Viele Menschen schwören auf Bargeld, weil sie Angst vor einer Überwachung durch den Staat haben. In der Realität sind allerdings auch Euroscheine mit bestimmten Methoden längst erfassbar – und einige Länder setzen sie bereits gezielt zur Strafverfolgung ein.
Bargeld: So einfach funktioniert das Tracking
Bargeld ist nicht mehr nur ein Zahlungsmittel. Laut einem umfassenden Bericht von Netzpolitik.org können Geldscheine auch wichtige Informationen preisgeben: Wo sie waren und was damit getan wurde. Das ist möglich, weil sich mithilfe moderner Technik die Seriennummer jedes Scheins erfassen und zurückverfolgen lässt.
Wandert ein Euroschein beispielsweise in Cash-Centern durch Geldzählmaschinen von Werttransportunternehmen und teils durch neuere Fahrkarten- oder Parkautomaten, kann es zur Entstehung einer Datenspur kommen. Da Seriennummern laut einer Sprecherin der Deutschen Bundesbank gegenüber futurezone.de jedoch nicht regelmäßig erfasst werden, kommt es zu keinem konkreten Bewegungsprofil.
Dazu kommt: Die klassischen Banknoten-Validatoren, die in Snack- oder Zigarettenautomaten, älteren Parkuhren oder Fahrscheindruckern lediglich die Echtheit und den Wert prüfen, haben weder die Sensorik noch den Speicher, um Seriennummern dauerhaft zu erfassen. Selbst wenn ein moderner Validator technisch dazu fähig wäre, nutzt das Betreiber-Backend diese Funktion oft gar nicht.
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Bargeld-Tracking bei Ermittlungen
Strafverfolgungsbehörden setzen das Tracking dagegen schon seit Jahrzehnten ein. Immer häufiger interessieren sich aber auch Unternehmen für die Daten. Und selbst im privaten Bereich ist das Aufspüren angekommen. Viele Menschen nutzen Portale wie EuroBillTracker.com, „ein internationales, nicht kommerzielles Projekt von Freiwilligen, die Euroscheine auf der ganzen Welt verfolgen“.
In Deutschland spielt das Tracking in speziellen polizeilichen Fällen eine wichtige Rolle. So dienen die Seriennummern bei Lösegeldzahlungen, nach Banküberfällen oder Sprengungen von Geldautomaten als wichtiger Anhaltspunkt. Wenn später Bargeld beschlagnahmt wird, können die Behörden prüfen, ob sich gesuchte Scheine darunter befinden. Möglich wird das durch Datenbanken, in denen Seriennummern mit Personen und Straftaten verknüpft sind.
Die Polizei Thüringen nennt Netzpolitik.org zufolge das Beispiel Geldwäsche, in Bayern ist sogar die Terrorismusfinanzierung ein Thema. Trotzdem bleiben viele Details geheim. Auf parlamentarische Anfragen antworten die Behörden demnach oft ausweichend. Klar sei aber, dass das Tracking existiert und zunehmend ausgebaut wird.
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Kritisch für den Datenschutz?
Für Verbraucher*innen in Deutschland ergibt sich der Deutschen Bundesbank zufolge im normalen Alltag und in Sachen Privatsphäre damit kein Problem. „Bargeldzahlungen lassen in keinem Moment Rückschlüsse auf ’sensible Ausgaben etwa für Gesundheit, Sexualität oder politische Überzeugungen‘ zu. Die Menschen können also selbstverständlich weiterhin auf die Anonymität des Zahlungsmittels vertrauen“, heißt es dazu von einer Sprecherin. Immerhin: Mehr als 80 Prozent der Menschen in Deutschland sehen im Datenschutz einen klaren Vorteil von Bargeld, wie aus den Publikationen der Bundesbank hervorgeht.
Gleichzeitig arbeiten Zentralbanken und Unternehmen international an Systemen, um Banknoten besser nachverfolgen zu können. In Ländern wie China, Südafrika oder den USA ist das Tracking bereits weit verbreitet – oft mit Rückgriff auf biometrische Daten oder Echtzeiterfassungen.
In manchen Fällen, so Netzpolitik.org, werden die Daten auch europaweit durchsuchbar gemacht, etwa über das Schengener Informationssystem. Wer Bargeld verwendet, muss inzwischen also davon ausgehen, dass der Schein im eigenen Portemonnaie eine digitale Spur hinterlässt und nicht mehr völlig anonym ist.
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Quellen: Netzpolitik.org, EuroBillTracker.com, Publikationen der Bundesbank, Deutsche Bundesbank
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