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Rätselhafter Fund im Regenwald: Uralte Urnen verheißen vergessene Tradition

Im Amazonas entdeckten Forschende sieben mysteriöse Urnen unter Baumwurzeln. Die archäologischen Funde stammen aus einer unbekannten indigenen Tradition.

Blick von unten Richtung Baumwipfel
© Galyna Andrushko - stock.adobe.com / Canva.com [M]

Die 5 wichtigsten archäologischen Funde aller Zeiten

Jahrtausende menschlicher Kultur bringen auch nach langer Zeit immer wieder erstaunliche Erkenntnisse hervor.Wir zeigen dir die fünf wichtigsten archäologischen Funde aller Zeiten.

Forschende des Instituto de Desenvolvimento Sustentável Mamirauá (IDSM) und Mitglieder lokaler Gemeinschaften haben im brasilianischen Amazonasgebiet sieben uralte Urnen entdeckt. Zwei der archäologischen Funde sind besonders groß und lagen unter den Wurzeln eines umgestürzten Baumes in einem Überschwemmungsgebiet bei Fonte Boa. Der Fundort, Lago do Cochila, befindet sich auf einer künstlichen Insel, die von indigenen Völkern angelegt wurde. Diese Inseln wurden mit Erde und Keramikscherben aufgeschüttet, um auch während der Regenzeit bewohnbar zu bleiben.

Archäologischer Fund dank Einheimischen

„Diese künstlichen Inseln sind archäologische Strukturen, die in höher gelegenen Überschwemmungsgebieten errichtet wurden. Dabei wurde Material aus anderen Gebieten entnommen und mit Keramikfragmenten vermischt, die gezielt so positioniert wurden, dass sie Halt bieten“, erklärte der Archäologe Márcio Amaral. „Es handelt sich um eine sehr ausgefeilte einheimische Ingenieurstechnik, die auf Landmanagement und eine hohe Bevölkerungsdichte in der Vergangenheit hindeutet.“ 

Die archäologischen Funde waren nur etwa 40 Zentimeter tief im Boden vergraben, wahrscheinlich unter ehemaligen Häusern. Auffällig ist, dass sie keine keramischen Deckel hatten – das lässt vermuten, dass sie einst mit organischem Material verschlossen waren, das längst vergangen ist. In den Gefäßen fanden sich neben menschlichen Überresten auch Knochen von Fischen und Schildkröten. Das spricht für Bestattungsrituale, die möglicherweise mit rituellen Speisen verbunden waren.

Entdeckt wurden die Urnen dank des Hinweises von Walfredo Cerqueira, einem lokalen Fischereimanager. Er hatte Fotos der freigelegten Wurzeln gesehen und daraufhin den Kontakt zu Archäolog*innen gesucht. Gemeinsam mit fünf weiteren Personen aus seiner Gemeinschaft sowie seiner Frau, die die Ausgrabung kulinarisch unterstützte, beteiligte er sich aktiv an den Arbeiten. Diese enge Zusammenarbeit zwischen Forschung und lokaler Bevölkerung war entscheidend für das Gelingen des Projekts.

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Neue Erkenntnisse zu Überschwemmungsgebieten

Weil das Gelände schwierig war, mussten die Ausgrabungen auf einer über drei Meter hohen hölzernen Plattform erfolgen, die mit traditionellen Techniken gebaut wurde. Für das Team war es das erste Mal, dass in solcher Höhe gearbeitet wurde. Die Urnen wurden anschließend mit viel Sorgfalt und handwerklichem Geschick über den Fluss nach Tefé transportiert. Dabei kamen Materialien wie Gipsbinden, Plastikfolie und Holzrahmen zum Einsatz, um sie während der langen Fahrt unversehrt zu halten.

Die Keramiken selbst weisen Merkmale auf, die bisher in der Region kaum dokumentiert wurden. Einige bestehen aus seltenem grünlichem Ton, andere zeigen rote Farbstreifen. Diese Eigenschaften lassen sich noch keiner bekannten keramischen Tradition zuordnen – weder der Amazonischen Polychromen Tradition noch anderen. Das deutet auf eine bisher unerforschte kulturelle Vielfalt im oberen Solimões-Gebiet hin.

Die archäologischen Funde zeigen, dass die Überschwemmungsgebiete des Amazonas früher keineswegs nur vorübergehend genutzt wurden. Im Gegenteil: Sie waren dauerhaft besiedelt, und die Bewohner*innen verfügten über tiefes Wissen im Umgang mit ihrer Umgebung. Die Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung hat nicht nur neue wissenschaftliche Erkenntnisse ermöglicht, sondern auch deutlich gemacht, wie wertvoll das traditionelle Wissen vor Ort ist.

Quelle: Instituto de Desenvolvimento Sustentável Mamirauá

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