Die Christlich Demokratische Union (CDU) rückt das deutsche Heizungsgesetz (Gebäudeenergiegesetz, GEG) erneut ins Zentrum der politischen Diskussion. Nach der Bundestagswahl am 23. Februar 2025, bei der die CDU mit 28,5 Prozent der Stimmen zur stärksten Kraft wurde, stand Friedrich Merz vor der Aufgabe, eine Regierungskoalition zu bilden. Inzwischen sind die Koalitionsverhandlungen mit der SPD abgeschlossen – mit weitreichenden Folgen für die deutsche Wärmewende.
Heizungsgesetz schwindet
Am 9. April 2025 präsentierten Union und SPD ihren Koalitionsvertrag unter dem Titel „Verantwortung für Deutschland“. Darin steht festgeschrieben, dass die kontroverse Novelle des Heizungsgesetzes von 2024 ersatzlos gestrichen wird. CDU und SPD planen stattdessen ein neues, sogenanntes Emissions-Effizienz-Gesetz, das bis zum Sommer 2025 erste Eckpunkte erhalten soll. Kern dieses neuen Modells ist, nicht einzelne Heiztechnologien vorzuschreiben, sondern technologieoffen CO₂-Emissionen pro Gebäude langfristig zu reduzieren.
Am 6. Mai 2025 wurde Friedrich Merz schließlich im zweiten Wahlgang zum neuen Bundeskanzler gewählt und wenige Tage später vereidigt. Bereits am 14. Mai kündigte Merz in seiner Regierungserklärung an, innerhalb der ersten 100 Regierungstage einen verbindlichen Rahmen für das neue Gebäude- und Heizungsgesetz vorzulegen.
Bis dahin bleiben jedoch die bisherigen Förderprogramme für Heizungen unverändert erhalten, was besonders für Immobilienbesitzer und Handwerksbetriebe wichtig ist. Die beliebten Zuschüsse für Wärmepumpen oder andere Heiztechnologien bleiben vorerst bestehen.
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Grüne und Industrie warnen vor Chaos und Investitionsrisiken
Die Abschaffung der bisherigen Regelung sorgt nicht nur für politische Spannungen, sondern stößt auch auf heftige Kritik von Experten. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sieht Deutschlands Klimaziele für 2030 in Gefahr und spricht von einem möglichen „Chaos“ bei Millionen Bürgern, Kommunen und Unternehmen. Umweltverbände schließen sich dieser Einschätzung an.
Die Industrie zeigt sich ebenfalls besorgt. Martin Krutz, Deutschland-Geschäftsführer des Wärmepumpenherstellers Daikin, und Thomas Heim von Viessmann warnen ausdrücklich vor zunehmender Unsicherheit: Schon die Debatte selbst bremse die Nachfrage, weil Hausbesitzer und Investoren die langfristige Planbarkeit vermissen. Viele Hersteller hatten zuletzt Milliarden Euro in die Umstellung auf Wärmepumpentechnologie investiert und sind nun durch eine politische Kehrtwende verunsichert.
Norbert Schiedeck, Chef von Vaillant, betonte, dass die Industrie dringend langfristig stabile Rahmenbedingungen benötige, um die getätigten Investitionen zu schützen. Jan Brockmann, Chef von Bosch Home Comfort, ergänzte, das bisherige Gesetz habe bereits einen breiten Lösungsraum geschaffen. Jede Rückkehr zu mehr fossilen Heizungen, wie sie Merz und Spahn teilweise vorgeschlagen hatten, würde diese Bemühungen zurückwerfen.
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Spahn und Merz beharren auf Technologieoffenheit
Der CDU-Parteivorsitzende Merz sowie sein Stellvertreter Jens Spahn verteidigen die Abschaffung des bisherigen Heizungsgesetzes mit dem Argument der Technologieoffenheit. Beide hatten zuletzt kritisiert, das Gesetz sei zu stark auf Wärmepumpen ausgerichtet gewesen. Die Union will künftig auf eine Mischung aus erneuerbaren Energien, Wärmepumpen und möglicherweise sogar klimaneutralen fossilen Optionen wie grünes Heizöl setzen.
„Da gibt es ja ein Gesetz, das es vorher gab – das Gebäudeenergiegesetz gab es, keine Erfindung dieser Koalition – und das war ein sehr kluges Gesetz“, betonte Merz bereits Anfang Dezember bei Maischberger. Das GEG habe dafür gesorgt, dass über die Jahre alte Ölheizungen ausgebaut werden mussten, ohne dabei „einseitig auf die Wärmepumpe ausgerichtet“ zu sein.
Experten wie Kai Schiefelbein, Geschäftsführer von Stiebel Eltron, widersprechen gegenüber dem Handelsblatt jedoch: „Um eine Ölheizung nur auf das Niveau einer Gasheizung zu bringen, müssten dem Heizöl mindestens 24 Prozent CO₂-freies Öl beigemischt werden. Das ist teuer und wenig effizient.“ Der Austausch alter Ölheizungen bleibe die wirtschaftlich und klimapolitisch sinnvollere Alternative.
Während in Berlin noch über Details gestritten wird, fordern Handwerksverbände rasche Klarheit. Viele Betriebe und Privatkunden zögern aktuell mit Neuanschaffungen und Aufträgen, solange nicht klar ist, wie das neue Gesetz genau aussieht. Der angekündigte Paradigmenwechsel hin zu einer langfristigen Emissionseffizienzbetrachtung könnte zwar langfristig Vorteile bieten, erhöht aber kurzfristig die Unsicherheit am Markt erheblich.
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Wie geht es jetzt weiter?
Der Koalitionsvertrag steht, Friedrich Merz ist im Amt – nun wird bis Ende Juli 2025 ein Eckpunktepapier erwartet, welches die Basis für das neue Emissions-Effizienz-Gesetz bildet. Ein konkreter Referentenentwurf soll im Herbst folgen, die endgültige Verabschiedung des Gesetzes könnte zum Jahresende erfolgen. Zum 1. Januar 2026 soll das neue Gesetz dann in Kraft treten und das bisherige Gebäudeenergiegesetz endgültig ablösen.
Bis dahin gilt für Eigentümer und Unternehmen: Die bestehende Förderkulisse bleibt vorerst bestehen, und wer kurzfristig eine Heizungsumstellung plant, kann von den aktuellen Konditionen profitieren. Doch die Unsicherheit bleibt hoch – und damit auch das Risiko, dass Investitionen aufgeschoben werden, bis die neue Regelung endgültig klar ist.
Ob Merz’ und Spahns Versprechen von mehr Technologieoffenheit und günstigeren Energiekosten tatsächlich eintritt oder die Wärmewende am Ende doch teurer und langsamer wird, bleibt die entscheidende Frage der kommenden Monate. Klar ist: Für Deutschlands Heizungsbranche bedeutet die aktuelle politische Entscheidung zunächst einmal weniger Planbarkeit und mehr Fragezeichen.
Quellen: Handelsblatt; ARD Mediathek; Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD
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