Traditionen: Ost-West-Ausrichtung, liegende Körper und angewinkelte Arme. Neben den Anhängern fanden sich Glasgefäße, Alabasterkrüge und Schmuck aus Bronze.

Archäologischer Fund in der Negev-Wüste

Die Knochenfiguren sind klein, zwischen zwei und drei Zentimetern hoch, und schlicht gearbeitet. Augen, Mund und Arme sind durch einfache Ritzlinien dargestellt. Die Figuren wurden vermutlich als Anhänger um den Hals getragen. Alle drei bestehen wahrscheinlich aus Metapodialknochen von Rindern oder Schafen. Farbe ist keine erhalten, aber Schnitzspuren sind sichtbar. Ähnliche Figuren sind aus römischen Fundorten im östlichen Mittelmeer bekannt.

Zwei der Anhänger wurden aus Ebenholz gefertigt, einem sehr harten und wertvollen Material. Eine Figur zeigt einen weiblichen Kopf, die andere einen männlichen Oberkörper mit deutlich afrikanischen Gesichtszügen. Unter dem Mikroskop konnte das Holz als Diospyros ebenum identifiziert werden, eine in Südindien und Sri Lanka heimische Art. Die archäologischen Funde gelangten wohl über Seewege nach Ägypten oder ans Horn von Afrika und wurden von dort durch Karawanenrouten in die Negev-Wüste transportiert.

„Die Figuren zeigen, dass im Süden des Landes vor etwa 1.500 Jahren eine christliche Gemeinschaft lebte, deren Mitglieder möglicherweise aus Afrika stammten“, schreiben die Forschenden der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Atiqot. „Die aus Knochen und Ebenholz – einem seltenen, aus Südindien und Sri Lanka stammenden Rohstoff – geschnitzten Figuren waren in Form von Frauen und Männern mit markanten afrikanischen Gesichtszügen gestaltet und mit einem Loch versehen, um sie um den Hals tragen zu können. Es scheint, dass sie nicht nur dekorativen Zwecken dienten, sondern auch als intime persönliche Gegenstände, die eine Geschichte von Identität, Tradition und Erinnerung in sich tragen.“

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Gräber vereinen Kulturen

Tel Malḥata lag an einer wichtigen antiken Handelskreuzung. Von Gaza im Westen und Aila am Golf von Aqaba im Süden führten Handelsrouten durch die Wüste bis in den Osten. Entlang dieser Wege gelangten Luxusgüter wie Pfeffer, Seide und Ebenholz in die Region. Die Ausgrabungen zeigen, dass Tel Malḥata militärische und zivile Bereiche umfasste und besonders in der Spätantike an Bedeutung gewann, als das Christentum sich im Nahen Osten ausbreitete.

Die Anhänger hatten vermutlich eine persönliche Bedeutung. Sie lagen nahe bei Brust und Armen der Verstorbenen und waren wohl im Leben getragen worden. Es ist gut möglich, dass die archäologischen Funde Familienmitglieder oder Ahnen darstellten. Gerade in den Gräbern von Frauen und Kindern deuten die Beigaben auf eine tiefe emotionale oder kulturelle Bindung hin. Die Figuren könnten ein sichtbares Zeichen für Herkunft oder Identität gewesen sein – ein Stück Erinnerung an die Heimat.

Historische Quellen berichten, dass sich das Christentum im 6. Jahrhundert in Axum und Nubien stark ausbreitete. Die Datierung der Gräber passt in diesen Kontext. In griechisch-römischen Texten wurde der Begriff „Äthiopier“ oft für dunkelhäutige Bevölkerungsgruppen Afrikas verwendet. „Es ist bekannt, dass Äthiopier in vielen Regionen der griechisch-römischen Welt gelebt haben“, so die Forschenden. „Daher ist es möglich, dass die Verstorbenen äthiopischer Herkunft waren und nach Norden nach Tel Malḥata zogen.“

Die Verstorbenen könnten aus solchen Regionen stammen oder Nachkommen von Migrantinnen und Migranten sein, die im Negev lebten und den christlichen Glauben annahmen. Ihre Gräber verbinden regionale Bestattungsriten mit Erinnerungen an eine ferne Herkunft.

Quelle: „Bone and Ebony Figurines from Christian Burials in the Roman–Byzantine Necropolis of Tel Malḥata“ (Atiqot, 2025)

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