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Direkt vom Bankkonto: Dieses Geld will sich der Staat jetzt holen – „dürfte verfassungswidrig sein“

Neue Pläne der Regierung zielen darauf, „herrenloses“ Geld für Investitionen in soziale Projekte zu beanspruchen. Nicht alle sind so damit einverstanden.

Person hebt Geld vom Automaten ab.
© Stefan Redel - stock.adobe.com

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Viele Milliarden Euro liegen derzeit unberührt in Deutschland herum. Das Geld gehört mutmaßlich niemandem – zumindest nicht mehr offiziell. Es stammt von sogenannten nachrichtenlosen Konten, also Bankkonten, auf denen seit Jahren keine Bewegung mehr stattgefunden hat. Nun will die Bundesregierung an diese Gelder.

Bankkonto ohne Inhaber*in: Milliarden für soziale Investitionen?

Wie der MDR berichtet, sieht der Koalitionsvertrag von Union und SPD vor, das Kapital aus den betroffenen Bankkonten künftig in einen staatlichen Fonds zu überführen. Mit diesem Geld sollen dann soziale Projekte unterstützt werden. Doch noch ist unklar, wie das in der Praxis funktionieren soll. Eine der größten Hürden: Es existiert keine gesetzliche Definition, ab wann ein Konto als „unbeweglich“ gilt. Dies kann fünf Jahre ohne Aktivität bedeuten oder auch erst zehn oder zwanzig.

Laut Thorsten Höche, Chefjustiziar des Deutschen Bankenverbands, fehlt es an klaren rechtlichen Vorgaben. Derzeit gibt es beispielsweise nur Schätzungen über das tatsächliche Ausmaß: Die Bandbreite reicht von zwei bis neun Milliarden Euro. Zudem sei der Zugriff auf solche Konten ein Eingriff in Eigentumsrechte, so Höche. Schließlich könnten auch noch lebende Kontoinhaber*innen betroffen sein, deren Vermögen dann fälschlich als herrenlos behandelt würde.

Auch andere Fachleute sehen das Vorhaben kritisch: „Ich bin berufsmäßig Nachlasspfleger und ermittle regelmäßig die gesetzlichen Erben sogenannter ’nachrichtenlosen Konten‘. Das Erbrecht ist in Art. 14. Abs. 1 Grundgesetz garantiert, so dass ein unmittelbarer Zugriff des Staates ohne Ermittlung der Erben verfassungswidrig sein dürfte“, heißt es dazu beispielsweise in den Kommentaren unter dem MDR-Beitrag.

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Ohne Erben erbt der Staat

Auch heute schon kann der Staat unter bestimmten Umständen auf solche Vermögen zugreifen – etwa dann, wenn ein*e Kontoinhaber*in stirbt und keine Angehörigen oder Erb*innen auffindbar sind. Dann wird das sogenannte Erbrecht des Fiskus festgestellt, und der Staat tritt an die besagte Stelle. Das geerbte Geld geht an das Bundesland, in dem die verstorbene Person zuletzt gemeldet war.

Falls aber innerhalb von 30 Jahren niemand Ansprüche auf das Bankkonto erhebt, darf die Bank das Geld behalten. Das bedeutet: Selbst wenn der Staat potenziell erben könnte, muss er aktiv werden – und das rechtzeitig. Ob eine gesetzliche Neuregelung daran etwas ändern kann, hängt nicht zuletzt von der Vereinbarkeit mit deutschem Eigentumsrecht ab. Bislang bleibt das Vorhaben ein politisches Vorhaben ohne konkrete Umsetzung.

Quellen: MDR

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