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Trotz Merz-Plan: Verbot für Öl- und Gasheizung kommt früher als gedacht

Es ist bereits seit einiger Zeit bekannt, dass Öl- und Gasheizungen langfristig aus dem Einsatz genommen werden sollen. Bis zum Jahr 2040 soll dieses Vorhaben endgültig umgesetzt werden.

Gasflamme vor einer EU-Flagge
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Heizung nachts abschalten: Ist das wirklich sinnvoll?

Um Energie zu sparen, planen viele im Winter weniger zu heizen. Aber ist es auch sinnvoll, die Heizung nachts komplett abzuschalten? Wir klären auf!

Fossile Brennstoffe gelten seit langem als wesentliche Ursache des Klimawandels, weshalb die Europäische Union (EU) entschlossen darauf hinarbeitet, ihre Nutzung schrittweise einzuschränken. Ein zentraler Bestandteil dieser Strategie ist nicht nur die Förderung von Elektrofahrzeugen, sondern auch tiefgreifende Änderungen im privaten Wohnbereich – darunter ein europaweites Verbot von Öl- und Gasheizungen, das nun konkreter und früher kommt, als von vielen erwartet.

EU besiegelt Ende der Öl- und Gasheizungen

Die Bundesregierung hat sich dazu verpflichtet, bis 2045 klimaneutral zu sein – damit geht auch der weitgehende Verzicht auf fossile Brennstoffe einher. In einem jüngsten Beschluss strebt die EU an, diesen Ausstieg vorzeitig zu beschleunigen. „Die Mitgliedstaaten müssen Maßnahmen zur Dekarbonisierung von Heizungsanlagen und zum allmählichen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bei der Wärme- und Kälteversorgung ergreifen“, erklärte das Europäische Parlament bereits Anfang 2024 in einer entsprechenden Pressemitteilung.

Die Meldung bezog sich konkret auf einen Beschluss des Parlaments zur Dekarbonisierung des EU-Gebäudesektors vom 12. März 2024. „Bis 2040 soll es keine mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizkessel mehr geben“, heißt es weiter. Allerdings haben jüngste politische Entwicklungen, wie die verlorene Vertrauensfrage von Olaf Scholz und die anstehenden Neuwahlen in Deutschland, die Dynamik der nationalen Umsetzung dieser EU-Richtlinien verlangsamt.

Konkret bedeutet dies, dass Neubauten ab 2030 ausschließlich als sogenannte „Null-Emissions-Gebäude“ errichtet werden dürfen; öffentliche Gebäude sogar bereits ab 2028. Damit schafft die EU Tatsachen – ungeachtet nationaler politischer Entwicklungen oder möglicher Verzögerungen einzelner Mitgliedstaaten.

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„Gleichermaßen fair und ehrgeizig“

Die Richtlinie veranschauliche eindrucksvoll, dass Klimapolitik wirkliche und bedeutende Vorteile für die sozial Schwächeren in unserer Gesellschaft bieten könne, betonte Ciarán Cuffe (Grüne/EFA, Irland). Das Gesetz werde dazu beitragen, die Energiekosten zu reduzieren und die Ursachen der Energiearmut zu bekämpfen. Gleichzeitig schaffe es Tausende hochwertiger, lokaler Arbeitsplätze in der gesamten EU.

„Mit einem Anteil von 36 % an den CO2-Emissionen in Europa wird der Europäische Green Deal um eine absolut wichtige Säule ergänzt. Das heutige Ergebnis zeigt, dass das Parlament weiterhin einen Grünen Deal unterstützt, der gleichermaßen fair und ehrgeizig ist.“

Ciarán Cuffe (Grüne/EFA, Irland)

Das Parlament nahm die Richtlinie mit 370 zu 199 Stimmen bei 46 Enthaltungen an. Die Zustimmung durch den Ministerrat wird nun voraussichtlich erst nach den deutschen Neuwahlen im Februar 2025 erwartet, da Deutschlands Position im Rat stark von der neuen politischen Ausrichtung abhängt.

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Politische Entwicklungen verzögern nationale Umsetzung

In Deutschland hat die Bundestagswahl vom Februar 2025 die politische Landschaft grundlegend verändert: Die CDU/CSU unter Friedrich Merz wurde stärkste Kraft, während die SPD deutliche Verluste erlitt. Seit Anfang Mai 2025 regiert nun eine Koalition aus CDU/CSU und SPD, die bereits angekündigt hat, das umstrittene „Heizungsgesetz“ (Gebäudeenergiegesetz, GEG) von 2024 zu revidieren oder sogar abzuschaffen.

Im kürzlich vorgelegten Koalitionsvertrag heißt es explizit, dass die Regierung das Gesetz durch „technologieoffene Lösungen“ ersetzen wolle, um Bürgerinnen und Bürgern mehr Entscheidungsfreiheit zu bieten. Ein genauer Entwurf ist zwar noch nicht veröffentlicht, aber bereits klar ist, dass der Fokus weniger strikt auf einzelne Technologien wie Wärmepumpen gelegt werden soll, sondern vermehrt auch hybride Lösungen und Lebenszyklus-Emissionen berücksichtigt werden sollen.

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EU gibt strikte Vorgaben – Spielraum für Merz-Regierung begrenzt

Trotz dieser politischen Neuorientierung auf nationaler Ebene bleibt die Bundesregierung an den EU-Rechtsrahmen gebunden. Die Vorgaben aus Brüssel erlauben nur wenig Spielraum, da die Richtlinie spätestens bis Mitte 2026 vollständig in nationales Recht umgesetzt sein muss. Kritiker werfen der neuen Regierung daher vor, Bürger und Unternehmen in eine Phase der Rechtsunsicherheit zu stürzen, während Experten bereits vor einem Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen und möglicher Vertragsverletzungsverfahren warnen.

Während die Bundesregierung noch über Details des neuen Gesetzes diskutiert, gilt seit Januar 2025 bereits eine klare EU-Regelung: Förderungen für reine Öl- und Gasheizungen sind in Deutschland bereits vollständig ausgelaufen. Lediglich hybride Heizsysteme – etwa Kombinationen aus Gasheizungen mit Solarthermie oder Wärmepumpen – können weiterhin finanziell unterstützt werden.

Damit müssen Hausbesitzer*innen bereits jetzt bei Heizungsmodernisierungen sorgfältig überlegen, auf welche Technologie sie setzen, um nicht mittelfristig auf den Kosten sitzen zu bleiben.

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Mögliche Alternativen und Herausforderungen

Um den Ausstieg aus fossilen Energieträgern im Gebäudebereich zu erleichtern, setzt die EU insbesondere auf den Ausbau erneuerbarer Energien sowie auf Wärmepumpen, Solarthermie und den Ausbau von Fernwärmenetzen als Schlüsseltechnologien. Insbesondere Wärmepumpen gelten als vielversprechende Alternative zu fossilen Heizsystemen, da sie sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen genutzt werden können.

Die EU plant zudem umfangreiche Förderprogramme, um insbesondere einkommensschwache Haushalte beim Umstieg finanziell zu unterstützen. Doch genau hier liegt in Deutschland derzeit das größte Problem: Aufgrund der unklaren politischen Situation und der angekündigten Überarbeitung des Heizungsgesetzes könnte sich die Umsetzung solcher Förderprogramme weiter verzögern, was insbesondere einkommensschwächere Haushalte belastet.

Auch infrastrukturelle Herausforderungen bestehen weiterhin: In vielen Regionen, vor allem im ländlichen Raum, fehlt derzeit noch eine ausreichende Infrastruktur für alternative Heiztechnologien, wodurch die Umstellung zusätzlich erschwert wird.

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Blick nach vorne: Was kommt jetzt?

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz plant, bis spätestens Ostern 2025 (Mitte April) einen Entwurf für ein neues „technologieoffenes“ Heizungsgesetz vorzulegen. Gleichzeitig muss Deutschland bis Mitte 2026 verbindlich die EU-Richtlinien umsetzen, was nur begrenzten Spielraum für nationale Änderungen lässt.

Es zeichnet sich daher ab, dass trotz der politischen Bemühungen von Merz und seiner Koalition das Ende von Öl- und Gasheizungen schneller kommen wird, als manche Bürger derzeit erwarten. Für Immobilieneigentümer und private Haushalte bleibt die Situation somit komplex: Einerseits schafft die Regierung kurzfristig mehr Flexibilität, andererseits bleibt der langfristige Ausstieg aus fossilen Heizsystemen aufgrund der EU-Vorgaben unausweichlich.

Die kommenden Monate dürften deshalb sowohl für die Bundesregierung als auch für Immobilieneigentümer spannend und herausfordernd werden – mit Entscheidungen, die weitreichende Folgen für den Klimaschutz und die Haushaltskassen vieler Deutscher haben werden.

Quelle: Europäisches Parlament; Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen; Wahlrecht.de

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