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„Wie DDR-Spitzelei“: Neue App erntet heftige Kritik

Eine neue App ermöglicht es Personen, andere bei den Behörden für Vergehen im Straßenverkehr anzuschwärzen. Das kommt wenig überraschend ganz und gar nicht gut an.

Ein Handy mit mehreren installierten Apps.
Die folgenden Spionage-Apps solltest du löschen (Symbolbild). © imago images / CHROMORANGE

Für jede nur erdenkliche Situation gibt es die passende App, so scheint es. In den meisten Fällen sollen sie den Alltag ihrer Nutzerinnen und Nutzer erleichtern oder einfach für Ablenkung sorgen. Eine nun in Großbritannien erschienene Anwendung jedoch setzt darauf, andere wegen Vergehen anzuschwärzen. Und das sorgt direkt für jede Menge Unmut.

Neue App macht jeden zum Blitzer auf zwei Beinen

Einem Bericht des Guardian zufolge geht es um die App „Speedcam Anywhere“. Wie der Name schon andeutet, macht sie aus jedem Handy und damit auch aus jeder Person einen Blitzer. Mit der Anwendung lassen sich nämlich Videos von vorbeifahren Autos aufnehmen.

Anhand des Kennzeichens erfolgt daraufhin ein Abgleich mit einer Datenbank, um das genaue Modell und das Baujahr des Autos herauszufinden. Anschließend kann eine künstliche Intelligenz akkurat die Geschwindigkeit ermitteln. Danach haben Nutzer und Nutzerinnen die Wahl, das Video zu speichern oder als Bericht an die Behörden zu senden. Das Entwicklerteam betont auf der dazugehörigen Webseite, dass es selbst keine Informationen an die Polizei weitergibt.

Speedcam Anywhere: DDR-Vergleich online

Aktuell steht die App bei über 5.000 Downloads im Google Play Store. Das mögen noch nicht allzu viele sein, doch schon jetzt gibt es Konsequenzen – allerdings für das App-Teams selbst. Denn dem Bericht nach will es anonym bleiben, weil es heftige Beschwerden hagelt. „Wir bekommen ziemlich beleidigende E-Mails“, sagt ein Team-Mitglied. „Einige denken, es sei eine gute Idee, einige Leute aber denken, sie [die App] mache uns zu einem Überwachungsstaat.“

Eine Online-Kritik zu Speedcam Anywhere vergleicht ihre Funktionsweise sogar mit der DDR: „In Ostdeutschland wurden Bürger dazu ermutigt, ihre Nachbarn bei der Stasi anzuzeigen, selbst für die kleinsten sozialen Übertretungen. ‚Gratulation‘ zur Kreation der modernen Version davon. Falls Sie es nicht wissen, ich bin sarkastisch. Diese App ekelt mich an.“

Das Team ist jedenfalls der Ansicht, dass sich nun einmal alle an das Gesetz halten müssten und man selbst dieses auch durchzusetzen habe. Schließlich gehe es vor allem um die Sicherheit. Allerdings sei auch angemerkt, dass Aufnahmen mit der App allein noch keine offizielle Strafverfolgung auslösen können wie bei herkömmlichen Blitzern – das Land habe die App zu einer solchen Nutzung zum jetzigen Zeitpunkt nicht freigegeben. Allerdings können mit ihr zumindest Beweise gesammelt werden, ähnlich wie mit einer Dashcam.

Google zweifelte – und wurde überzeugt

Speedcam Anywhere ist aktuell nur in Großbritannien erhältlich, weil die dortige Rechtslage Einsendungen aus der Bevölkerung zu Verkehrssünden seit Jahren akzeptiert. Allerdings wird sie aktuell für eine Zulassung in den USA überprüft.

Apple hat die App bislang noch nicht freigegeben, bei Google gebrauchte es Überzeugungsarbeit: Zunächst hatte der Tech-Gigant die Zulassung für den Play Store verweigert, weil man der Ansicht war, dass sie gar nicht funktionieren könne. Daraufhin demonstrierte man, dass die KI tatsächlich präzise arbeitet.

Ob Speedcam Anywhere irgendwann auch in Deutschland in irgendeiner Form offiziell verfügbar sein wird, steht noch in den Sternen. Einsatzmöglichkeiten gäbe es sicher zur Genüge. Vor kurzem wurde übrigens bekannt, dass tausende Verkehrssünder*innen dank eines Hackerangriffs unbehelligt davonkommen.

Quellen: The Guardian, Speedcam Anywhere

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